Stralsund, Mittwoch den 03. Januar 1844 - Tages-Begebenheiten

Aus: Sundine: Unterhaltungsblatt für Neu-Vorpommern und Rügen, 18. Band 1844
Autor: Redakteur: F. v. Suckow, Erscheinungsjahr: 1844
Themenbereiche
Enthaltene Themen: Deutschland, Kultur, Nachrichten, Meldungen, Neuigkeiten, Schlagzeilen
Aus Wien berichtet man: Fanny Elsler hat sich endlich doch bewegen lassen, zum Besten öffentlicher Wohltätigkeits-Anstalten zu tanzen. Das Publikum war entzückt und beide Male erschienen II. MM. und der Hof. Unsere Damenwelt aber bewunderte am meisten den Reichtum ihres Schmuckes mit dem sie erschien; manche Fürstin dürfte sie beneidet haben. Das zweite Mal war sie mit einem Diadem, das einer Königin nicht unwürdig gewesen wäre, geschmückt.

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Ihr Busen war mit einer Diamanten-Schleife, so wie ihre Arme mit kostbaren Bracelets, welche die Augen blendeten geziert. Die Einnahmen für die Armen betrugen gegen 5- bis 6.000 G.. — Die franz. Schauspieler-Gesellschaft hat fortwährend volle Häuser am Kärthnertor-Theater. Unser Adel und die Elite der Gesellschaft füllen stets das Haus. Auch der Hof scheint dieses Theater sehr zu begünstigen.

Zu Paris schreibt man vom 20sten d. M.: Die Leiche des verstorbenen Dichters Delavigne ist vorgestern, begleitet von der trauernden Witwe, hier angekommen. Heute Vormittag wurden die sterblichen Überreste, unter unermesslichem Volkszulauf, in einem eben so glänzenden als rührenden Leichenzug nach der Kirche St. Vincent de Paul, und von dort nach dem Friedhofe des Pere Lachaise gebracht. Von allen Leidtragenden hatte, als die erste, sich Wille Mars eingefunden, um an dem, auf einem Katafalk ausgestellten Sarg zu beten und einen Lorbeerkranz zu überbringen. An 10.000 Personen aus den angesehensten Klassen der Gesellschaft folgten dem Trauerwagen, unter ihnen die Herren Billemain, Guizot, Thiers, Montalivet, Zanin, Victor Hugo, viele Pairs und Deputierte und fast alle Akademiker. Mehr als 200 Equipagen, darunter zwei königliche Hofwagen und einer des Herzogs von Remours, schlossen den Zug. Am Grabe wurden mehrere Reden gehalten, namentlich von Victor Hugo, im Namen der französischen Akademie, von Samson, im Namen des französischen Theaters, von dem Sr. v. Montalivet, von Fr. Soulié, im Namen der Kommission dramatischer Autoren, und von Ch. Ostrowski, im Namen der Polen.

Französische Zeitungen enthalten Mitteilungen über die letzten Augenblicke des verstorbenen Dichters Casimir Delavigne. Abends um 8 Uhr bat er seine Frau, dem Sohn etwas vorzulesen. Sie nahm W. Scotts Guy Manuering und las etwa eine dreiviertel Stunde. Da bat der Kranke um ein Glas Wasser; als sie einige Vorbereitungen machte, ihm das Glas zu reichen, rief er: Gib es mir nur her, ich bin stark genug, und richtete sich mühsam auf, indem er den Kopf auf die rechte Hand stützte. So bat er seine Frau fortzulesen, was diese auch tat, obwohl sie sehr aufgeregt war. Du lässt ganze Stellen aus, sagte der Kranke, wandte sich an seinen Sohn, bog sich zurück und war tot.

Aus Hirschberg berichtet man: In Kupferberg ist das Verbrechen einer Leichenberaubung entdeckt worden. Der dasige Totengräber, beschuldigt, Leichen im Grabe ihre letzte Hülle, Kleidung und Sarg entwendet zu haben, befindet sich bereits in Haft. Die Särge sollen durch einen Tischler, der ein kleines Sarg-Magazin hielt, immer wieder verkauft, und aus den leinenen Hüllen Puppen und dergleichen gefertigt worden sein.

Aus Elbing meldet man: Der neuliche Sturm hat auch auf der Rogat einen betrübenden Unglücksfall veranlasst. Bei Zeyer wollten Sonnabend Nachmittag vier Männer aus der dortigen Gegend über den sehr hohe und heftige Wellen schlagenden, Strom sich übersetzen lassen; nahmen jedoch bei der Heftigkeit des Sturmes Anstand den Fährkahn zu besteigen. Der Fährknecht indes, welcher etwas angetrunken gewesen sein soll, sagte ihnen, sie dürften sich nicht fürchten, es sei seine Sache, sie hinüberzuschaffen. Hierdurch verleitet, stiegen sie in den Kahn und dieser stieß vom Ufer ab. Eine kurze Stricke von demselben, schlug indessen der Kahn plötzlich um, und sämtliche auf ihm befindliche Personen ertranken.