Freitag, den 6. Habe die Bemerkung gemacht, daß die unerträgliche Temperatur meines Zimmers daher rührt, ...

Freitag, den 6. Habe die Bemerkung gemacht, daß die unerträgliche Temperatur meines Zimmers daher rührt, daß durch den immerwährenden Regen die Nässe bei einigen Stellen der Mauer eingedrungen ist. Will ein anderes Zimmer begehren oder das Hotel verlassen. Das Wetter scheint sich übrigens etwas aufzuheitern. Bin eben im Begriffe, mich zu waschen, als Madame Chezy an meine Thüre pocht, mir zu sagen, daß der Kaffee fertig sei. Ziehe mich in der Hast an und den Ueberrock über die Nachtweste und gehe zu ihr hinüber. Ihr Zimmer noch kleiner als das meine. Nur ein Bett mit so viel Raum, um hinein und heraus zu steigen. Wo sie Platz für den Kaffeetisch hergenommen hatte, weiß ich noch jetzt nicht. Aber wenigstens die Wände trocken. Ein vernünftiges Feuer im Kamin, an dem sie den Kaffee macht, den sie lobt, ohne daß ich ihn besonders gefunden hätte. Plaudern eine Stunde. Sie, in ihrer grandiosen Naivetät, verglich unter anderm einen Roman der Madame Sand mit einer wohlgekleideten Dame, die in Gesellschaft die Röcke, obwohl nur für einen Augenblick, über den Kopf hebe. Lob dieser Schriftstellerin, die von ihrem Manne übel behandelt werde, obwohl sie sich im ganzen Leben nur zweimal vergangen. Jetzt freilich scheine sie in einem intimen Verhältnis mit einem jungen Republikaner, dem Sohne des bekannten Arago, zu stehen. Sie sei sehr hübsch, geistreich, gut, ziehe sich manchmal als Mann an, rauche Cigarren und betrinke sich ein wenig ( se grise). Ihr Stil werde kaum dem Chateaubriands nachgesetzt. Ich soll durchaus in die Abendgesellschaften der Damen Brady und Abrantes gehen. Meines Vaters Sohn deprezierte. Kehre endlich in mein Zimmer zurück, wo ich von den Resten des Holzes von gestern, das bald nach meinem Fortgehen ausgelöscht sein mußte, Feuer zu machen versuche. Umsonst. Endlich Hilfe von Gott. Den Wandschrank nach Papier durchsuchend, finde ich – einen Blasbalg und einige Stämmchen Reisig. So muß Robinson zu Mute gewesen sein, als der Blitz einen Baum entzündete und er nun Feuer hatte für alle künftigen Tage. Bald flackert die Flamme auf und dauert noch jetzt fort, da ich dieses schreibe. Sobald sie verlöscht, gehe ich aus, da das Wetter besser geworden ist, es wenigstens nicht regnet.

Um zwei Uhr auf die Bibliothek zu Hase, um mich von ihm in die Sitzung der Académie des inscriptions et belles lettres führen zu lassen. Warten bis drei Uhr auf der Bibliothek der Akademie, wo Hase meinen Namen einschreiben läßt und mir dadurch das Recht verschafft, hingehen und lesen zu können. Endlich die Sitzung. Schöner Saal. Lichtbraun in Holz ausgetäfelt. Die Fenster hoch oben. Dazwischen schöne Porträte berühmter Männer aller Fächer: J. J. Rousseau, d'Alembert, Gretry. Von andern nur die Namen in Gold. Der Fond hellblau, was zusammen einen hübschen Eindruck macht. Der immerwährende Sekretär liest das Protokoll der letzten Sitzung. Niemand versteht ein Wort. Darauf die eingelangten Bücher vorgezeigt und besprochen. Dépôt à la bibliothèque, remerciment à l'auteur. Hase, als Präsident, verspricht sich nicht selten. Endlich die Abhandlungen. Erstlich eine über die verschiedenen Schriftzeichen. Dann Raoul Rochette, die Fortsetzung eines schon früher begonnenen Aufsatzes über antike Ueberbleibsel. Er war eben bei den Eßwaren und Küchengeräten. Das nächste Mal kamen vielleicht die Nachtstühle an die Reihe. Da werden denn Eierschalen, Fischgräten und Hühnerknochen hergezählt. Endlich doch auch die Grabmäler, besonders über den Umstand, daß christliche Gräber mit heidnischen Emblemen gefunden werden. Raoul Rochette, ein hübscher Mann, mit klarem, deutlichem Vortrage. Endlich ein verzwickter Poet, dessen Namen ich vergessen, der deklamiert wie auf dem Theater und sich gegen diejenigen ereifert, die behaupten, Anakreon sei ein ivrogne und kein honnête-homme gewesen. Sein Gerede ward auch den Akademikern zuviel. Einer ging nach dem andern, und der Vorleser erbot sich endlich selbst, die Vorlesung auf ein nächstes Mal zu verschieben; was mit Dank angenommen wurde.


Hierauf zu Rothschild zu Tische. Vortreffliches Diner. Man kann nicht gemeiner aussehen und zum Teil sich benehmen, als der Hausherr. Die Hausfrau gegen ihn eine Göttin, obschon sie mir weniger gefiel, als das erste Mal. Heine ist da, unwohl, leidend. Man fetiert ihn sehr, ne noceat, wie man sagt. Hambro aus Kopenhagen. Die Familie Neuwall, Rossini. Letzterer ist ganz Franzose geworden, spricht die Sprache, wie kein Italiener sie je gesprochen und ich es am wenigsten Rossini zugetraut. Meine Frage, ob er sich mit einer neuen Arbeit beschäftige, wies er beinahe mit Widerwillen zurück. Paris, meint er, sei eine ville de plaisir, das müsse man da suchen; das werde man finden, sonst aber auch nichts. Für die Musik besonders sei es die letzte Stadt der Welt. Selbst meine Falcon will er mir nicht gelten lassen. An Wien erinnert er sich noch mit Vergnügen. Als wir mitsammen fortgingen, führte er als seinen Grund gegen Italien an, daß alle Aeußerungen dort verboten seien. Er ist äußerst munter, gesprächig und hat eine eigene Weise, die Leute auf eine gutmütige Art zum besten zu haben, welche Gabe er an einer der anwesenden Damen exerzierte. Heine war nicht sehr angenehm und ging bald. Da man sich erst gegen sieben Uhr zu Tische setzte, war es bald zehn Uhr. Ich machte eine kleine Tour über die Boulevards und legte mich gegen eilf Uhr zu Bette.