Samstag, den 25. bis Montag den 27.

Samstag, den 25. Frankfurt besehen. Den Römer mit seiner ehrwürdigen Halle und abgeschmackten Sälen. Die Erinnerung ausgenommen. Danneckers Ariadne. Schönes Werk. Der Kopf ohne Ausdruck. Der Leib höchst lobenswert, nur, wie mir scheint, ohne jene feinen Nuancen des Lebendigen, das die Antiken so sehr auszeichnet. Die Bildergalerie verschlossen. In Goethes Haus Eintritt zu erhalten, war nicht möglich, begnügte mich, das Aeußere anzustarren. Mittagsessen. Die Gesellschaft trennt sich. Ich nehme einen Platz nach Stuttgart. Zang und der Arzt nach Würzburg. Rosenberg, der Berliner, bleibt, geht aber Geschäften nach. Herzlicher Abschied. Ich durchstreife allein die Stadt, immer mit Bezug auf Goethe. Von wo der Mensch ausgeht, dahin kömmt er endlich zurück. Goethe fing mit den Ritterburgen und Naturschönheiten seines Jugendgesichtskreises an, kam bald in das bereits Förmliche der Nachahmung der Antike und hörte mit den Schnörkeln und der Steifheit seines Geburtsortes auf. Ehre und Bewunderung ihm, wo er das Rechte im Mittel traf, wo er abirrte und selbst, wo er's irgendwo verfehlte. Um acht Uhr nach Stuttgart.

Sonntag, 26. Die Nacht hindurch erlaubte der Mond, die Schönheit der Bergstraße zu genießen. Merkwürdige Gleichförmigkeit der links fortlaufenden Berge. Gegen Morgen etwas Schlaf. Um vier Uhr in Heidelberg angekommen. Ging sogleich, das Schloß zu besehen. Es zu besteigen, verbot die Zeit. Schöne Lage, doch weniger grandios, als die Abbildungen versprechen. Um fünf Uhr fort mit einem dicken Irländer und einem recht angenehmen Belgier. Lästiger Reisetag, obgleich die Gegend schön genug. Mittagmahl zu Heilbronn, ohne Käthchen. Um sechs Uhr in Stuttgart angekommen, wo einer meiner Reisegefährten mich verleitet, im Schwan einzukehren, das ein ziemlich schlechter Gasthof scheint. Allein die Stadt durchstrichen. Altes königliches Schloß, merkwürdig nur seine Altertümlichkeit. Das neue schön genug. Die Anlagen unendlich lieblich. Blühende Orangenbäume, alles nach Wunsch. Um neun Uhr zu Tische. Nicht ganz gut gestimmt, wegen der Besuche, die es morgen zu machen gibt.


Montag, 27. Juni. War um zehn Uhr morgens bei Uhland, den ich der Kammersitzung wegen nicht zu Hause antraf. Ging in die Sitzung. Der Anblick des Saales würdig. Auch Uhland sprach, nicht ganz geläufig. Man sah, daß er es selbst fühlte und nicht mit sich zufrieden war Ueberhaupt die ganz kurzen Reden nicht bündig. Die Partei der Regierung und die Beamten sprachen am besten. Nach Tische wieder zu Uhland. Fand ihn mit seiner liebenswürdigen Frau. Er so einfach und gutmütig, als man sich ihn vorstellt. Anfangs etwas gepreßt, dann immer gemütlicher und freier. Gingen beide mitsammen in den Museumgarten und blieben bei einer Flasche Wein bis viertel auf zehn Uhr. Vorher besuchten wir Schwab, der aber nicht zu Hause war. Unsere Gespräche drehten sich um Litteratur, besonders alte deutsche und die neueste lyrische, die ihm nicht ganz so abschmeckend zu sein scheint, als mir, so daß ich geradezu Uhland für den einzigen echt lyrischen Dichter unserer Epoche halte. Abends nach Hause, von Uhland begleitet. Fand eine Karte von Schwab, der den Besuch bereits erwidert hatte, mich aber nicht zu Hause fand.

In München angekommen, fand ich Briefe mit der Nachricht, daß mein Bruder Karl Weib, Kinder und Amt verlassen, und die Amtskasse sich leer befunden habe. In Wien angekommen, klagte er sich eines Mordes an und gab alle Zeichen des Wahnsinnes. Es schließt sich somit mein Tagebuch.