Der deutsche Renaissancegarten. Technisches seiner Ausführung. Allgemeine Grundsätze seines Aufbaus

Seitdem die Renaissance den Menschen als solchen gebildet, ihn als den Träger einer bloßen Idee wie im Mittelalter hierüber hat hinauswachsen lassen, hat die entstandene Freiheit des Lebens und Arbeitens auch die Freiheit und Vielheit des Genießens geschaffen. Die erwachte Geselligkeit und Lebensfreude drängt nach Betätigung; sie lässt die den Germanen eigentümliche Art, das persönliche Auffassen der Natur und die Liebe zu jedem ihrer Einzelwesen in der Gartenkunst aufleben, lässt so Gärten schaffen, die ihrer Geselligkeit den Rahmen geben.

Was bei der Besprechung des mittelalterlichen Einflusses nur als reine Empfindungswerte betont werden konnte, dies ist nun im Weitergehen der Zeit in großem Maße zur Tatsache und zum Eigentum der Gartenbildung geworden.


Für die technische Ausführung, die Planung, Bepflanzung und Pflege gibt es jetzt ausführliche Werke 7). Die Wahl der Lage, von Nordwinden geschützt8), sonnig, in der Nähe von Wasser, ein guter fruchtbarer Boden wird als Hauptsache betont. Das Material für die Gärtner in Bäumen, Sträuchern und Blumen ist schon sehr groß geworden: ihre Zucht und Pflege wird genau angegeben.

Zu Hecken, zur Umzäunung des Gartens und auch zu innerer Einteilung dient: Rainweide, Hartriegel, Schlehe, Weichsel, Rosen, Wachholder: in niederen Formen werden sie in Buchs gezogen zur Einfassung der Blumenbeete. Bezeichnend ist aus Lauremberg 9): ,,Dieses ist annoch zu melden / daß bedeute Gewächse (Isop, Lavendel, Rauten, Buchs, auch Blumen wie Schlüsselblume, Maßliebchen, Margariten) nicht nur zur Einfassung der Feldlein mögen gebraucht werden / sondernauch in den Feldlein allerhand Figuren / Wappen / Sonnenuhren und Schriften praesentirn mögen.“

Hecken aus Hainbuchen, Linden, Ulmen, Jasmin werden zu überwölbten, sich freitragenden Laubgängen oder an Spaliergestellen gezogen. Hieran können auch Blütensträucher, Flieder, Schneeball, Ribes 10) gepflanzt werden: in Frankreich findet man fruchttragende Obstbäume daran 11): ganze Zelte und Gartenhäuserwerden vom Zimmermann aus starkem Holz hergestellt 12); vom Gärtner mit feinem Spalier überzogen und endlich von Schlinggewächsen überrankt: edler und wilder Wein, Kürbisarten 13), Schlingrosen, Winden usw. Wie ausführlich die gärtnerische Kunstfertigkeit gerade am Spalier im Ziehen von beschnittenen Figuren ihre Angaben macht, zeigen die Einzelabbildungen ausgeführter Gärten 14): aus biegsamen Weiden 15) wird die Grundform hergestellt, das lebendige Grün sie ausfüllend daran geheftet und zur räumlichen Figur geschnitten.

Seltene ausländische Bäume, Zypressen, Pomeranzen, Orangen 16) haben spezielle Angaben ihrer Pflege und bilden wegen der Mühe ihrer Zucht und ihrer ausländischen Eigenart einen Wert im Garten für sich.

Dann endlich die Blumen: auf seitenlangen, alphabetisch geordneten Listen sind ihre Namen aufgezählt. Neben altüberlieferten Kräutern, die durch heilsame Wirkung, kräftiges Gewürz oder guten Volksglauben ihren Wert behalten, sind als Beispiel bei Lauremberg über 100 Arten angegeben und davon getrennt noch gegen 200 holländische Tulpen.

Der braunschweigische Hofgärtner Royer gibt auf 32 Seiten die Pflanzenliste des Lustgartens zu Hessem, die er in der Zeit von 1607—1648 dort gezogen hat 17).

Abb. 1. Ziergarten aus Furttenbach, arch. recreationis, 1640. (S. 17.)

Abb. 2. Gartenbild aus Furttenbach, arch. recreat., als Beispiel eines bemalten Theatervorhangs. (S. 17.)


Man bemühte sich auch, diese Zahlen und Namen in Übersicht zu ordnen. Carolus Stephanus unterscheidet schön blühende, schön riechende, Apotheker- und Nahrungspflanzen, Royer teilt sie ein in hulbosae (Zwiebelgewächse), tuberosae (Knollengewächse) und fibrosae (Faserwurzelgewächse).

Um ein Beispiel zu geben, wie ausführlich in Einzelheiten die Angaben dieser Gartenbücher gehen, sei angefügt das Inhaltsverzeichnis des Abschnittes: ,,Anleitung zum Gartenbaw“, aus Royer ,,Hessem“; es sind 15 Kapitel:

,,I. Von der Abteilung eines Gartens / und was insonderheit zu einem herrlichen Lustgarten gehört (hierin wird behandelt: Laubhütten, Apothekergarten, Wasserkünste, Lusthaus, Turnierplatz, Pomeranzenhaus, Irrgarten, Vogelhaus, Fischteiche, Baumgarten).

II. Von der stätte / da ein Lustgarten anzulegen.

III. Von den Hecken, die auch in einen schönen Lustgarten gehören.

IV. Von dem Erdreich wie dasselbe recht zubereitet und / da es böse und ungeschlacht / fein verbessert werden solle.

V. Von Unterscheid der Garten-Gewächse und insonderheit von denen Kräutern so alle Jahre von neuen Samen zu unterschiedlicher Zeit erzeuget werden.

VI. Wie man allerlei fremde und ausländische Gewächse durch den Samen und Körner aufziehen und derer pflegen soll.

VII. Von den Bulben oder Zwiebel- und Knollengewächsen, insonderheit wie man dieselben durch abgesetzte junge Bulben oder auch durch den Samen erzeugen und vermehren soll.

VIII. Wann die Zwiebel und Knollengewächse aufzunehmen und wieder zu verpflanzen sein, dass sie schöne Blumenbringen auch wie sie für den schädlichen Mäusen zu retten.

IX. Wie man die Bulbosischen / Tuberosischen und andre zarte Gewächse und Stäudichen / mit Bedeckung und Verbindung des Winters für dem Frostverwahren soll.

X. Wie man die Indianische andere gar fremde Bäume und Gewächse den Winter über und sonsten warten soll.

XI. Wie man die spanische / italienische und andre fremde Bäumlein verpflanzen / warten / curiren und fort zeugen soll.

XII. Wie und wann man die Gewächse / so in der Küchen zu gebrauchen sind / erziehen verpflanzen und warten soll.

XIII. Von Obst-Bäumen wie und wenn man dieselben versetzen / propfen /oculiren / und von Kernen fort zeugen / auch unfruchtbare Bäum / oder die sonst nicht fort wollen / wachsend und tragend machen und vom kalten Brand erlösen soll.

XIV. Wie man den Leimen oder das Propff-Wachs zu dem Propffen bereiten und gebrauchen auch eine gute Baumsalbe zu den beschädigten Bäumen zurichten soll.

XV. Von der Sympathia und Antipathia, das ist / von der natürlichen eingepflanzten Liebe und Widerwärtigkeit / so etzliche Kräuter und Bäume unter und gegeneinander tragen / und bei der Verpflanzung wohl in Acht zu nehmen.“

Unter anderen werden hierin erwähnt männliche und weibliche Pflanzen, die wohl wachsen, wenn sie beieinander stehen. Rosmarin und Salbei haben auch ähnliche ,,Sympathie“ zueinander:

„wil man aber keine Salbey bey Rosmarin haben / sol man vor der Pflantzung der Zweige und Versetzung der Stöcke bey einen Salbeyen-Busch gehen / die Hände dadurch etliche mahl ziehen / oder dieselben fein damit bestreichen / und dann an die Arbeit gehen so wachsen sie gar wol und lustig / Auch ist diesem zarten Gewächse der Rosmarin dieses abgemercket daß sie viel besser gedeye und wachse / wenn sie von jungen Knaben und Mägdlein gepflantzet wird / als von alten Leuten ...“

Wenn solches auch auf unsere Zeit kindlich wirkt, es ist doch für den Stand der Gartenkultur bezeichnend und kein Schaden, wenn so sorgsam die Pflanzen beobachtet und gepflegt werden.

Abb. 3. Gartenbild aus Furttenbach, arch. recreat, als Beispiel eines bemalten Theatervorhanges. (S 17.)

Abb. 4. Gartenentwurf nach Vredeman de Vries, hortorum formae, 1583. (S. 18)

Abb. 5. Gartenbild von Vredeman de Vries. Scenographia Envers, 1560. (S. 18.)


Doch zur Sache:

An der Hand all dieses Materials bildet sich für den Gärtner sehr viel reinbotanische Wissenschaft; sie steht in enger Fühlung mit den Pflanzenaufzählungen der botanischen Gärten. Es liegt die Gefahr nahe, daß die künstlerische Gestaltung des Lust- und Ziergartens hierunter leidet, und es ist nicht zu leugnen, daß der Gartenausdruck dieser Zeit in germanischen Ländern ein gut Teil dieser Richtungnachgegeben hat.

Abb. 6. Holländischer Blumengarten, nach Crispin de Passe, Hortus floridus, 1614. (S. 19)

Aber doch lassen sich von anderer Seite all diese Formen, ich möchte sagen, auf freundlichere Art verständlich machen. Man muss sich, ich komme immer wieder darauf zurück, der Freude an den Einzelerscheinungen der Pflanzenwelt, der absolut persönlichen Auffassung des Pflanzenindividuums und dem Wertschätzen seiner Erscheinungsform erinnern, mit dem das germanische Wesen nun einmal der Umgebungswelt gegenübersteht, das beim Durchwandern des Gartens im Zeigen und Betrachten in den Einzelwesen der Blumen nicht ihre Seltenheit oder Sonderbarkeit allein sieht, sich viel eher auch aus ihrer Form und Farbe gleichsam ein Stück Dichtung erzählen lassen kann. Es ist daher verständlich, dass der Garten aus Einzelräumen bestehen muss, die für sich wieder die Gärten von kleinen Individuen sind, da solche nur hierin den ihnen eigenen Eindruck geben können. Die Teilung des Gartens in kleine Vielheiten war hier die einzig natürliche Folge.

Diese engen Räume mit kleinmaßstäblichen Pflanzungen darin setzen den germanischen Renaissancegarten zusammen; jedes dieser ,,Gärtlein“ hat seinen persönlichen Ausdruck, in zierlicher Form die Freude am intimen Kleinen befriedigend (Abb. 1, 2, 3).

Die Hecken und Blumenmuster, Sterne und Figuren, schön sauber gezogen, die Beete, klein, erhöht, mit Brettern oder Steinen umrahmt, die Wege mit gelbem Sand beschüttet, auch sogar mit Steinplatten belegt 18), Labyrinthe und Heckengärten, scharf geschnittene Zierformen, sie haben wohl für unser Auge einen kleinlichen Ausdruck, es mag ja auch in ihrer engen Zierlichkeit noch viel Überliefertes, Mittelalterliches zurückgeblieben sein, der Gartenraum als solcher erhält doch durch die maßstäbliche Einheit des Eingeschlossenen zu der Umrahmung und dem so gebildeten Raum den Eindruck eines empfundenen Kunstwerks der Natur gegenüber. Reihen sich dann in späteren größeren Anlagen der Fürsten viele solcher Einheiten zusammen, so wird wohl weniger durch Achsen und Richtlinien ein Zusammenhang erstrebt, vielmehr durch dasselbe Mittel wie im kleinen durch größere Raumeinfassungen die Einzelheiten zusammengefasst 19);zuerst können es niedere Hecken, Gitterzäune sein, dann folgen Lauben, Pergolen oder, nach französischem Muster, Steingalerien 20), endlich regelmäßige Baumreihen, ein Pomeranzen- oder Zitronengarten und schließlich das Lusthaus und Grottengebäude.

Charakteristisch ist, daß als Trennungsmittel die Deutschen nicht die Waldquartiere der italienischen Gärten übernehmen, die sie doch bei dem lebhaften Austausch der Beziehungen gerade von Oberdeutschland mit dem Süden als Neuerscheinung so leicht hätten in sich aufnehmen können. Die Waldmasse aber läuft entgegen dem ausgeprägten Streben nach kleinmaßstäblicher Raumbildung, die ja schon durch mauerartige Hecken und Lauben viel schneller erreicht wird, als durch selbsträumliche Waldmassen. Diesen letzteren entspricht als Gliederung vielmehr die Betonung der Richtung durch Achsen, wie sie in Italien ihre Anfänge hat und von den Vorgängern Le Nôtres an in Frankreich die Gartenanlagen beherrscht, von wo aus sie dann erst mit der Übernahme der gesamten barocken Kultur auch ihren Eingang in Deutschland findet 21).

Ein anderes Gebiet, das seinem Inhalt nach auch auf Grund dieser Vorliebe des Deutschen zu dem Wechsel und der Vielheit kleiner Unterhaltungen Verständnis suchen muss, sind die Wasserkünste und Spielereien.

Übernommen jedenfalls aus Italien kommen sie aber dem germanischen Wesen so nahe, daß sie als selbstverständliches Eigentum in ihrem Garten weiterleben. Es ist bezeichnend, wie in Berichten deutscher Reisender 22) in Italien die Grotten mit ihren Spritzkünsten beschrieben werden; in ihnen lag die Hauptanziehung des Gartens.

Gröber war noch der Geschmack, eine derbe Schädigung nahm man mit in Kauf um einer Überraschung willen. Ausgesucht und erklügelt waren die Einfälle der Künstler, so dass der Besucher unvorbereitet aber sicher in die Falle ging und nur gründlich durchnässt entkommen konnte. Ich habe an diesen kräftigen Scherzen nichts die Kunst dieser Zeit Erniedrigendes finden können, habe mich vielmehr manches mal an ihrer Ursprünglichkeit erfreut.

Kindlich ist die Freude an den Wasserorgeln, nachgeahmten singenden Vögeln, der Eule, die sie verstummen macht, an sich bewegenden Figuren, Nymphen, die vor einem Flussgott vorbeischwimmen u. a. m. Die Schrift ,,Forces mouvantes“ von Sal. de Caus gibt in Text und Zeichnung alle konstruktiven Einzelheiten dieser Figuren an: ein Wasserstrom presst Luft zusammen und lässt Orgelpfeifen tönen, er treibt Wasserräder, die das ganze mechanische Triebwerk bewegen, oder wir finden schematische Skizzen über die Konstruktion eines Vogels, der durch Hebel und Zahnrad beim Singen den Schnabel öffnet und den Schwanz hebt. Alles ist miteiner Genauigkeit angegeben, die eine wirkliche Ausführung ermöglicht. Weiter unten, wenn fertige Anlagen besprochen werden, muss auf die Einzelerscheinungen dieser Art in Wort und Bild zurückgekommen werden 23).

Sehr scharf nach all diesen entwickelten Gedanken, wirklich oft bis zu kleinlicher Spielerei ausartend, stellen sich Gartenbilder von Vredeman de Vries dar 24 25) ( Abb. 4, 5).

Abb. 7. Bürgerlicher regulärer Lustgarten, nach Furttenbach, arch. recreat., 1640. (S. 20.)

1. Hof mit Brunnen 2. Bürgerliches Gartenhaus 3. Gärtnerhaus und Stall 4. Blumengarten 5. Drietter 6. Fischgrube 7. Vogelhauss 8. Küchengarten 9. Baumgarten 10. Lauben 11. Fruchtbäume

Es ist an ihnen nicht viel zu erklären, es wäre nur Wiederholung des allgemein Angeführten; die Einzelheiten der Bildersprechen für sich selbst. Aber trotz der Kleinlichkeit der Anlage, der durcheinander geführten Lauben und der daraus entstandenen Gartengestaltungen, der spielerischen Einzelformen von in Stockwerke geschnittener Bäumchen und ähnlichem — in das Leben der Gesellschaft dieser Zeit passt dieser Rahmen; es bewegt sich gut unter solchen Zierformen des Gartens.

Das deutsche gesellige Leben wollte sich erheben, es erhielt viel Einfluss von dem ihm kulturell vorangehenden Frankreich und Italien; aber das alte Grobe konnte nicht so schnell verschwinden, und das neue Galante veränderte sich leicht in Kleinliches, Unbeholfenes. Dieselbe Form und denselben Geist tragen auch die Gärten dieser Geselligkeit, zierlich, neu wollen sie sein, manches Unbeholfen-Spielerische läuft mitunter.

Ähnlich sind die Blumengärten von Crispin de Passe in seinem Hortus floridus (Abb. 6).

Abb. 8. Lustgarten eines Palastes, nach Jos Furttenbach, arch. civil., 1628. (S. 20.)

1. Platz für Ringelrennen, Fechten, Ballschlagen 2. Blumengarten (die Statuen sind aus Metall gegossen, die Beetformen in gezogen, die Wege mit Sand gestreut) 3. Drietter, mit Steinobst bewachsen, im Innern mit Bänken und Tischen. 4. Fischweiher auch für Wasserspiele 5. Vogelhaus 6. Wäldchen 7. Italienische Grotte („die den ganzen Garten ziert“) 8. Vogelhütte 9. Lusthaus 10. Tiergarten.

Abb. 9. Fürstlicher Lustgarten, nach Jos. Furttenbach, arch. recreat, 1640. (S. 20.)

1. Hof mit Wirtschaftsgebäuden 2. Schloss 3. Blumengarten 4. Drietter 5. Fischgrube 6. Vogelhaus 7. Pomeranzenwald 8. Grotte 9. Kapelle 10. Vogelhütte 11. Kleiner Palast 12. „Angenehme Wildnis“ 13. Irrgarten 14. Haaggarten 15. Tiergarten 16. Küchengarten 17. Baumgarten 18. Offene Grotte 19. Geflügelhäuser.

Joseph Furttenbach zeichnet in seiner architectura civilis und besonders in der architectura recreationis eine ganze Reihe von idealen Gartenplänen für Bürger und Adelige (Abb. 7, 8, 9). Sie wiederholen sich aber bald in ihrer Anlage, und man kann sie leicht auf ein Schema zurückführen. Als Grundsatz gilt auch hier das als allgemein Angeführte der Raumbildung. Zur Aufzählung könnte man an Einzelheiten unterscheiden: das Gebäude mit Wirtschaftshof, den Lustgarten mit Beeten in Zierform, Brunnen, regelmäßigem Fischweiher, Vogelhaus, Laubgängen und immer als rückwärtigem Abschluss dem Grottengebäude. Dann folgt der Wildgarten mit Netzen zum Vogelfang und einem Lusthaus; ihm gegenüber liegen, gewöhnlich durch einen Wasserkanal getrennt, die eigentlichen Wildgehege, so dass man nach Gefallen von hier aus dem Füttern der Tiere zusehen oder sich eines derselben nach Wahl herausschießen kann. Das Ganze ist mit Wall und Graben umgeben nach dem Erfordernis der Zeit. Küchen-, Nutz- und Baumgarten liegen für sich.

Noch hart und unbeholfen sind alle diese Pläne; man sucht italienische Einzelheiten, besonders die Grotteneinrichtungen, mit Pracht nachzuahmen, man erinnert sich an die in ihrer Zeit berühmten französischen Burg- und Schlossgärten 26) aber es entsteht nur recht Klägliches; daneben bleibt die mittelalterliche Lust an Wild und Jagd, dem Halten von Fischen und Vögeln.

Wir werden später sehen, dass Furttenbach in seinem Hausgarten zu Ulm Schöneres angibt. Die kleinen intimen Anlagen liegen ihm viel besser, hier lässt ihn dann auch seine Liebe und Neigung wirklich Lebendiges zu Wege bringen 27).

Man könnte auf Genrebildern und allegorischen Zeichnungen noch manche Gartenszene finden, die alle dieselben Formen des Aufbaues tragen. Von A. Bosse (1610—1678) sind im Stuttg. Kupferstich-Kabinett zwei Stiche ,,Le printemps“ und „L'odorat“. Merian hat von bestehenden Gärten beeinflusst ähnliche Szenen frei entworfen 28); das Bild Rubens in seinem Garten 29) wäre auch hier anzuführen. Von Hans Bol (1534—1593) ist u. a. ein Bildchen, ,,Der Frühling“, in der Dresdener Galerie: Unter Vredeman ähnlichen Zierformen sehen wir in den einzelnen Räumendes Gartens Menschen bei Arbeit und froher Geselligkeit.

In der Einleitung zu Laurembergs Horticultura schreibt der Herausgeber Wolff Albrecht-Stromer von Reichenbach 1671 Worte, die so erfüllt sind von der Freude über den Garten selbst, dass sie zusammenfassend noch einmal das Empfinden der Gartenkultur in deutscher Renaissance klar wiedergeben mögen:

,,Es werden sehr wenige Menschen (ich wollte gern sagen, fast gar keine) auf dieser Welt gefunden die nicht einige Beliebung zu den schönen Gärten / in ihren Gemütern hägen wollten. Es ist ja für diese untadlige Belustigung dem Erden-Kind / von dem preiß-seeligen Paradies-Garten / durch unsere Stamm- und Ur-Eltern / gleichsam eingesencket. Man schaue und beschaue doch / wie man sich in dem kalten Winter / nach der liehen Frühlingszeit sehne. Kaum hören die weise Schnee-Flocken auf zu fliegen und zu kriegen; kaum fängt das Silber-Eis durch die temperierte Frühlingslufft zu schmelzen und zu flüssigen / so mögen weder die Menschen länger hinder dem eingeheitzten Ofen sitzen oder das Vieh in denen verstopften und finsteren Ställen sich aufhalten.

Alles / alles was da lebet
Sich dann wieder fröhlich weiß /
In der Luft der Vogel schwebet
Bald auch GOTT im Garten preißt ...


Und die Wahrheit zu bekennen / es ist auch diese Belustigung seine Augen also in dem Grün zu weiden und in denen so wunder- und sonderschönen Gärten zu erfrischen ganz und gar nicht zu tadeln besonders / wenn man sie ohne Versaumnus wichtigerer Verrichtungen / und nach seinen ordentlichen Amts- und Berufsgeschäften für die Hand nimmt . . .

Dein Sorgen mit der Freud vermeng /
Wiltu erhalten Lebens-Läng / ...


Ich muß gestehen / ich bin ein Liebhaber des Landwesens / dessen ein nicht geringer Teil die Gärtnerei ist / und bin von Jugend auf gern in demselben Geschäfte gewesen, ich hab aber niemalen dieses eben meine Hauptarbeit sein lassen / sondern es nur für ein Nebenwerk gehalten / wann ich nemlichen von meinem Studieren ermüdet gewesen ...“

Dies spricht doch für sich selbst und erklärt genug; es wird viel von dem Fehlen großzügigen Schaffens im Vergleiche vielleicht mit dem Ausland von dieser innigen Freude im kleinen wohl aufgewogen.

Abb. 10 Gartenbild der Villa d’Este, aus Percier et Fontaine. (S. 24.)

Dieses Kapitel ist Teil des Buches Studien über Renaissance-Gärten in Oberdeutschland