Spuksichtige Pferde

Autor: Ueberlieferung
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Ein Landmann aus dem Kirchspiel Wiarden im Jeverland fuhr mit seiner Schwester und einer Nichte zu Schlitten nach Minsen, um die Pastorenfamilie zu besuchen. Die beiden Mädchen waren mit den Pastorentöchtern lustig und schwatzten, dieweil der Pastor mit dem Landmann in den Krug ging. Gegen zehn Uhr abends wurde wieder vorgespannt, und der Landmann wählte von der Pastorei aus einen anderen Weg, der aber bald wieder mit der eigentlichen Landstraße zusammenläuft. Kaum war er auf dem neuen Wege eine Strecke gefahren, so fingen die Pferde an zu stutzen und wollten nicht aus der Stelle.

Der Kutscher stieg ab, faßte die Pferde am Zügel und brachte so das Fahrzeug ein paar Schritt weiter. Wenn er sich aber aufsetzte, ging's mit den Pferden wieder nach der alten Weise. Krugleute kamen dazu und halfen, aber die Pferde waren kaum aus der Stelle zu bringen. Als sie endlich mit Mühe und Not die eigentliche Landstraße erreichten, ging es mit einem Male flott weiter, und bald waren sie zu Hause. Doch war es zwei Uhr geworden über einen Weg, den ein Fußgänger in einer Stunde zurücklegt.

Einige Zeit darauf verunglückten sieben Schiffer im Horumersiel, die in einer Jolle auf der Jade fuhren und mit ihrem Schiffe umschlugen. Die Leichen trieben am Minser Deich an und wurden alle an einem Tage begraben. Dabei fuhren die sieben Wagen mit den Leichen auf demselben Weg ins Dorf ein, auf dem der Landmann kurz zuvor das nächtliche Abenteuer mit den Pferden gehabt hatte. Nun konnte man sich die Geschichte leicht erklären, die Pferde hatten den Leichenzug vorausgesehen und wollten nicht über ihn hinwegschreiten.