Bischof oder Bader

Als Herzog Ulrich von Württemberg im Jahre 1522 aus seinem Lande vertrieben wurde, sprach er: „Wir wollten Bischof werden, so sind wir Bader worden.“

Die Andeutung des schreienden Auseinanderliegens dieser zwei Würden lässt über den eigentlichen Sinn der Redensart keinen Zweifel übrig. Da heißt es: Alles oder Nichts; aut Caesar, aut nihil; Seß oder Aeß!


Der Bischof ist im deutschen Sprichwort und in der alten deutschen Dichtung stark vertreten, aber nicht immer mit Glimpf. Interressant erscheint uns der Unterschied in einem deutschen und französischen Sprichwort, die beide offenbar dasselbe sagen wollen. Im Deutschen heißt es: „Mir ist ein hülzin Bischof lieber, denn ein stummer Herre;“ im Französischen lautet es:

Crosse de bois, évesque d'or
Évesque d'bois crosse d'or. Deutsch:
Hölzerner Stab und goldener Bischof;
Hölzerner Bischof und goldener Stab.

Fleury de Bellingen, dieser liebenswürdige Kommentator alter Sprichwörter, führt den Ursprung dieser treffenden Redensart auf die ersten Zeiten des Christentums zurück, in welchen nach jenen, denen man die bischöfliche Würde übertragen wollte, sorgfältige Nachforschung gehalten und nur Tugend und wahres Verdienst dabei berücksichtigt wurden. Die Einfachheit der Sitten war damals noch so groß, dass man, wenn man Bischöfe weihete, ihnen einen Holzstab statt des Bischofsstabes in die Hand gab. Als später die Fürsten die christliche Religion annahmen, und der überall zunehmende religiöse Eifer die Zahl der Priester und Prälaten vermehrte, so geschah es, dass man nicht mehr, wie bis dahin, auf die Tugend und das wahre Verdienst Bedacht nahm, und als gar die weltliche Macht die Bischöfe und Prälaten mit Gütern und andern Reichtümern ausstattete, verminderte sich die alte Einfachheit und Reinheit der Geistlichkeit in demselben Verhältnisse, als die Reichtümer derselben zunahmen. Das schlichte Volk bezeichnete diese Umwandlung treffend mit: „hölzerner Stab, goldener Bischof, goldener Stab hölzerner Bischof,“ deren Nutzanwendung wir unseren Lesern um so lieber überlassen, als sie sich jeder nach dem Reichtum seiner Fantasie nach Belieben paraphrasiren kann. Die Redensart „sich um des Bischofs Mantel raufen“ ist schon beim „Streit um des Kaisers Bart“ (17) erörtert worden.

Im Deutschen heißt es noch: „Jeder Bischof ist Papst in seinem Sprengel, und jeder Pfaf ist Bischof in seiner Parochei“ und auch: „Der Bischof nit allwegen weihet,“ welche Redensarten sich von selbst leicht verstehen. Einen derben Witz haben, die Franzosen in die Redensart gefasst: Évêque des champs qui donne la bénédiction avec les pièds d. i. der Feldbischof der mit den Füssen den Segen gibt, worunter sie einen „Gehängten“ verstehen, den man etwa in einem deutscheu Witzspiele ein „Windspiel“ nennen könnte, weil der Wind mit ihm spielt.