Am Abend desselben Tages (An Bord der "Ida".)
Wie bunt, bei Sonnenuntergang, war das Ufer von Nösse, woselbst wir uns einschifften! Es sah wie ein Lagerbild aus oder wie eine Auswanderszene. Da brannten kleine Feuer, über denen Wasserkessel hingen, und ihr bläulicher Rauch wirbelte in die Scheideglut des Westens empor. Da standen Karren und Pferde und friesische Jungen dazwischen mit langen, falben Haaren — solche, wie mich am Tage der Ankunft empfangen hatten. Da waren Gesellschaften von Herren und Damen, welche an die Küste nach Schleswig oder nach Hamburg zurückfahren wollten — da waren Frauen und Mädchen und Knaben, welche mit Kieseln nach den Seevögeln warfen, dass sie erschreckt auffuhren und sich im Glanze des Abends verloren. Da war halb Westerland versammelt, um Abschied zu nehmen, und da war ein Händeschütteln und ein Bitten, Sylt nicht zu vergessen, und ein Versprechen, im anderen Jahr wiederzukommen — und endlich, als die „Ida", von Föhr herandampfend, Anker warf, ein Stürzen nach den Booten und ein Schieben der Männer, die nackt bis übers Knie im schwarzen Schlick standen. Und dann kam noch einmal Wulff Manne Dekker an Bord, um jedem Einzelnen die Hand zu drücken, und wie er nun die Schiffsleiter hinabstieg in das letzte Boot, welches zurückging, und dann langsam in der Dämmerung des Abends und dem Nebel des Meeres verschwand, war er das Letzte, was wir von Sylt sahen.
Dieses Kapitel ist Teil des Buches Stillleben auf Sylt