Livadia, Orianda

Die nächsten beiden Tage hatten wir das prachtvollste Wetter zu unseren Ausflügen in die Umgegend. Es sind hauptsächlich drei Landsitze, welche den Fremden anziehen: Livadia, Orianda und Alupka. Ersteres, von einem Grafen. Potocki angelegt, und jetzt im Besitze des Kaisers, liegt zunächst Jalta, etwa 500 Fuß über dem Meere, und erstreckt seinen wohlgepflegten aber noch ziemlich jungen Park bis an dieses herunter. Es enthält kein eigentliches Schloss, wohl aber einen Komplex mittelgroßer Landhäuser, von denen das vom Großfürsten Thronfolger bewohnte, in einem reich geschmückten Chaletstil erbaut, sich inmitten des dichten Grüns reizend ausnimmt. Etwa eine halbe Stunde oberhalb Livadia, und einige hundert Fuß höher gelegen, hat die Kaiserin in jüngster Zeit sich eine Villa Ereklik (tatarisch: Pflaumengarten) bauen lassen, um in den Sommermonaten vor der sengenden Hitze, die durch die Spiegelung des nahen Meeres für Livadia noch vermehrt wird, geschützt zu wohnen. Orianda, dem Großfürsten Constantin gehörig, liegt unweit hinter Livadia, und bedeutend tiefer als dieses, nahe am Meere; zwei schroff hervorspringende felsige Vorgebirge schließen es nach außen fast gänzlich ab, und geben ihm dadurch eine etwas gedrückte Lage, die in der Sommerhitze beängstigend wirken muss. Das Schloss selbst ist nach Plänen von Schinkel erbaut, und trägt den Stempel der Nüchternheit der dreißiger Jahre: sehr viel gerade Linien und gänzlicher Mangel an Ornamenten auf seinen mächtigen vier weißen Fassaden. Mag diese Architektur für Schlossbauten in unserer nüchternen norddeutschen Gegend ihre Vorzüge haben, in ein an Naturschönheiten so reiches und mit so üppigen Formen begabtes Land gehört sie gewiss nicht. Der Garten ist dagegen der Örtlichkeit vortrefflich angepasst, und bietet eine Fülle der schönsten Punkte.