Berlin, am 21. Oktober.

Unser Leben ist unser bestes Gedicht. Die Schlüsse, die uns das Schicksal in die Feder diktiert, sind die ergreifendsten.

Eben, wo dieser letzte Bogen in die Druckerei gehen soll, erhalte ich einen Brief mit dem Zeichen eines Schiffs gesiegelt, in dessen Segel ich die Initialen des Seefahrers und Romandichters Heinrich Smidt*) erkenne.


„Mein Neffe", schreibt er, „Herr Carl Felix von Westerland auf Sylt, war in diesen Tagen hier. Er brachte mir die Nachricht mit, dass mein alter Freund, der Kapitän Dirck Meinerts Hahn, mit Tode abgegangen ist." — — — — — —

Guter, alter, freundlicher Mann! Du sitzest nicht mehr am Fenster Deines Hauses unter den Dünen. Du lachst nicht mehr, Du erzählst nicht mehr. Ich werde Dich nicht wiedersehen, wenn ich die kühle Friesland-Insel aufs Neue besuche. Du liegst nun bei der kleinen Kirche von Westerland zur Seite Deiner Frau Hedwig, die Dir im Tode vorangegangen. Die Heide rauscht über Euch. Die Stürme des Herbstes brausen über Eure Hügel, und wenn der Sommer kommt, werden die kleinen Bienen darüber summen . . . . . Schlafe wohl, guter, alter, freundlicher Mann!

*) Auch er — wackerer Mann! — ist, mit den Seinen, längst gestorben, und nur das kleine Haus in der Krausenstraße zu Berlin, welches er bewohnt hat, erinnert mich noch zuweilen an die frohen Sonntagabende, die ich dort verbracht. (Anmerkung a. d. J. 1876.)
Dieses Kapitel ist Teil des Buches Stillleben auf Sylt