Den 29. Julius

Den 29. Julius reisten wir aus Befehl Seiner Hochwürden und Gnaden aus das Landhaus Nietheim und machten da ihm unsere erste .Aufwartung. Auf dem Wege hielten wir bei dem neuen Steinbruch still und besahen ihn. Diese Steine bestehen in einer Gattung farbigen Marmors, mit einigen Streifen; er wird in ungeheueren Massen ausgegraben, ist sehr hart und wird im nächst dabei erbauten Hause geschliffen. Man verfertigt Treppenstufen, Pflasterstücke, Portale zu eigenem Gebrauche daraus und lässt sie auch andern gegen Bezahlung zukommen. Wir sahen einige Tage hernach das Kirchenportal zu Elchingen aus eben diesem Marmor hergestellt.

Nietheim selbst ist ein Sehr niedlicher neu angelegter Hof mit ordentlich ländlichen Zimmern ausgerichtet, in einer angenehmen Lage nahe an einem Laubwalde, dessen Forstrecht dem Herzog von Württemberg gehört, etwa 2—3 Stunden vom Stift entlegen. Die obern Stockwerke sind der Herrschaft vorbehalten, die untern und die Nebengebäude aber dem Lehnbauer angewiesen. Den Nachmittag verbrachten wir mit angenehmen Gesprächen, Kurzweil und Schießen: auch ich hatte das Glück, unter sechs Schüssen ein ganzes Mal die kleine Scheibe zu treffen. Auch hatten wir das Vergnügen, den P. Professor Karl und drei junge Fratres kennen zu lernen, welche der Herr Prälat nach seinem Gebrauche wechselweise auf einen Tag zu sich kommen lässt, um sie durch diese kleinen Ergötzungen desto eher wieder zu ihren Arbeiten und Studien vorzubereiten. Auf den Abend trug man uns noch eine kleine Spazierfahrt an, das Gewild, das zu dieser Zeit seine düstern Höhlen verlässt, herumstreichen zu Sehen; allein ein Sturmwind, welcher eben daherbrauste, vereitelte denselben.



Dieses Kapitel ist Teil des Buches Süddeutsche Klöster vor hundert Jahren