Berufswahl.
Große, rote Plakate an den Anschlagsäulen, wie ehedem bei Aushebungen und Kontrollversammlungen des Militärs. Dichte Gruppen stehen davor. Nach Maßgabe des neuen Gesetzes fordert, der Magistrat im Auftrage der Staatsregierung alle Personen, männlich oder weiblich, im Alter von 21—65 Jahren zur Berufswahl auf binnen 3 Tagen. Auf allen ehemaligen Polizeibureaus und Standesämtern werden Erklärungen entgegengenommen. Frauen und Mädchen wird ausdrücklich in Erinnerung gebracht, daß sie vom Tage des Arbeitsantritts in den Staatswerkstätten, welcher noch näher bekannt gemacht werden würde, in der eigenen Häuslichkeit befreit sind vom Kinderwarten, von Bereitung der Mahlzeiten, Krankenpflege und Wäsche. Alle Kinder werden in Kinderpflegeanstalten und Erziehungshäusern des Staates untergebracht. Die Hauptmahlzeit ist in den Staatsküchen des Bezirks einzunehmen. Alle Erkrankten sind an die öffentlichen Krankenanstalten abzuliefern, die Leib- und Bettwäsche wird zur Reinigung in großen Generalanstalten abgeholt. Die Arbeitszeit ist in allen Berufsarten für alle Männer und Frauen in den Staatswerkstätten und bei sonstigen öffentlichen Dienstleistungen die gleiche und beträgt bis zur anderweitigen Festsetzung 8 Stunden täglich.
Über die Befähigung zu der gewählten Arbeit sind Bescheinigungen beizubringen, die bisherige Berufsarbeit ist auf den Meldungen anzugeben. Meldungen in dem Beruf als Geistlicher werden nicht angenommen, da laut Beschluss des Erfurter Parteitages vom Jahre 1891, welcher in das Staatsgrundgesetz übergegangen ist, alle Aufwendungen zu religiösen und kirchlichen Zwecken aus Staatsmitteln verboten sind. Denjenigen Personen, welche sich trotzdem dem geistlichen Beruf widmen wollen, bleibt es freigestellt, dies in ihren Mußestunden zu tun nach Erfüllung der normalen Arbeitszeit in einem staatsseitig anerkannten Berufe.
Das Leben auf den Straßen glich nach Bekanntwerden dieser Aufforderung demjenigen an den Musterungstagen in einer Kreisstadt. Die Personen gleicher Berufsart taten sich truppweise zusammen und durchzogen, mit Abzeichen des gewählten Berufs geschmückt, singend und jubelnd die Stadt. Frauen und Mädchen stehen umher und malen sich die Annehmlichkeiten des gewählten Berufs nach Befreiung von der Hausarbeit in lebhaften Farben aus. Man hört, dass sich viele Personen einen neuen Beruf gewählt haben. Manche scheinen zu glauben, daß die Wahl des Berufes schon gleichbedeutend sei mit der Einstellung in denselben.
Ich, mein Sohn Franz, meine Schwiegertochter Agnes, wir alle werden dem bisherigen Beruf, den wir lieb gewonnen, treu bleiben und haben dies auch erklärt. Meine Frau hat sich als Kinderpflegerin gemeldet. Sie will als solche ihrer vierjährigen Jüngsten, Annie, welche wir an die Kinderpflegeanstalt werden abliefern müssen, auch fernerhin ihre mütterliche Sorgfalt angedeihen lassen. —
Nach dem Straßenkrawall vor dem Schloss hat das Ministerium beschlossen, eine Schutzmannschaft in einer Stärke von 4.000 Köpfen wieder einzurichten und dieselbe teilweise im Zeughause und der anschließenden Kaserne zu stationieren. Um frühere unliebsame Erinnerungen zu vermeiden, werden die neuen Schutzmänner keine blauen, sondern braune Uniformen und statt des Helms einen Schlapphut mit einer roten Feder tragen.
Über die Befähigung zu der gewählten Arbeit sind Bescheinigungen beizubringen, die bisherige Berufsarbeit ist auf den Meldungen anzugeben. Meldungen in dem Beruf als Geistlicher werden nicht angenommen, da laut Beschluss des Erfurter Parteitages vom Jahre 1891, welcher in das Staatsgrundgesetz übergegangen ist, alle Aufwendungen zu religiösen und kirchlichen Zwecken aus Staatsmitteln verboten sind. Denjenigen Personen, welche sich trotzdem dem geistlichen Beruf widmen wollen, bleibt es freigestellt, dies in ihren Mußestunden zu tun nach Erfüllung der normalen Arbeitszeit in einem staatsseitig anerkannten Berufe.
Das Leben auf den Straßen glich nach Bekanntwerden dieser Aufforderung demjenigen an den Musterungstagen in einer Kreisstadt. Die Personen gleicher Berufsart taten sich truppweise zusammen und durchzogen, mit Abzeichen des gewählten Berufs geschmückt, singend und jubelnd die Stadt. Frauen und Mädchen stehen umher und malen sich die Annehmlichkeiten des gewählten Berufs nach Befreiung von der Hausarbeit in lebhaften Farben aus. Man hört, dass sich viele Personen einen neuen Beruf gewählt haben. Manche scheinen zu glauben, daß die Wahl des Berufes schon gleichbedeutend sei mit der Einstellung in denselben.
Ich, mein Sohn Franz, meine Schwiegertochter Agnes, wir alle werden dem bisherigen Beruf, den wir lieb gewonnen, treu bleiben und haben dies auch erklärt. Meine Frau hat sich als Kinderpflegerin gemeldet. Sie will als solche ihrer vierjährigen Jüngsten, Annie, welche wir an die Kinderpflegeanstalt werden abliefern müssen, auch fernerhin ihre mütterliche Sorgfalt angedeihen lassen. —
Nach dem Straßenkrawall vor dem Schloss hat das Ministerium beschlossen, eine Schutzmannschaft in einer Stärke von 4.000 Köpfen wieder einzurichten und dieselbe teilweise im Zeughause und der anschließenden Kaserne zu stationieren. Um frühere unliebsame Erinnerungen zu vermeiden, werden die neuen Schutzmänner keine blauen, sondern braune Uniformen und statt des Helms einen Schlapphut mit einer roten Feder tragen.
Dieses Kapitel ist Teil des Buches Sozialdemokratische Zukunftsbilder