Um die deutsche Gemütlichkeit ist es ein schönes Ding und was kann namentlich dem Niedersachsen gemütlicher sein, als ...

Um die deutsche Gemütlichkeit ist es ein schönes Ding und was kann namentlich dem Niedersachsen gemütlicher sein, als seine angeborne Sprache. Doch ein schöneres Ding ist der mutige Entschluss, die Gemütlichkeit einstweilen auszuziehn, wenn sie uns zu enge wird.

Grade das behaupte ich von der und gegen die plattdeutsche Sprache. Sie ist dem Verstand der Zeit längst zu enge geworden, ihr Wachstum hat bereits mit dem sechszehnten Jahrhundert aufgehört, sie kann die geistigen und materiellen Fortschritte der Zivilisation nicht fassen, nicht wiedergeben und daher verurteilt sie den bei weitem größten Theil der Volksmasse in Norddeutschland, dem sie annoch tägliches Organ ist, zu einem Zustande der Unmündigkeit, Rohheit und Ideenlosigkeit, der vom Zustand der Gebildeten auf die grellste und empörendste Weise absticht.


Habe ich Recht oder Unrecht? Steht es nicht so mit dem Volk in Hannover, Westphalen, Meklenburg, Holstein u.s.w.? Wurzelt nicht das Hauptübel im absoluten Unvermögen der täglichen Umgangssprache, den nötigsten Ideenverkehr zu bewerkstelligen?

Dass ich in beiden Unrecht hätte. Aber den Stein, den diese Anklage gegen die plattdeutsche Sprache als eine Feindin der Volksbildung, der geistigen Tätigkeit erhebt, derselbe gewichtige Stein muss erhoben werden von jedem Niedersachsen, jedem Deutschen, dem der materielle und geistige Zustand von Millionen Brüdern, dem die Gegenwart und die Zukunft Deutschlands nicht gleichgültig ist.