Samstag, den 21. Beschloß, ins Gesandtschaftshotel zu ...

Samstag, den 21. Beschloß, ins Gesandtschaftshotel zu gehen, der Verlängerung meines Passes wegen. Eine für mich völlig unbekannte Gegend. Chandos-street, Leicester-square. Entwarf mir eine völlige Marschroute. Zugleich galt es, ein anderes Kosthaus zu suchen, da ich mit dem meinigen völlig unzufrieden war. Fand doch meinen Weg. Der Botschaftssekretär nicht anwesend. Ein Commis, ich glaube, ein junger Lebzeltern, recht höflich. Wußte meinen Nachfragen nach Herrn Westerholz aus Wien, auf dessen Beistand ich hier gehofft hatte, nicht zu genügen. Fragte in ein paar Boardinghäusern vor, wo es mir aber nirgends sonderlich gefiel. Ueberall kleine schlechte Schlafzimmer, für den Aufenthalt des Tags über an das meistens prächtige Gesellschaftszimmer angewiesen, was mit meinen Neigungen nicht übereinstimmt. Wollte noch ein wenig in meinem alten Hause abwarten, wo ich doch wenigstens einige gefällige Deutsche habe. Essen kann ich ja irgend sonst wo. Ging noch weiter. Regentsstreet, Pallmall, Picadilly, alles prächtig, herrlich, von Herr abgeleitet. Bunte Bediente, glänzende Equipagen. Strand. Besah ein paar Brücken, die seit der Asenwelt, wo der Regenbogen eine bildete, nicht mehr so wunderbar vorgekommen sind. Templebar mit dem Thor der City, das der Lordmayor vor dem Könige schließt. Fleetstreet, mit all der wimmelnden Bewegung einer Handelsstadt. Durch Drurylane nach Hause.

Abends war Konzert im Drurylanetheater. Größtenteils Händelsche Musik. Ausgewählte Stücke aus fünf oder sechs Oratorien. Der Schauplatz vortrefflich hergerichtet. Vorn an einer Balustrade Sopran und Alt (letzterer von Männern gesungen), dahinter auf, in die Kulissen hinein emporlaufenden Stufen Tenor und Baß. Dahinter das Orchester in einem konzentrischen Kreise. Die wenigen Blasinstrumente hinter und in gleicher Richtung mit den männlichen Singstimmen. Es wird nämlich die Musik ohne oder mit höchst geringer Vermehrung der Blasinstrumente, ganz wie Händel sie schrieb, gegeben. Die Wirkung scheint mir viel besser. Die Chöre sehr gut, wahrscheinlich wegen vielmaliger Wiederholung. Anfangs auch die Solostimmen gut. Endlich machte man sich's aber leichter, und es ging so schlecht, daß man sich die Ohren hätte verhalten mögen. Das hinderte jedoch den unmäßigsten Applaus nicht. Madame Malibran sang ein paar wenig bedeutende Dinge, wobei sie sich, sehr gut, selbst auf dem Klavier accompagnierte. Sie ist eine hinreißende Frau.


Bald hätte ich vergessen. Der Hintergrund des Schauplatzes ist als gotische Halle behandelt, mit hineingemalten Musikern, so natürlich, daß es einen wunderbaren Eindruck von Unendlichkeit des Orchesters macht. Auch eine gemalte Orgel fehlt nicht.