Schlusswort

In mannigfachen Bildern und in ihren Beschreibungen sind uns Gartenschöpfungen deutscher Renaissance dargestellt worden. Sie haben uns gezeigt, dass auch sie in ihrer Art aus dem Wesen allgemeiner deutscher Renaissancekunst entstanden, nach ihrem Charakter zu verstehen und als Kunstwerte zu beachten sind. Es wurde möglich, im Verlaufe dieser Arbeit aus diesen deutschen Schöpfungen eine gewisse Eigenart herauszulesen, die eine ganz bestimmte, bewusste Entwicklung darstellt und die auch stetig einem höheren Ausdruck zustrebt, bis sie dann allerdings im Dreißigjährigen Krieg zum Stillstand kommt. Es war wohl keine führende Stellung, die Deutschland hier entwickelte, aber doch ein selbständiger, eigener Ausdruck: neben ihm, möchte ich sagen, geht von Italien über Frankreich der andere Weg, der, ohne Oberdeutsehland zu berühren, zu Le Nôtre führt; es bestellt in gewissem Grad ein Gegensatz zwischen beiden.

Interessant ist es, aus der Zeit späteren französischen Einflusses in Deutschland Gartenanlagen zubeurteilen, die wegen äußerer Umstände die unbegrenzte Perspektive Le Nôtres nicht durchführen konnten, wobei so das Parterre geschlossen blieb. Sie sind in ihrem Aufbau wie eine Weiterbildung der eigentlichen alten Raumgärten, nur dass in ihrer Innenanlage klärender, künstlerischer Geschmack, auf Kosten wohl der individuellen Behaglichkeit, vereinheitlichend wirkt.


59. Hoffmarck Stockau des Joach. v. Sandrart bei Ingolstadt nach Anhang zu Volkamer, 1675. (S. 58.)

Abb. 60. Schloss Haimbhausen, aus Wening. 1701 (Ausschnitt). (S. 58.)

Abb. 61. Aus dem Schwetzinger Schlossgarten: Die Mittelperspektive. (S. 62.)

Ich denke an die Residenzgärten in Würzburg, die vom 1770 an in die Wälle eingebaut, geschlossene, begrenzte Einzelanlagen bilden, wo Rampentreppen und erhöhte Gänge zum Abschluss dienen, und trotz der geringen Ausdehnung ein gewaltiger Eindruck dieser Gar-tenschöpfung entsteht.

In Weickersheim, dem Hohenloh-Langenburgschen Schloss bei Lauda, mischt sich auch die alte Anlage der Renaissancegebäude, deren Hauptfassade mit Balken und Galerie noch nach dem Innenhof als Turnierplatz zeigt, mit neuen Gartenbezirken außerhalb, nur durch eine Brücke über den Graben mit ihnen verbunden. Sie zeigen schon französische Anlage in der Art des einheitlichen Parterres, auch in einer Mittelperspektive in das freie Land hinaus, aber doch bilden sie noch einen von Baumalleen geschlossenen Garten für sich, um den Obst- und Gemüseanlagen gelegt sind.

Der Schwetzinger Garten gilt wohl allgemein als barockes Beispiel französischen Geschmacks; aber da er um das Renaissancejagdschloss Karl Ludwigs unter Kurfürst Karl Philipp um 1725 entstanden 120), so haben die Parterres noch nicht die Ausdehnung, um ihrer Fläche die charakteristische Wirkung zu geben; wenn dieser Garten auch auf die Mittelperspektive aufgebaut und alles auf diese Achse bezogen ist, so zeigt der Blick gegen das Schloss doch immer einen intimen Charakter, der hier wohl noch angeführt werden kann (Abb. 61, 62).

Rückblickend auf all das Gesagte sei auf die Möglichkeit hingewiesen, die vielleicht in der Verbindung beider Ideen des Gartenaufbaues enthalten:

Unbegrenzte Anlagen in kaltem, repräsentativem Prunk können nicht mehr lebendig sein; aber das künstlerische ihrer großartigen Schöpfung kann befruchtend und gestaltend auf Gärten wirken, die aufgebaut sind wie in der Renaissance auch heute noch auf der Freude des Menschen an ihnen, der Vielheit ihrer Formen eine ruhige Einheit gebend, dass so in einer Zeit, in der der Begriff der rastlosen Arbeit und ihres Wertes eine ernste Grundstimmung gibt, Freude an Gärten und Künstlerisches ihrer Form den Menschen ruhen lässt in ihren Räumen, unter demWert ihrer Stimmung.

Abb. 62. Aus dem Schwetzinger Schlossgarten: Blick gegen das Schloss. (S. 62.)

Dieses Kapitel ist Teil des Buches Studien über Renaissance-Gärten in Oberdeutschland