Alupka. – Der Wasserfall

Die Perle der Landsitze ist Alupka, Eigentum des Fürsten Worontzoff. Es liegt ziemlich zwei Meilen von Jalta entfernt an der Straße nach Sebastopol, und besitzt außer anderen Vorzügen auch den eines erträglich sauberen kleinen Gasthofes. Das Schloss trägt einen Charakter, der sich schwerlich in Europa wiederfindet; ziemlich so hoch wie Livadia über dem Meere gelegen, ist sein Bau der eines mächtigen gotischen Kastells, mit Türmen und Erkern besetzt, vorn von einer großartigen Terrasse, nach hinten von mehreren mittelalterlichen Burghöfen umschlossen, und über und über von einem Gewirr von Epheu und schönblühenden Schlingpflanzen bedeckt; dabei ist jedes Detail in maurischem Stile gehalten. Diese Mischung zweier fremden Stile, weit entfernt das Auge zu beleidigen, erscheint hier als das Natürliche und der Umgebung einzig angemessene; das Auge ruht mit unwillkürlichem Wohlgefallen auf den kühnen Linien des aus einem hellgrauen Steine ohne Putz aufgeführten Gebäudes, und vergisst die Kränkung, die ihm die steifen geraden Linien von Orianda angetan hatten. Der Garten steht dem von Orianda würdig zur Seite und bietet eine Fülle der herrlichsten Blicke auf die Meeresküste und die oberhalb des Schlosses steil emporstrebenden Berge. Die Gegend zwischen Alupka und Orianda, sowie östlich von Jalta, ist mit kleineren Landsitzen ausgefüllt, meist in einfachem Stile gehalten und fast immer vom dicksten Grün dem Auge verdeckt; auch westlich von Alupka, bis nach dem Baidartor hin finden sich solche. Man hat diese Küste oft mit der Riviera di Genova verglichen, meines Erachtens mit Unrecht; denn ihr Charakter ist durchaus verschieden. Dort in Italien ist alles Licht und Lehen, ein munteres Dorf, ein prächtiges altes Schloss des Genueser Adels reiht sich an das andere, nur vereinzelte Platanen, Nussbäume und Pinien werfen ihre Schatten, während der Ölbaum dem Lichte zwar seine sengende Kraft, nicht aber seine Helligkeit nimmt; hier dagegen herrscht tiefe Stille, üppiger Pflanzenwuchs verdeckt jede menschliche Wohnung, und an dem einzigen fahrbaren Wege liegt nur hin und wieder ein ärmliches tatarisches Dörfchen, dessen verschleierte Frauen still über die Straße huschen.

Unser zweiter Tag galt einem Besuch bei dem Wasserfall im Gebirge dessen Sprühregen von Jalta aus sichtbar ist. Wir mieteten Pferde, sehnige kleine Tiere, die vortrefflich klettern; die Vermieter sind Tataren, die damit recht gute Geschäfte machen und sich in der reichen Levantiner Tracht, die sonst keiner ihrer Landsleute in der Krim trägt, augenscheinlich als vollendete Dandys vorkommen. Der Weg führt an Livadia vorbei aufwärts durch Buchenwälder, welche weiter oben in einen herrlichen alten Kiefernbestand übergehen, der Wasserfall selbst, in trockenen Zeiten nur ein Wasserfallen, gab nach dem reichlichen Regen der letzten Tage an Stärke dem Reichenbachfall im Berner Oberland nur wenig nach; die Aussicht nach rückwärts umfasste die Bucht von Jalta und hatte einen sehr lieblichen Charakter. Zum Herabweg benutzten wir teilweise eine sogenannte Schurre, was unsere Pferde aber keineswegs genierte. Am Abend gingen wir an Bord des Dampfers, der uns nach dem Kaukasus führen sollte; es war die Cesarewna, ein schönes neues Schiff, dessen Einrichtung alle die Bequemlichkeiten bot, die man sich für eine mehrtägige Seefahrt nur wünschen konnte.