Die Heldenprobe bei den Indianern

Wer unter diesem wilden Volke den Namen eines Helden führen will sucht sich einen Anhang von Kriegern zu verschaffen, die er durch den Ruf seiner Tapferkeit oder Geschenke gewinnt. Sind hundert für ihn gestimmt, so lässt er ein berauschendes Getränk (Chicha) bereiten; ladet die Kaciken und Anführer ein; erzählt seine Taten, und bittet um Zulassung zur Heldenprobe.

Wird sein Gesuch angenommen, stellt man ihn nackt mitten ins Zimmer; der älteste Anführer gibt ihm zuerst mit einer derben Knotenpeitsche eine Anzahl Hiebe, und die anderen folgen. Duldet er diese ohne das geringste Zeichen des Schmerzes, und steht wie eine Bildsäule da, wird ihm Lob erteilt. Die erste Prüfung ist zu Ende, und Alles betrinkt sich auf seine Kosten. Sind seine Wunden geheilt, beginnt die zweite Probe vor der Volksversammlung.


Entkleidet legt man ihn in eine baumwollne Hängematte, wickelt ihn drinnen fest ein, und lässt ihn schweben zwischen zwei Bäumen. Nun werden einige tausend große Ameisen mittelst eines Rohrs in die Hängematte geblasen, welche anfangen sein Fleisch überall zu benagen. Er liegt wie ein Toter da, und erträgt die Pein ohne ein Glied zu rühren. Die geringste Bewegung, der leiseste Klagelaut endet die Prüfung zu seiner Schande. Hält er mutig die bestimmte Zeit aus, wird sein ganz zerfressener Körper mit einer Salbe bestrichen, dass die Infekten ablassen; auf seine Gesundheit getrunken, und er würdig erklärt zur dritten Probe.

War die zweite barbarisch, so ist diese höllisch zu nennen.

Wenn der Gemarterte völlig geheilt ist, versammeln sich die Anführer zu seiner neuen Qual. Man legt ihn nackend auf einen hölzernen Rost, der zwei Fuß über den Boden sich erhebt, bedeckt ihn ganz mit Musablättern, die eine Elle lang, eine halbe breit sind; steckt diese mit Nadeln um ihn zusammen, und gibt ihm ein Rohr zum Atemholen in den Mund. Ein Feuer wird nun unter ihm angemacht, und er langsam lebendig gebraten. So liegt er beobachtet von Allen, regungslos bei der Höllenqual, bis die Prüfungsstunde verflossen ist. Stirbt er unter der Marter, beklagt ihn das Geheul von Tausenden. Übersteht er diese, erschallen die Wälder von seinem Lob; er wird zum Anführer im Kriege gewählt, und lebt nah seinem Tode in ihrem Munde.
Th.