27. August 1843. Abreise mit dem Dampfschiffe ...

27. August 1843. Abreise mit dem Dampfschiffe um vier Uhr nachmittags. Die Fröhlichs kamen ans Ufer hinaus. K. weinte sehr und war ganz außer sich über die gefahrvolle Reise. Ich suchte ihr zu beweisen, wie widersinnig diese Furcht sei, indes ich mir heimlich gestand, daß meine Reise noch viel widersinniger sei als diese Furcht. Mein vorausgesetzter Reisegefährte hat mich nämlich ohne Zweifel angesetzt. Indes er mir schrieb, mich bis 10. September in Konstantinopel zu erwarten, erhalte ich nun keine Nachricht von ihm, indes einige sagen, er werde erst bis Ende November von Trapezunt in den Bosporus zurückkehren, andere, er sei bestimmt, in Semlin an der Seite des Kommandierenden zu amtieren, beim Einschiffen endlich sagte mir der gute jüngere Schlechta, man erwarte ihn alle Tage in Wien zurück. Klar also ist, ich muß auf seine Begleitung Verzicht leisten, und die lange beschwerliche Reise in meinem vorgerückten Alter mit meiner gebrechlichen Gesundheit, so ganz allein, so als Student zu machen, grenzt wirklich an den Unsinn. Indes hatte ich sie beschlossen, und da meine hypochondrische Unentschlossenheit eben eines der Hauptübel ist, zu deren Heilung ich das Gewaltmittel anzuwenden beschloß, so konnte ich doch mir selbst gegenüber den gefaßten und durch alle Vorbereitungen durchgeführten Plan unmöglich aufgeben, und die Abreise erfolgte.

Meine Laune ist schwer zu beschreiben. Mir war zu Mute wie einem, der zuerst, nicht aufs Wasser, sondern ins Wasser geht. Aber gerade darum sollte ausgehalten werden. Der gute Schlechta, der entfernteste meiner Bekannten, war eigens an den Abfahrtsplatz gekommen, um mich dem Kapitän, den er kennt, zu empfehlen. Sonst von Freunden oder Teilnehmenden keine Spur. Die Fröhlichs, versteht sich, ausgenommen. Die Wasserfahrt langweilig. Erst zwischen Petronell und Hamburg wird die Gegend angenehm. Letzteres liegt wunderschön. Ebenso Preßburg, wo mir um halb sieben Uhr anlangten. Des Landtages wegen in den Wirtshäusern nirgends Platz. Muß mich endlich entschließen, im roten Ochsen mit einer Art Gaststube vorlieb zu nehmen, in der man in aller Eile eine Art Bette, nicht länger als einer meiner Arme, aufschlägt. Unendlich verstimmt. Konnte mich durchaus nicht besinnen, was denn eigentlich mein Zweck bei dieser Reise sei. Ging ein wenig durch die Stadt, traf den Kapitän des Dampfschiffes, mit dem ich auf dem öffentlichen Spaziergange herumschlenderte. Endlich müde nach Hause. Traf an der Wirtstafel ein paar Offiziere, die mich kannten, aber ich sie nicht. Schwatzten ganz angenehm. Frühzeitig zu Bette in meiner Gaststube. Als ich erwachte, schlug die Uhr zwei Viertel. Eine Weile darauf rief der Nachtwächter die Stunde aus. Es war zwei Uhr nach Mitternacht. Das Bett war zu kurz, und die Decke so schwer, daß ich wie ein Verdammter schwitzte. Gegen Morgen schlief ich doch noch auf ein Stündchen ein und war um fünf Uhr schon auf den Beinen. Bekomme endlich doch das Zimmer eines um sechs Uhr Abgereisten, und sitze nun hier etwas getröstet und der Dinge harrend, die da kommen werden.


Ich will heute einer Landtagssitzung beiwohnen, was der eigentliche Grund ist, warum ich in diesem Neste nur eine Minute über die Notwendigkeit auszuhalten mich veranlaßt finde. Deus providebit.

Dieses Kapitel ist Teil des Buches Tagebuch auf der Reise nach Griechenland. 1843