Tafel 454 und 455 - Die Brüder Stephan und Lukas Baumgartner, Nürnberger Patrizier 1512
Aus: Trachten, Kunstwerke und Gerätschaften vom frühen Mittelalter bis Ende des Achtzehnten Jahrhunderts – Band 7
Autor: Hefner-Alteneck, Jakob Heinrich Dr. von (1811-1903) Museumsdirektor, Altertumsforscher, Kunst- und Kulturhistoriker, Zeichner und Radierer, Erscheinungsjahr: 1886
Themenbereiche
Enthaltene Themen: Mittelalter, Deutschland, Sittenbilder, Sittengeschichte, Ritter, Turnier
Die Brüder Stephan und Lukas Baumgartner, Nürnberger Patrizier 1512, nach Gemälden des Albrecht Dürer in der königlichen Pinakothek zu München.
Diese Bildnisse wurden lange irriger Weise für das des Ulrich von Hutten und des Franz von Sickingen gehalten, auch erschienen sie um 1830 unter diesem Namen in großen Lithographien zu München.
Beide Gemälde bildeten die Flügeltüren eines Altarbildes Dürers, die Geburt Christi darstellend. Dieses vortreffliche Werk war von der Familie Baumgartner für einen Seitenaltar der Katharinenkirche in Nürnberg gestiftet. Im Jahre 1612 ersuchte Kurfürst Max I. von Bayern den Rat genannter Stadt, dasselbe ihm zu überlassen, was auch mit Zustimmung der besagten Familie geschah; das Original wurde durch eine Kopie ersetzt- Jedes der Flügelgemälde beträgt in der Höhe 1,45 und in der Breite 0,87 Meter, wurden aber in späterer Zeit in höchst unpassender Weise durch Ansätze nach beiden Seiten vergrößert. Die Entstehung dieses Altarbildes setzt man in das Jahr 1512, jedoch ohne volle Bestimmtheit; der Tracht der Männer nach könnten wir sie eher für etwas früher halten. Die ritterliche Tracht dieser beiden aus dem Leben gegriffenen Bildnisse hat noch Vieles, was als herrschende Mode der zweiten Hälfte des vorhergehenden Jahrhunderts eigen ist und nur als Ausnehme noch in den ersten Jahren des XVI. Jahrhunderts erscheint. So tragen z. B. beide Ritter den offenen Helm, welcher noch nicht Hals und Kinn umschließt und den Übergang von dem einfachen Eisenhut /Schaller, salade) zu dem den ganzen Kopf umschließenden Arme bildet, der mit dem Anfang des XVI. Jahrhunderts in allgemeine Aufnahme kam.
Harnischteile, wie sie hier die Gebrüder Baumgartner tragen, haben wir bereits mehrfach nach der Wirklichkeit dargestellt. Die hier mit dem blanken Stahl wechselnde rote Farbe des Tuches war bei den Hauptleuten und Wehrpflichtigen der Stadt Nürnberg vorherrschend.
Dürer hat auch in seinem bekannten Kupferstich „Ritter, Tod und Teufel“ vom Jahre 1514 in ähnlicher Weise eine aus dem vorhergehenden Jahrhundert stammende Rüstung angebracht.