Mecklenburg (Ludwigslust), Schleswig und Holstein

Ludwigslust heißt eine „unendliche Kaserne“ und hinzugefügt wird: „Es gibt nichts Langweiligeres, wie der gleichen Städte, die auf eines Gebieters Wink entstanden sind und in ihren öden Gassen nicht die geringste Lebenskraft entwickeln können.“

Die Satire, womit Mecklenburg heimgesucht wird, ist sehr spitz und peinigend, und bei derselben Gelegenheit werden über das europäische Besteuerungswesen recht durchdringliche volkstümliche Worte gesprochen. Allein obwohl man nicht verkennen kann, dass die „Streifzüge“ eine entschiedene Parteischrift sind, und obwohl aus manchen Stellen derselben der Anschein eines echt-demokratischen Verfassers hervorgeht; so lässt sich doch auch im Ganzen eine Seite aristokratischer Gesinnung an ihm oder eine Hinneigung dazu nicht ableugnen. Das ist einer von den Widersprüchen so vieler Freigesinnten unserer Zeit. Eine lebendige Schilderung der Ausfahrt aus Ludwigslust schließt das erste Kapitel.


Der Abriss der politischen Geschichte der Herzogtümer Schleswig und Holstein ist, nach Vorbildern, im Ganzen geschickt gearbeitet und enthält stellenweise gelungene Schilderungen. Wo von dem Aufhören der Landtage in diesen Herzogtümern die Rede ist, da stellt sich die folgende bezeichnende Ställe als bemerkenswert dar und verlangt hier einen Platz als Zeugnis des Verf.

S. 380, Thl. l: „Die ständische Vertretung hörte in der Wirklichkeit auf, sie schlief ein. Ein paar gehorsam demütige Mahnungen blieben unberücksichtigt und wie ein mitleidiger Scherz oder wie Hohn über die Herabwürdigung und Schwäche des Landes klingt es, Wenn die Könige bei ihrem Regierungsantritt jedesmal jene Privilegien bestätigten, welche verstaubt und wurmstichig in den Archiven lagen. Die bedientenhafte Untertänigkeit, wozu das Volk nun erzogen ward, die kastenhaften Trennungen, die Herabwürdigung jeder Selbständigkeit, der Dünkel des Adels, der Beamten, der Geistlichkeit, die Verdummung des Volks und die geflissentliche Förderung seiner bürgerlichen Vorurteile, seiner Gewerbs- und Standeseitelkeiten, endlich die Gewissheit, dass jeder Widerspruch gegen die Mächtigen und Höherstehenden wie ein schreckliches Verbrechen schonungslos gestraft werde — diese Zustände waren allgemein in ganz Europa dieselben und bezeichnen gleichmäßig den traurigen Verfall des Rechts, der Sittlichkeit und der bürgerlichen Freiheit.“

Am anziehendsten und lehrreichsten für Viele ist außer der Beschreibung Hamburgs im zweiten Bande sicherlich der erste Band. Der Verf. hat die Unterschiede der Volkskraft und der Volksregierung hier von der Macht der Aristokratie und der goldnen, Aristokratie, dort von der Gewalt des Absolutismus und der Bureaukratie mit Gewandtheit und gemäß der Zeittendenz gezeichnet.

Die Landesverhältnisse Schleswig-Holsteins zu Dänemark sind im siebenten Kapitel kurz und fasslich und im Sinne der Herzogtümer dargestellt. Der Verf. hat dazu ganz hinreichende Hilfsmittel in Händen und vor Augen gehabt. Die politischen Fragen der Gegenwart waren frisch im Werden, und um mit denselben und ihren Ursachen vertrauter zu werden, als einem Ausländer und Fremdling in der Regel vergönnt ist, dazu fanden sich zahlreiche und reichliche Quellen von selbst. Er hat eine sehr gute Meinung von dem „kräftigen und freien Sinn des Volkes der Herzogtümer Schleswig-Holstein“, und zieht dieselben mit Bezug auf ihre von ihm gepriesenen Verfassungs- und Assoziationsrechte dem „preußischen Beamten- und Polizeistaate“ bei weitem vor. Und doch äußert er sich an einer andern Stelle also: „In Schleswig-Holstein gibt es wenige Männer, die bis zu republikanischen Grundsätzen fortgeschritten wären.“ Das ist ein harmloses und wahres Wort.

Mehr als die Hälfte des Gesamtinhalts des ganzen Werks betrifft den politischen Streit der Herzogtümer Schleswig und Holstein mit Dänemark und der dänischen Regierung, und das zehnte Kapitel, dessen beide letzte Seiten die besten dieses Kapitels sind, stützt sich ganz auf Samwer; samt manchem Andern von dem politischen Stoff in den übrigen Kapiteln, dessen nächste Beziehung unsere Herzogtümer sind. Der Verf. der „Streifzüge“ war; wie gesagt, Teilnehmer an den Festlichkeiten in Augustenburg im Jahre 1845 gewesen, war hier sehr befriedigt worden und schied mit den günstigsten Eindrücken und persönlich eingenommen für den Herzog von Augustenburg. Sein Interesse an diesem Herzoge ist kein bloß historisches, auch kein völlig ihm eingeredetes. Häufig gründen sich die Nachrichten in den Streifzügen auf „so erzählte man mir“, und "manches lange Stück abgeschriebene Geschichte“, manche Fancy und manche tönende Äußerung eines nicht unzaghaften Gemütes findet sich in diesem Werk. Schonungslos und ohne Rückhalt — wiederum Sinn unserer Herzogtümer in dieser aufgeregten Zeit — ist das Urteil über die dänische Hauptstadt, die „Zentralisation des ganzen Dänemarks in dieser einen Stadt“, die „absolute Monarchie, welche jetzt auf ihren morschen Beinen hin- und herwackelt“ und die „unnütze“ Flotte.

Alle Diejenigen, deren Namen in den Streifzügen rühmlich genannt werden oder doch wenigstens, um den Ausdruck zu mildern, die meisten davon werden dieses neueste Werk von Herrn Mügge in aller Hinsicht loben und kein Buchstäbchen darin einem Tadel aussetzen, sondern es auf alle Weise schützen und verteidigen; denn wie wenige unter den Menschenkindern, die in Wahrheit in vielen Kleinlichkeiten Kinder sind, wenn auch nicht im Herzen, sind fähig, dem gefährlichen öffentlichen Lobe zu widerstehen. Ref. kann es nicht verschweigen, dass es ihm sogleich beim ersten Blick auf das Titelblatt der Streifzüge etwas auffallend gewesen ist, dass der berlinische Tourist unserer Herzogtümer diese Schrift in Frankfurt, der deutschen Bundesstadt, hat erscheinen lassen. Es mag sein, dass dieses nur ein Zufall ist und keine Absicht darin liegt, allein der schlichte, echtgermanische Mensch hat eine Abneigung gegen alles Erkünstelte. Viel Feuer und Phantasie findet sich in Herrn Mügges Darstellungen nicht, manchmal sind seine Bilder treffend und schlagend, aber einen bilderreichen Stil hat er nicht; sein Stil ist etwas trocken und träge, und seine Sprache nicht anziehend genug. Das Gedankenreiche und Inhaltschwere wird so oft vermisst. Im Einzelnen findet sich viel in den Streifzügen, was zu berichtigen und zu tadeln ist, und Ref. will jetzt darauf hinweisen, sowohl um der Sache selbst, als um der Leser willen, nämlich derjenigen Leser, welche das Werk gelesen haben oder lesen werden.