Sturmopfer.

Aus: Das Buch für Alle. Illustrierte Familienschrift. Zeitbilder. Heft 1. 1913
Themenbereiche
Enthaltene Themen: Meer, See, Seebäder, Küstenort, Fischerflotte, Sturm, Tragödie, Unglück, Havarie, Boote,
„Sei nur gegrüßt, du blinkendes Meer, mit deinen Wogen mich liebreich umhülle, Nimm mir, was drückend und quälend und schwer. Schenke mir Vollkraft aus deiner Fülle!“ ruft der Dichter, und Tausende, die jetzt in die Seebäder geeilt sind, um in der salzigen Flut Erquickung und Stärkung zu finden, erheben einen ähnlichen Ruf.

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Das Meer ist ein unerschöpflicher Born der Verjüngung, aber es ist auch ein unausfüllbares Grab, das immer neue Todesopfer in sich hinabzieht. Keiner von all denen, die zur Erholung und Belustigung im Sommer am Meeresstrand weilen, denkt wohl an die versteckte Tücke der See, an ihr tosendes Wutgebrüll, an die Tragödien des Meeres. Wie oft liest man daheim aus einem Küstenort eine Zeitungsnachricht wie diese: „Die ausgelaufene Fischerflotte wurde auf hoher See von einem heftigen Sturm überrascht. Zwölf Boote sind zurückgekehrt, fünf andere werden vermisst.“ Dann kommt vielleicht nochmals die kurze Mitteilung: „Von den ausgebliebenen Booten ist bisher keine Spur aufgefunden worden“ — und damit ist das Drama für die Unbeteiligten vergessen. Aber in der Ferne sitzen im Fischerdorf weinend die Frauen und Kinder der Vermissten. Sie raffen sich auf und harren am sturmdurchbrausten Strand, sich noch an die Möglichkeit einer Rettung klammernd, der Wiederkehr ihrer Lieben, bis ihnen, wie auf unserem ergreifenden Bild, ein herangeschwemmter Mast und ein Bootrest die letzte Hoffnung rauben.

Sturmesopfer

Sturmesopfer