Kinderwärterin gesteht Giftmorde

In einer Stadt Neuvorpommerns wurde eine als Kinderwärterin bekannte Frau in einem angesehenen Hause zu einer gleichen Beschäftigung aufgenommen, und ihr das jüngst geborne Kind, ein starker munterer Knabe, zur Wartung übergeben, da die Mutter desselben ihm die mütterliche Milch selbst reichte.

Das Kind, welches der Wärterin in einem blühenden Gesundheitszustande übergeben, sing nach einiger Zeit an sich zu verändern und ein kränkliches Ansehen zu gewinnen, weshalb die Wärterin erklärte, dass dies von der Muttermilch herrühre, und das, Kind auf diese Weise, und unter ähnlichem Vorwande der Mutter zu entziehen und zu entfremden suchte. Obgleich die Eltern des Kindes ihren Hausarzt zu Rate zogen und auch anderweitige Nachforschungen anstellten, so war die Ursache des veränderten Gesundheitszustandes doch nicht zu erforschen, und selbst der Arzt glaubte mit Überzeugung, alle Beruhigungsgründe den Eltern sagen zu können. Nach Verlauf einiger Zeit erhielt die Wärterin, von einer nahen Verwandten eine Einladung zu derselben zu kommen, indem sie zum Sterben krank und vor ihrem Ende mit der Wärterin noch über eine wichtige Angelegenheit zu sprechen wünsche.


Nachdem die Wärterin von ihrer Herrschaft Erlaubnis zur Reise erhalten, und dieselbe angetreten hatte, so glaubten die Eltern diese Gelegenheit nicht unbenutzt lassen zu dürfen, um nochmals eine genaue Beobachtung und Untersuchung in Hinsicht der so seltsamen Veränderung des Gesundheitszustandes ihres Kindes vornehmen zu müssen. Es wurde dem zu Folge nicht allein eine genaue Aufmerksamkeit auf die dem Kinde zu gebenden Nahrungsmittel verwendet, worauf ein sehr günstiges Resultat erfolgte, indem das Kind, welches nach und nach immer weniger Nahrungsmittel hatte zu sich nehmen wollen, jetzt zusehends mit größerem Appetit danach verlangte; sondern es wurde auch eine besondere Nachsicht der dem Kinde umgebenden Gegenstände vorgenommen, und hier fanden sich auf eine überraschende Weise eine große Anzahl sogenannter Zuckerbeutel, die man früher nie bemerkt hatte, da die Eltern zu vernünftig waren, um einen solchen unsinnigen Gebrauch bei ihrem Kinde zu gestatten.

Diese Beutel, von welchen man an allen möglichen Orten, die als Versteck dienen konnten, Vorrat fand, wurden nun sogleich dem Hausarzte zur nähern Untersuchung übergeben, und es fand sieh, dass allerdings Zucker darin enthalten war, jedoch mit einem Zusatz, den der Arzt bei genauer Untersuchung für ein seines Gift erkannte. — Wer mahlt wohl das Erschrecken der Eltern bei dieser Entscheidung, und nur des Arztes tröstende Zusicherung, dass die Wirkung des Giftes bei dem Kinde noch nicht so weit reiche, um nicht durch Gegenmittel noch unwirksam gemacht zu werden, konnte einigermaßen Beruhigung in die Gemüter derselben zurück führen. Es wurde nun sofort alles angewandt, den zerstörenden Giftstoff bei dem Kinde unwirksam zu machen und zu vertreiben und aller Anschein ließ ein glückliches Resultat erwarten. Jetzt kam nun die Zeit heran, dass die Wärterin von ihrer Reise zurück kommen sollte, und der Arzt hatte bereits Rücksprache genommen, selbige sofort arretieren, und sie durchaus nicht in die Nähe des Kindes gelangen zu lassen.

Dies geschah denn auch, und die Wärterin sofort vor Gericht gestellt, die zwar anfangs alles leugnete, durch die ihr aber vorgelegten Tatsachen am Ende zu dem Geständnis gebracht wurde, und folgendes aussagte: es sei wahr, dass in den Zuckerbeuteln unter dem Zucker Gift enthalten sei, und zwar habe sie dieses schon bei vielen Kindern angewandt, woraus für sie der Nutzen entstanden sei, dass, da die Wirkung des Giftes berechnet, und die Kinder in kurzer Zeit allmählich bei dem Gebrauch desselben abstürben, sie dann mit Auszahlung des ganzen Jahrlohnes entlassen und dadurch in den Stand gesetzt wurde, da ihr ein sofortig anderer Dienst nie gemangelt, in einem Jahre das doppelten Jahrlohn zu gewinnen.