Drohnoten des Auslandes.

Auch in Russland und Frankreich wissen die sozialdemokratischen Regierungen der inneren Schwierigkelten nicht Herr zu werden. Sie suchen deshalb den Unmut ihrer Bevölkerung nach außen abzulenken. Der Dreibund ist von den sozialdemokratischen Regierungen sogleich ausgelöst worden. Augenblicklich wird Österreich-Ungarn von Italien in Istrien und Wälschtirol bedroht. Dieser Zeitpunkt erscheint Frankreich und Rußland günstig, um gegen Deutschland vorzugehen. Beide Staaten haben an unser auswärtiges Amt gleichlautende Noten gerichtet, in denen binnen 10 Tagen Bezahlung der aufgelaufenen Warenschulden Deutschlands verlangt wird.

Wie kommt denn Frankreich dazu? Wir haben doch im Grunde genommen nur noch Weinschulden an dasselbe für einige Millionen Flaschen Champagner, welche in ersten Freudenrausch nach der großen Umwälzung und von der staatlichen Regelung der Konsumtion bei uns vertrunken worden sind. Aber Rußland hat hinterlistiger Weise einen Teil seiner Forderungen an uns an Frankreich zediert, um eine Grundlage zu schaffen für ein gemeinsames Vorgehen. Unsere Schulden an Rußland sind jetzt allerdings bis über eine Milliarde Mark aufgelaufen, obgleich mir nur die auch früher stattgefundene Lieferung von Getreide, Holz, Flachs, Hanf u. f. w. bezogen haben, weil wir alles dies zu unserem Volksunterhalt absolut nicht entbehren können. Die Fabrikate, welche wir sonst an Rußland und Frankreich zum Ausgleich lieferten, sind in der letzten Zeit fast sämtlich als angeblich mangelhaft und nicht preiswürdig dort zurückgewiesen worden. Früher hätte man den Russen einfach die russischen Papiere oder deren Kupons, von denen damals in Deutschland genug vorhanden waren, in Zahlung geben können. Jetzt fehlen uns in Ermangelung von Wertpapieren und Edelmetallen Ausgleichsmittel solcher Art.


Das wissen unsere beiden braven Nachbarn auch sehr wohl, und haben deshalb in ihren Noten durchblicken lassen, daß sie im Falle längeren Säumens in der Bezahlung der Schuld sich genötigt sehen würden, Teile von Posen und Ostpreußen sowie Elsaß-Lothringen in Pfandbesitz zu nehmen. Beide Staaten erklärten sich bereit, eventuell in Verhandlungen zu treten über Erlass der Schulden, falls Deutschland geneigt sei, diese Landesteile endgültig abzutreten. Ist dies nicht eine beleidigende Frechheit sondergleichen?

In Deutschland ist an ausgebildeten Mannschaften, Gewehren, Pulver und Blei kein Mangel. Alles dies ist von dem früheren Regiment reichlich hinterlassen worden. Aber leider mangelt es in Folge des Rückgangs der Produktion und der Folge der Aufzehrung der Vorräte auf den Eisenbahnen an Kohlen für die Militärtransporte, während die Festungen und Feldintendanturen über Mangel an Fleisch, Mehl und Hafer für den Unterhalt der Truppen klagen.

Inzwischen haben die Franzosen das Großherzogtum Luxemburg annektiert. Dasselbe ist nach Auflösung des Zollvereins sozusagen ins Freie gefallen. Die Missstimmung über die Auflösung der alten Handelsbeziehungen zu Deutschland ist von einer Partei im Lande benutzt worden, um die Franzosen herbeizurufen. Dieselben sind auch alsbald über Longwy eingerückt. Französische Kavallerie ist schon an der luxemburgisch-deutschen Grenze vor Trier gesehen worden.


Dieses Kapitel ist Teil des Buches Sozialdemokratische Zukunftsbilder