Die Polen

Neben den Russen sind die Polen durch ihre staatliche Entwicklung und Geschichte sowohl als durch die große Nationalkultur das wichtigste unter allen slawischen Völkern. Bereits unter Boleslaw I. (1025) erstreckte sich die polnische Herrschaft über das eigentliche Polen hinaus nach Schlesien einerseits und den Dniepr und Kijow anderseits; im Norden war Pommern untertan und die ganze Seeküste bis gen Lithauen gehorchte dem polnischen Zepter. Eben so wurde Böhmen, Mähren, die Lausitz und Meißen erobert. Als aber nach ihm die äußere Macht des Staates durch Zersplitterung des Gebietes geschwächt und die innere Kraft durch Bevorzugung des Adels und dessen immer steigenden Übermut gehemmt wurde, dagegen aber die westlichen Nachbarn ihre Herrschaft immer mehr ausbreiteten und mit Glück und Geschick immer weiteren Einfluss gewannen, musste gar bald vieles von den westlichen Gebieten wieder aufgegeben werden. Erst als durch die Heirat zwischen Hedwig von Polen und Jagiello, dem Großfürsten von Lithauen, auch dieses Land eine dauernde Vereinigung mit Polen einging, wurden die Übergriffe der Feinde, besonders des deutschen Ordens, mit Kraft zurückgewiesen. Letzterer musste sogar die Schutzhoheit des Reiches anerkennen, und Lievland und Kurland wurden polnische Lehen, so dass Polen zu dieser Zeit (1560) der wichtigste Staat im Osten Europas war. Allein schon waren die polnischen Reichstage in ihrer Blüte und der übermütige, jeder höheren Idee bare, dagegen nur sein Privatinteresse suchende Adel kämpfte und rang mit der königlichen Macht um das Übergewicht. Die Reformation streute ihren Samen auch in dieses Land aus und der wildentbrannte Religionshass wurde erst dann gemildert, als der Reichstag von Wilna 1563 den Dissidenten (in denen Protestanten und die hier sehr verbreitete Sekte der Socinianer unterschieden wurden) gleiche Rechte mit den Katholiken zugestand. Das kurz darauf erfolgte Aussterben des kräftigen Jagiellonischen Stammes raubte dem Lande auch diese letzte Aussicht auf Ruhe. Denn von diesem Augenblicke an wurde Polen ein Wahlreich und blieb es durch mehr als zwei Jahrhunderte bis zu einem Untergange. Der Adel wurde der unbedingte Herr desselben und betrachtete es als ein Mittel, seine Privatrache zu befriedigen, fein zerrüttetes Vermögen zu ordnen und feinen ungemessenen Stolz und eine grenzenlose Eitelkeit in allen ihren Auswüchsen zu sättigen. Parteien folgten auf Parteien, die ganze Bevölkerung war zerrissen, nur Geld gab Ansehen und Einfluss, und wer das Meiste bezahlte, hatte das meiste Recht auf Ämter und Würden, ja selbst auf den Thron. Sinnlose Verschwendung zerriss alle Bande der Freundschaft und der Sitte, und um das Maß des Unglücks voll zu machen, regten sich die Jesuiten, und fetzten es durch, dass die alten Rechte der Akatholiken aufgehoben wurden. Alles zeigte deutlich, dass man an der Schwelle stand, in die Barbarei des Mittelalters zurückzugehen. Unter diesen Umständen ward es der schlauen Politik und dem Gelde Russlands ein Leichtes, eine zahlreiche, kompakte Partei sich zu verschaffen und durch sie unbedingten Einfluss auf jede Bewegung im Staate zu gewinnen. Schon Peter der Große setzte die Wahl Augusts II. gegen Ludwig XIV. durch und russische Waffen blieben von nun an herrschend in Polen. Als endlich später Katharina II. ihren Liebling Stanislaw Poniatowski auf den polnischen Thron brachte und fein schwankendes Betragen, so wie religiöser Fanatismus und der Einfluss Frankreichs die Konförderation von Bar und somit den Krieg gegen Russland hervorrief: glaubten die drei Mächte, Österreich, Preußen und Russland, mit Hintansetzung jeder Rücksicht auf öffentliche Moral und Völkerrecht die Zeit herbeigeführt zu haben, sich in die schöne Beute zu teilen. Polen verlor 4.000 Quadratmeilen und Russland übernahm es, die Verfassung der unglückseligen Republik zu ordnen. Durch Preußens Zusicherungen zur Konstitution vom 18. Mai 1791 verleitet, zog sich das Land die zweite Teilung zu; wieder wurden über 5.000 Quadratmeilen ihm entrissen und der Rest wurde unter Russlands Vormundschaft gegeben. Im folgenden Jahre erhob sich Kosciuszko in Krakau und mit ihm die Nation; allein der Fall von Praga führte die dritte und letzte, weil gänzliche Teilung herbei (1795). Zwar gründete Napoleon nach dem Tilsiter Frieden das Herzogtum Warschau und gab ihm einen eigenen Regenten, Aber mit einem Sturze fiel auch dieses und der Wiener Kongress gab das „Königreich Polen“ als einen Teil an Russland, aber mit einer besonderen Verwaltung und ziemlich freien Verfassung. Als aber die allseitigen Bedrückungen Russlands die Novemberrevolution hervorriefen und diese wegen ihrer rein aristokratischen Tendenzen missglückte, ward auch das Königreich dem russischen Staate einverleibt und von dem ganzen ungeheuren Reiche, das einst an 14.000 Quadratmeilen umfasste, blieb nichts als die Pseudorepublik Krakau.

Durch dieses unheilvolle Geschick des Volkes ist auch die polnische Nationalität und Sprache in der schnellen Ausbreitung, welche sie in den vorigen Jahrhunderten gewann, aufgehalten worden; während sie früher durch das große Königreich verbreitet war, ist sie jetzt zumeist auf das Königreich Warschau, dann das Großfürstentum Posen, Nordgalizien und einen Teil Schlesiens beschränkt, wo sie durchweg von dem Volke wie von den höheren und höchsten Ständen gesprochen wird. Die Grenzen des Gebietes, von welchem dieses gilt, sind: Im Norden die Küste der Ostsee, von der Landenge von Hela am Putziger Meerbusen längs dem Meere bis an den See von Schmollin, in welchen der Lapowfluss mündet; dann westlich gegen den deutschen Volksstamm: Anfangs längs der pommerschen Grenze bis gegen Bytow, dann längs den Städten Zastrow, Wirsitz, Chodziez (Chodiessen), Filehne (Wielui), Meseritz, Liffa, Bojanow, Rawicz, Wartenburg, Rosenberg, dann westwärts bis zur Mündung der Neiße in die Oder unterhalb Brieg, und längs dem Bialafluss hinab gegen Zuckmanatel an der österreichischen Grenze; hier fällt fiel dann nach einer östlichen Umbiegung in der Gegend von Troppau mit dem Gebiete des böhmisch-mährischen Dialektes zusammen. Gegen diesen grenzt das Polnische von Oderberg längs der Oder hinab bis an den Tatern-Kamm, wie wir oben gesagt. Von hier aus (um den Jablunka-Pass) läuft die Grenze im Süden gegen die Slowaken (s. oben) auf dem Saume der Karpaten bis nach Piwniczna, wo der Poprad die Grenze dreier Völkerschaften, der Polen, Slowaken und Russinen bildet. Gegen die Russinen nun läuft die Südgrenze durch Galizien längs den Städten: Sandeez, Biecz, Krosno, Brzozow; von hier die Ostgrenze gerade nach Norden hinab, an den Städten: Przeworz, Ležajsk, Krzeszow, Goraj, Turobin, Krasnoslaw, Wolyn, Radzyn, Miedzyrye (Meseritz) längs dem Zaaflusse nach Biala und Sarnaki hin; von da ebenfalls östlich gegen die Weißrussen an den Orten Bransk, Tykoczyn, Knyszyn, Stabin, Lipsk bis nach Grodno hin. Hier bildet der Niemen zum Teil die Nordwestgrenze gegen die Lithauer; von diesem Fluss zieht sie sich längs der Hansche bis gegen Sejny und dann westlich nach Oleszko hin, von welcher Stadt fiel auf das preußische Gebiet zurückkommt, und dann neben der Stadt Goldapp bis nach Darkehmen hinabsteigt. Von hier wendet sie sich westlich gegen die Deutschen im alten Königreich Preußen, mit denen sie an den Städten Rastenburg, Bischofsburg, bis Seeburg hinab, zusammenstößt, dann an die Mündung des Wels in die Drewenz oberhalb Neustadt, Bischofswerder, Gardensee bis nahe an die Weichsel, welche sie jedoch nicht berührt, sondern neben Kulm (Chelmno) vorbei bis Thorn, nach Süden sich windet. Erst hier überspringt fiel die Weichsel, um sich nach der Netze hin bis Nakel zu wenden; von da geht sie wieder nördlich am westlichen Ufer der Weichsel hinab, ohne fiel zu berühren, bis dahin, wo sich der Fluss in zwei Arme (den Nogat) teilt, nachdem sie nun mehrere Meilen dem Laufe des Flusses gefolgt, verlässt sie denselben unterhalb Dirschau noch vor Danzig wieder und läuft nach einer bedeutenden Umbiegung unterhalb Oliva in den Putziger Wil (plucki zaliw) aus. Auf diese Weise würde die slawische Bevölkerung nicht nur von dem größten Teile ihrer ehemaligen Ostseeküste (da nur die Strecke von Hela bis Schmolin von Polen besetzt ist), sondern selbst von der Weichsel, da wo sie ihre ganze Kraft entfaltet, von Thorn aus bis in das Meer, fast gänzlich ausgeschlossen.


Wenn nun in dem von uns so eben umgrenzten Gebiete beinahe die gesamte Bevölkerung das Polnische als seine Muttersprache spricht (die einzelnen Städte in den westlichen Gegenden ausgenommen), so ist dieselbe doch auch noch außerhalb dieser Grenzen verbreitet und zwar nicht bloß über ganz Lithauen, Weiß- und Kleinrussland, sondern auch selbst weit in die russischen Westprovinzen, in den Gouvernements: Wilmo, Grodno, Bialystock, Minsk, Wolynien, Podolien, Kijow, Mohilew und Witebsk; an den Grenzen der Gouvernements von Pfkow, Smolensk, ja an dem Dnjepr bis in das Gouvernement von Cherson hin, so wie im Süden über das ganze jetzige Königreich Galizien. In allen diesen Gegenden ist nicht nur der sämtliche Adel und der größte Teil der Städtebewohner von polnischer Abkunft und spricht das Polnische als seine Muttersprache, sondern dieselbe hat sich auch in unzähligen Kolonien, welche in den früheren Zeiten aus Großpolen hier angesiedelt wurden, in ihrer ganzen Reinheit erhalten, so dass man mit vollem Rechte behaupten kann, in dem ganzen Gebiete, das einst zu der Republik Polen gehörte, sei die polnische Sprache bis auf diesen Augenblick noch die herrschende in den höheren Klassen. Und wie könnte es wohl anders sein. Der Adel in diesem weiten Reiche war grenzenlos stolz auf seine maßlosen Vorrechte, und während er unter sich keinen Unterschied kannte und sich nie anders als: „Herr Bruder“ anredete, verachtete er jeden andern als weit unter ihm stehend, besonders den russischen, den er nicht nur durch politische Stellung, sondern auch durch Bildung und weltlichen Glanz weit hinter sich ließ; wie mochte er also feine Nationalität aufgeben, um ein Knecht des Zaren zu werden? Ein Pole war er gewesen; ein Pole blieb er auch in den Tagen der Trübsal noch. – Aber dieser Stolz war auch auf den polnischen Bauer übergegangen, und wohin er als Soldat oder als Kolonist unter ein fremdes Volk (seien es Russinen oder Lithauer oder Deutsche) kam, da fand er über der Bevölkerung des Landes und das Gesetz sicherte ihm allerlei Vorzüge vor jenem. So blieb auch er Pole und anstatt sich unter dem Volke zu verlieren, erzog er vielmehr durch Familien- und Untertansbande neue Glieder für seine Nationalität.

So wiederhallte die polnische Sprache einst in weiten Ländern und fernen Gebieten, und mit Stolz blickten die Söhne Polens auf sie, das große Erbe ihrer Väter. Nun aber – wie in den Perlen des Wasserstrahls, der von dem Springbrunnen in die Höhe steigt, das Auge der Sonne in tausend Flammen zerschellt, so zerschellt ist auch die Macht der polnischen Nation und zerstreut in alle fünf Welten, und obgleich auch jetzt die herrlichen Laute ihrer Sprache erklingen in Madagascar und Sibirien, in Ost und West, in Süd und Nord, so hallen sie doch nur dumpf und wie in unaussprechlichem Wehe von den blaffen Lippen armer Gefangener oder schuldloser Flüchtlinge, und wo sie einst stolz wiederhallten in den Versammlungen der Edlen und Großen, da tönen jetzt die raue Mundart des Nordens und die Gebote des Zarentums. Und nur zum Scheine hat man der Nation einen Freistaat gebaut, von dessen Zinnen Eule und wilde Adler ihren Flug über die einst so glänzende Tochter Krakusas erheben, und in welchem echte Freiheit und Selbstständigkeit nicht zu finden ist. – Aber wie die Helden von Fischau unter dem Blitzen der Karabiner mit dem alten Spruche: ,,Jeszcze Polska nie zginela“ ihren Geist aushauchten, so rufen auch ihre Unglücksgefährten: „Noch ist Polen nicht verloren!“ und hoffen auf ein anderes Morgenrot.

Im Ganzen zählt Schafarik 9.365.000 Polen, und zwar in Russland 4.912.000, nämlich im Königreiche 3.728.000, in den Westprovinzen 1.184.000; in Oestreich 2.341.000, nämlich im Königreiche von Galizien und Lodomerien 2.149000, im Teschener Kreise in Schlesien 192.000; in Preußen 1.982.000 und 130.000 in Krakau. Dazu müssen nun die Kaschuben gerechnet werden, deren Zahl Schafarik nicht angibt, deren Gesamtheit aber nach Förster, Voigtl, Restorff und Anderen wenigstens mit 100.000 anzunehmen ist, und endlich etwa 7.000 Emigranten (s. u), deren Schafarik auf eine uns unbegreifliche Weise auch nicht mit einem einzigen Worte erwähnt; so dass wir die Gesamtzahl der Polen wohl auf 9.470.000 anschlagen können. Unter diesen zählt Schafarik 8.923.000 Katholiken und 442.000 Protestanten. Letztere sind nur in Preußisch-Polen, sehr wenige im Königreiche.

Wenn nun gleich die polnische Nation durch ihre Anzahl zu einer der stärksten unter den Slawen gehört, so steht fiel doch neben vielen derselben in einem Nachteile, der sich durch keine Mittel beseitigen lässt: es ist dies die Zerrissenheit derselben. Von den Tausenden zu schweigen, welche bereits seit Dezennien ihr Vaterland verlassen haben, um wahrscheinlich nie wieder zurückzukehren, so ist die Hauptmasse des Volkes, wie fiel in dem oben von uns begrenzten Raume sich ausbreitet, unter vier verschiedene Staaten zerteilt. Russland hat den größten Anteil, Österreich ist ebenfalls ansehnlich mit Polen bedacht, Preußen hat ihrer nicht viel weniger, und nur der Freistaat, der mitten unter den drei Staaten liegt, hat die geringste Masse für sich. Alle diese Staaten sind durch hohe Schlagbäume und strenge Zollwachen von einander getrennt und der Verkehr in jeder Hinsicht gehemmt. Wir brauchen nur an die russische Grenzsperre zu erinnern, die bereits zum Sprichwort geworden. Dass auf diese Weise eine gemeinsame Tätigkeit des Volkes unmöglich ist, versteht sich von selbst, wenn man aber bedenkt, dass in Russland das östliche, in Preußen und Oestreich das deutsche Element das herrschende ist und jeder partikularen Kraftäußerung bald mit hinterlistiger Schlauheit, bald mit offener Strenge und Gewalt hemmend entgegentritt, und dass der Pseudofreistaat von allen Seiten die Hände gebunden hat und alsogleich zum Schweigen gebracht wird, wenn er die Lippen zu bewegen versucht; so ist es klar, dass jede nationale Bewegung, sei es im geistigen, sei es im materiellen Fortschritt, bald aus Neid und angestammtem Hasse, bald aus Verdacht durch gegenwirkende Maßregeln neutralisiert und somit dem Volke als solchem jedes Mittel abgeschnitten wird, nach einer höheren Stellung neben feinen Nachbarn emporzuringen. Aber selbst den einzelnen Provinzen für sich wird jeder sich erhebende Flügel beschnitten; denn es liegt nicht im Interesse des Staates, dass die polnische Nationalität sich aufraffe. Wir schweigen von der drückenden Zensur, von Bewachung durch Beamte und geheime Polizei, von Entziehung jeglichen Hebels des Nationalgefühls, von Hintansetzung der einen Nation zum Vorteil der andern, von allen jenen Mitteln, welche einem Staate gegeben sind, um eine untergeordnete Nation in ihrer Niedrigkeit zurückzuhalten. Wir fragen uns, ob es recht ist, dass ein so ausgebreiteter Volksstamm, der eine so ehrwürdige Vergangenheit durchlebt, der eine so herrliche Literatur und ein so großes geistiges Leben entwickelt hat, wie man es den Polen trotz aller ihrer einseitig-aristokratischen Richtung nicht absprechen kann, ohne alle Beachtung gelassen und in das Meer der Vergessenheit geschleudert werde, dermaßen, dass man den Namen „das polnische Reich,“ ja selbst „das Land Polen“ in einem deutsch sein wollenden Staate öffentlich nicht nennen darf?*). Wir fragen nur, ob es klug ist, jede Äußerung der Nationalität mit der größten Ängstlichkeit zurückzuweisen bei einem Volke, das eine Zukunft sich erringen wird und erringen muss, weil es eine Vergangenheit hat, wie dies in einem andern europäischen Staate geschieht? – Wir fragen endlich, ob es recht und klug ist, wenn man Krakau den Namen eines Freistaates und eine liberale Verfassung gibt und ihn doch so behandelt, wie wir es noch unlängst im „Ausland“ (J. 1842. Nr. 129 ff) lesen mussten, als sollte dabei sich den Völkern zeigen, die polnische Nation sei so tief gesunken, dass bei ihrer Behandlung keine Rücksicht auf das, was sie einst waren, zu nehmen sei? Muss ein solcher Fall seiner ehrwürdigen Königsstadt nicht jeden Polen in tiefster Seele kränken und verletzen! Und in der Tat sieht bereits ein großer Teil Polen diese Sache fast nur von diesem Gesichtspunkte an. Ist es wohlgetan, alles Gefühl der Menschlichkeit so zu verletzen, alles Ehrwürdige und Erhabene in den Staub zu beugen?

*) Daselbst wurde noch wenigstens vor Kurzem das Wort „Polen“ jedes Mal vom Zensor gestrichen, außer wenn es „die Polen“ hieß; ja man geht so weit, dass Erzählungen oder Gedichte von emigrierten polnischen Schriftstellern, sobald ihr Name genannt wird, schon deshalb nicht zugelassen werden.

Woher die Begeisterung, mit welcher die Völker der Erde den erstandenen Polen zujauchzten? Die Sache Polens ist die Sache der Freiheit der Menschheit geworden, „der Geist unserer Nation (heißt es im demokratischen Almanach vom J. 1842. S. 190) warf sich der ganzen Menschheit in die Arme und schloss sich auf das Engste an die sich lichtenden Hoffnungen Europas an, und er ward ihr echter Glaubensbekenner und Märtyrer; die Menschheit erkannte in Polen ihren Abgesandten.“ – Wir werden weiter unten sehen, mit welcher Kraft die Emigration gerade diese Idee geltend zu machen sucht.

Ehe wir nun auf eine Darstellung der inneren Verhältnisse Polens eingehen, halten wir es für zweckmäßig, eine kurze Skizze der polnischen Literaturgeschichte voranzuschicken, weil aus ihr gar manche Verhältnisse der Gegenwart sich klarer herausstellen werden. Wir halten uns hier zunächst an das, was Schafarik in seiner bereits öfters angezogenen „Slawischen Ethnographie“ darüber sagt: „Die Polen genießen gegenwärtig den Ruhm, neben den die reichste Nationalliteratur unter den Slawen zu haben. In der Geschichte derselben lassen sich besonders 4 Zeiträume unterscheiden: ihre Entwicklung von der Einführung des Christentums bis auf Siegmund I. (1506); ihre Blütenzeit von da bis zur Unterdrückung der Universität Krakau (1622), ihr Verfall bis auf Stanislaw August und Konarski (1764); ihre Regeneration, von der Wiedereinführung der Künste und eines bessern Geschmackes unter Stanislaw und Konarski bis auf unsere Tage. In dem ersten dieser vier Zeiträume erstickte das in dem damaligen Polen herrschende Latein den Gebrauch der Volkssprache und das Aufblühen der Literatur dermaßen, dass uns im Vergleich zu andern Slawinen, wie zum Russischen und Böhmischen, nur wenig Denkmäler der Nationalsprache aus jener Zeit hinterlassen wurden. Ein Palmbuch aus dem XIV. und ein zweites aus der ersten Hälfte des XV. Jahrhunderts, dann das Gebetbuch der Königin Hedwig aus dem Ende des XIV. und eine Bibel aus den ersten Jahren der zweiten Hälfte des XV. Jahrhunderts, diese und das polnische Recht von Swientoslaw von Woicieszyn und Maciej von Božan (1449–1450) sind neben einigen kleinen Liedern und wenigen amtlichen Schriften die einzigen Überreste aus jener Zeit. In der zweiten Periode sehen wir ein ganz anderes geistiges Leben in Polen, die beengenden Schranken waren gefallen, die allgemeine geistige Aufregung in Westeuropa drang auch in das Herz des Landes ein. Der Protestantismus fand gar viele Anhänger daselbst; Wissenschaften und Künste entwickelten sich mit einer Schnelligkeit und mit einem Glanze, wie man es nicht geahnt hatte. Das öffentliche Leben, welches bereits zu dieser Zeit die polnische Staatsverfassung herbeiführte, weckte das Nationalbewusstsein; das alte Latein war mit einem Schlage verstoßen, und heimisches Wort, heimischer Sinn und heimische Kunst trat an ihre Stelle; die polnische Sprache entfaltete die ganze Pracht ihrer Schmiegsamkeit und Bildungsfähigkeit unter den Händen eines Jan und Petr Kochanowski, Grochowski, Klonowicz, Symonowicz, einer Reihe von Dichtern, denen der geniale Rey von Naglowicz den Reigen führte. Er und Jan Kochanowski waren die größten Dichter Polens bis auf Krasicki. Dabei ward auch die schöne Prosa nicht vernachlässigt; ein Gornicki, Bielski, Goslicki, Skarga, Birkowski zeichneten sich vor vielen Andern aus. Wie weit der Protestantismus in jenen Gegenden verbreitet war, sieht man auch daraus, dass neben einer katholischen Bibel (von Leopolit, Krakau 1561) zwei für die Socinianer übersetzt wurden, eine von Wujk, Krakau 1599, und eine andere von Budny schon 1570. Aber bald traten andere Zeiten auf: die Macht der Universität Krakau, dieser Schützerin jeder edlen Kunst und Wissenschaft, ward gebrochen; die Reinheit der Republik sank in tiefen Verfall. Ihn teilte die Nationalliteratur, welche eben so schnell von ihrer Höhe herabfiel, als fiel dieselbe erklommen. Zwar hörten die Polen nicht auf, Polnisch zu schreiben, und die Zahl der Schriftsteller verminderte sich keineswegs, aber der männliche Geist der Nation, verflucht durch das Wort der Machthaber, entflog, und an feine Stelle trat der Schwachsinn eines kindischen Greisenalters. Das Streben nach ernster Wissenschaft war spurlos vernichtet; schülerhafte Kleinigkeiten, astrologische Spielereien und Alfanzereien jeder Art bildeten die Beschäftigung der talentvollsten Köpfe; und schwülstige, alles Geistes bare Lobgedichte und Ruhmreden schmeichelten der matten Erbärmlichkeit. Aus Mangel an Gedanken ward die Sprache in langgedehnte Formen zerzerrt, und fast anderthalb Jahrhunderte gingen hin, ohne dass der Geist der Nation im Stande gewesen wäre, auch nur Einen Schriftsteller von Geist zu zeugen. Da endlich schlug auch hier die Stunde der Erlösung. Stanislaw August bestieg den polnischen Thron, und der edle und hochgebildete Konarski stellte sich ihm zur Seite (1773). Durch seine Bemühungen hob sich das Unterrichts- und durch ihn erwachte auch die Nationalliteratur aus ihrem tiefen Schlaf. Hierbei war die damalige Höhe der französischen Literatur nicht ganz ohne Einfluss auf die polnische; und daher kommt es auch, dass bis in die letzten Jahre des vorigen Jahrhunderts die französische Klassizität ihr wichtigstes Merkmal blieb. Der Repräsentant dieses Zeitalters ist der Dichter Kraficki (geb. 1734, gest. 1801) Aber mit Beginn unsers Jahrhunderts erhob sich die polnische Schriftsprache und Literatur noch um eine Stufe höher, besonders da 1800 die Gesellschaft der Freunde der Wissenschaften in Warschau gegründet wurde und nun ihre segensreiche Wirksamkeit über alle Klassen der Gesellschaft ausdehnte. Man streifte die Fesseln der französischen Klassizität ab und nun begannen die Schöpfungen des reinen, ursprünglichen Nationalgeistes, wie er sich in den Werken eines Mickiewicz, Gosczynski, Zaleski, Niemcewicz und Anderer zeigt. Unter ihnen ist Mickiewicz der Schöpfer dieser neuen Poesie, er ist der Zögling dieses Zeitalters, seiner Sorgen und seiner Bestrebungen; er ist ein Dichter erster Größe, auf welchen die Polen mit Recht stolz sind, aber er ist auch der erste Freund seines Volkes und das Haupt derer, welche ihm gefolgt sind in der Literatur wie im Leben, d. i. in der Verbannung; zu ihnen gehört außer den Genannten der Geschichtsschreiber Naruszewicz, der Mathematiker Sniadecki, der Kanzelredner Woronicz; Czacki, Ossolinski u. A. Seit das nationale Element eine so unbedingte Geltung sich errungen, hat man auch angefangen, die alten Nationallieder zu sammeln, wie sie sich im Volke erhalten haben. Solche Sammlungen sind von Zaleski (1833), Wojcicki (1836), Zegota Pauli (1838), Konopka (1840 Krakowiaki). Dass hierbei auch für die wissenschaftliche Auffassung der Sprache gearbeitet wurde, versteht sich von selbst; die beste Grammatik ist die von Muézkowski (1836 letzte Auflage) und von Hanka im Systeme Dobrowskys und in böhmischer Sprache (1839). Ein vollständiges wissenschaftliches Wörterbuch, obgleich aus früherer Zeit, ist von Linde, 5 dicke Quartbände (1807–1814); dann von Mrongoviusz (1835), und von Trojanski (1837). Ein französisch-polnisches in Paris 1841. Auch wurde die Geschichte der Literatur nicht vergessen; die besten Nachrichten über sie findet man in den Werken von Bentowski, Lukaszewicz, Wiszniewsky (noch unbeendet). Biographische und bibliographische Vorarbeiten zur Literargeschichte lieferten: Bandtkie, Offolinski, Juszynski, Lelewel, Siasczynski, Chodyniecki, Jocher (am vollständigsten).

Der nationale Aufschwung, welchen die polnische Literatur seit dem Erscheinen Mickiewiczs genommen, dauert noch fort, und wenn gleich jetzt der große Dichter und die größten Männer feiner Farbe und feiner Bestrebungen in der Verbannung bei einem gastfreundlichen Volke leben, fern von ihrer Heimat und den Ihrigen, so stehen sie doch einerseits mit dem Mutterlande selbst noch in genauem schriftlichem Verkehr, so dass von den Werken, die in Paris alljährlich erscheinen (s. unten), trotz der strengsten Vorsichtsmaßregeln von Seiten der russischen, (und wir müssen es bekennen) auch der österreichischen Behörden eine gar große Anzahl an die Ufer der Weichsel, selbst bis an den Niemen und den Dnjeper hin, versendet wird; anderseits aber hat sich neben ihnen, und von ihrem Geiste erzogen, eine jüngere Generation von Schriftstellern gebildet, welche, in die letzten Ereignisse des Vaterlandes weniger verflochten, in Polen zurückblieben, um polnischen Geist und polnische Nationalität in ihrem Volke zu erhalten, um, fortschreitend auf der Bahn, welche ihnen die größten Männer ihres Volkes vorgezeichnet haben, dem stolzen Sieger zu zeigen, dass selbst in seinem tiefen Elende „Polen noch nicht verloren,“ dass aus den Trümmern seiner Freiheit doch der Geist der Nation sich unversehrt emporgeschwungen, ja dass er immer noch, obgleich geknechtet und daniedergehalten, seinem Gegner ebenbürtig ist. Und so ist denn gerade die gegenwärtige Epoche eine der wichtigsten in der Entwicklung der polnischen Nationalliteratur. Mit herzlicher Freude lesen wir daher den Artikel: „Die polnische Literatur im Jahre 1841“ in dem trefflichen „Auslande“ und weil dies die neueste Gesamtübersicht ist, die uns über diesen Gegenstand zu Gesichte gekommen, so teilen wir unsern Lesern einzelne Stellen aus demselben mit, welche uns die Verhältnisse am genauesten schildern und überdies interessant genug sind. Seit einigen Jahren erst wurde ein lebhafteres Interesse für die polnische Literatur in Polen selbst wach, „wovon das der offenbarte Beweis ist, dass die (zahlreichen) neuen polnischen Werke Leser und Absatz finden und dass interessantere Schriften in kurzer Zeit eine zweite Auflage erleben. In den größeren Städten ward der polnische Buchhandel lebhafter und „das letztverflossene Jahr war wohl eines der fruchtbarsten in den Annalen der polnischen Literatur.“ – „Bei einem Volke, das unter drei verschiedenen Herrschern steht (eigentlich wohl 4), in einem Lande, das in drei (4) durch chinesische Mauern getrennte Teile zerrissen ist, kann es einen Zentralpunkt der Wissenschaft und Kunst nicht geben. So ist auch die polnische Literatur zerrissen, und obgleich ein großes Ganze, doch nirgends ganz; allein politische und geographische, sowie Stammesverhältnisse haben mehrere Vereinigungspunkte herausgebildet, deren jeder seinen besonderen Charakter an sich trägt.“ – „Die beiden wichtigsten Unterscheidungsmerkmale bilden die Sprache und der Geist, in welchem die in den einzelnen Kreisen erscheinenden Werke geschrieben sind. Solche Vereinigungspunkte sind Warschau für das Königreich Polen, Wilna (Wilno) für Lithauen, Krakau für den Freistaat: das ist das reine polnisch-nationale Element. Lemberg für Galizien und Posen (mit Breslau) für Preußisch-Polen nehmen eine große Masse germanischer Ingredienzen auf. Polen ist zugleich ein Vermittlungsglied zwischen Polen und der Emigration, die freiere Staatsform und die ungebundenere Presse machen es Posen wenigstens zum Teil möglich, die ungeheure Kluft nach und nach auszufüllen, welche die unglücklichen Tage von Praga zwischen dem revolutionären Geist der Ausgewanderten und dem Absolutismus „des wieder hergestellten Rechtszustandes“ gerissen haben. Die Emigration hat ihre Hauptorgane in Brüssel, Straßburg, Paris und London; doch bildet Paris das Zentrum.“ – „Warschau ist, was die Anzahl der literarischen Produkte betrifft, die fruchtbarste aller polnischen Städte, sieht man aber auf die Sache und ihren Wert, so ist es ein Sandhügel, den jedes Regenwasser abwäscht.“ – „Hinter der periodischen Presse steht in Warschau an der zweiten Rangstufe die ökonomische Literatur und die der Kinderschriften; von beiderlei Werken erscheint jährlich eine große Masse.“ – „Sehr wichtig ist in Warschau auch die Kalenderliteratur, weil sie fast noch das einzige Mittel ist, auf das Volk einzuwirken.“ – Für das Volk erscheint auch feit Anfang dieses Jahres eine besondere Zeitschrift: „Der Bauer.“ Die Redaktion denkt offenbar an keinen andern Bauer, als wie er in den westlichen russischen Provinzen ist, in dem vollen Genuss aller der Vorteile, mit denen ihn die polnische Aristokratie und das Zarentum beglückt haben, und bekennt in ihrem Prospekt recht naiv, sie schreibe nur für die Bauern, „um fiel darin bekräftigen zu können, was sie gegenwärtig sind.“ Und dennoch können wir unsere Freude bei dieser Erscheinung nicht verbergen; der Bauer wird zwar „den Bauer“ nicht lesen – denn er kann ja nicht lesen – aber vielleicht doch „sein Herr;“ und schon der Gedanke, dass auch für „seine hundert oder tausend Seelen“ eine eigene Zeitschrift herauskommt, könnte wenigstens bei einem und dem Andern die Idee anregen, diese „feine Seelen“ seien auch Menschen.“ – Wilno. „Obgleich nicht durch die Sprache von Warschau verschieden, hat sich doch ein eigentümlicher geistiger Charakter in der Literatur, deren Mittelpunkt Willno ist, und zu der auch Wolhynien (Wolynien), Podolien, die Ukraine und Weißrussland beisteuern, entwickelt. In Warschau herrscht das leichte, flüchtige, oberflächliche polnisch-czechische Element, während sich in Wilno der derbere, tiefere, innigere Lithauer geltend macht.“ – „Erst seit in den bisher ganz reinpolnischen Schulen dieser sogenannten „westrussischen“ Provinzen das russische Element, russische Sprache und Erziehungsweise von oben aus eingeführt wurde, rief der Widerstand gegen das Eindringen des Fremden eine Reihe von schönen Kräften auf, welche zeigen wollten, wie polnische Volksbildung und polnische Dichtung und Wissenschaft, polnische Literatur und Kunst immer noch gar hocherhaben über dem „Russismus“ stehe, wenn auch Letzterer mit roher Waffengewalt das in friedlicher Entwickelung großgezogene Polentum niedergebeugt habe. In wenigen Jahren war die literarische Tätigkeit Wilmos vervierfacht und nicht allein die Fruchtbarkeit der östlichen polnischen Schriftsteller errang sich in Kurzem eine große Achtung in allen Gegenden polnischer Zunge, sondern tiefe Wissenschaftlichkeit, würdige Ausdauer in ihren Unternehmungen und ehrenhafte Charakterfestigkeit sicherte ihnen einen bleibenden Ruhm. Grabowski, der Literatur - Historiker und Kritiker, Goszczynski („Schloss Kanjow“), Malczewski („Maria“) Bohdan Zaleski, der freie Dichter, vor Allem aber der furchtbar-fruchtbare Kraszewski, der Novellist, sind die Koriphäen dieser Schriftstellergruppe.“ Auch Mickiewicz ist Lithauer. – Krakau. „Von Krakau als einem Freistaate sollte man erwarten, dass es für die Interessen der Presse glänzender als jeder andere polnische Anteil hervortreten sollte. Allein der blasse Glanz der Selbstständigkeit, welcher die zwischen Russland und Österreichisch-Polen eingekeilte alte Königsstadt wie ein weites fahles Leichentuch bedeckt, spiegelt sich auch in der Literatur dieser Stadt ab. Matt und trieblos, abgestumpft und ohne Charakter, vegetiert hier der Pressebengel und der Gänsekiel ein ruhiges Stillleben, von nichts in Anspruch genommen, als etwa von den offiziellen Mitteilungen über eingefangene und entlaufene Spitzbuben und Juden, und von polizeilichen Verfügungen mit denen man die freien Staatsbürger bekannt zu machen für gut f alles Gefühl der Menschlichkeit so zu verletzen, alles Ehrwürdige und Erhabene in den Staub zu beugen? indet. Außer einer erbärmlichen politischen Zeitung und einem „Sammler,“ der eben nur das zu sammeln scheint, was ihm auf offener Straße auf die Nase fällt, weiß man von der lieben Gotteswelt und dem lebendigen Pulse der Zeit nichts, als was der schmutzige Jude sich ins Ohr flüstert und hie und da ein fremder Reisender erzählt, der herkam die alte Königspracht zu bewundern, die ins Büßerkleid von Schutt und Trümmern gehüllt dem Herzen ein tiefes Wehe einprägt.“ – Lemberg. „Kohl in seinen Reisebeschreibungen so wie neulich erst wieder in der allgemeinen Zeitung, hebt immer Galizien als denjenigen Teil des ehemaligen Polenreiches hervor, der mit feinem jetzigen Zustande am meisten Ursache habe zufrieden zu sein. Wir können diese Ansicht nur im Verhältnisse gegen das russische Polen gelten lassen; gegen Polen aber steht Galizien zurück und wird, wenn die neuerwachte Lebenskraft in Polen nachhaltig genug bleibt, in einigen Jahren noch viel weiter in den Hintergrund treten. Es liegt in der Weise der österreichischen Regierung, jedem Volke, das es an feinen Staatenbund anschließt, seine frühere Verfassungsform mehr oder weniger zu lassen, und nur durch allmähliches, aber desto sicherer zum Ziele führendes Einwirken, die nationellen Elemente und die Provinzialitäten zersetzend, eine völlige „Einigkeit“ und Einheit des Staatskörpers mit der langsamsten Vorsicht vorzubereiten. Auch in Galizien ist dies der Fall, hier ist der Adel blühend und herrschend, der Bauer leibeigen und Knecht geblieben, wie es in der alten polnischen Adelswirtschaft gewesen; denn die neu eingeführten Gesetze zum Schutze des Bauers haben auf die Praxis keinen Einfluss. So ist die Bildung und Entwickelung des Volkes auf dem früheren Standpunkte stehen geblieben, und während in dem übrigen Polen Fortschritte geschehen, geht man hier eher zurück“– „Die politische Presse ist hier noch ganz in den Windeln, ohne Gesinnung und Charakter, ohne Tendenz, ohne Sinn für das Vaterland oder das Volk.“ – „Dass mit dieser Trägheit und Flauheit der Literatur in Galizien die Hauptführer der polnischen Nation in den andern polnischen Länderstrecken nicht zufrieden fein können, versteht sich von selbst. Ihre Freunde in Galizien bieten. Alles auf, jene Stumpfheit zu bewältigen und die Klippen zu umschiffen, an die sie sich stoßen.“ – „Vor Allem zieht diese Partei gegen den Adel los, dem man wohl mit vollem Recht die Schuld davon zumisst.“– Posen. „Wenn sich Wilno mehr durch Solidität und Charakterfestigkeit von Warschau unterscheidet, und Krakau und Lemberg, in ihre literarische Lethargie versunken, die Aufmerksamkeit des Auslandes nur in geringem Maße auf sich zu ziehen im Stande waren, so regt sich in dem unter dem preußischen Zepter stehenden Anteile Polens eine solche lebendige literarische Tätigkeit, dass sie in der Tat und mit Recht der Beachtung der gebildeten Welt, besonders aber des benachbarten Deutschlands sich errungen hat. Weniger in Anspruch genommen durch den Kampf gegen das eindringende Fremde als z. B. das Königreich Warschau, und mit einem anwohnenden, in geistiger, gewerblicher und staatlicher Entwicklung überlegenen Volke unter einer gemeinsamen, freien, humanen, rechtlichen Regierung in die mannichfaltigsten Beziehungen und Wechseleinflüsse gesetzt, musste das polnische Volk in Preußen gar bald einsehen, dass es feinen Staatsgenoffen mit schnellen Schritten nacheilen müsse, wenn es von einem Nachbar nicht in jeder Hinsicht übervorteilt werden wolle. Die bei weitem freiere Presse wusste diese Erkenntnis gehörigermaßen auszubreiten, und sie war es, die, auf diese feste Grundlage gestützt, eine allseitige Tätigkeit und ein gemeinsames Zusammenwirken der gebildeten Stände in das Leben rief, welches der ganzen polnischen Nation einen Aufschwung in geistigen und materiellen Interessen zu geben verspricht, wie ihn die polnische Aristokratie in ihrer früheren Gestalt wohl niemals hervorzurufen im Stande gewesen wäre!“

Das Jahr 1841 hatte die Polen endlich gelehrt, dass der Adel ohne das Volk unmächtig sei, und dies und manche andere Umstände hatten eine Liberalität hervorgerufen, welche mit reißenden Schritten dem radikalen Demokratismus in die Arme eilte. Besorgt sahen die Freunde des Bestehenden und die des Guten diesem Treiben zu, unmächtig, ja oft unfähig, dasselbe zu polarisieren. Es musste sich selbst aufhalten von dem Abgrunde, welchem es zurannte und das geschah durch die Presse. Je mehr durch dieses Mittel die Ideen sich gegenseitig austauschten und fester und bestimmter entwickelten, desto mehr lernte man das Übertriebene, das „Ultra“ in seinen Phantasiebildern, das Unwahre in seinen Vorstellungen kennen, desto mehr lernte man aber auch die Wahrheit und das Gegründetsein des freisinnigen Liberalismus einsehen, und sah die Notwendigkeit sich herausstellen, endlich ein Mal ernstlich Hand an das Werk zu legen, und das Volk, welches man bisher ganz unbeachtet gelassen, dessen Interessen fast Niemand vertreten hatte, emporzuheben zur Erkenntnis seiner selbst, und vorzubereiten zur höheren Teilnahme am Nationalen. An der Spitze dieser Partei steht, durch die Wissenschaft wirkend, seit seinem Entstehen das „literarische Wochenblatt“ in Posen, von Waykowski redigiert. Es ist das freisinnigste kritische Blatt in polnischer Sprache und hat dem Fortschritte ungemeinen Vorschub geleistet. Durch mehrere Jahre hatte es sich eine Partei gebildet, gegen welche eine andere Bestrebung nicht aufzukommen im Stande war. Damals hielt ein jeder Edelmann im Posenschen es für Ehre und Pflicht, freifinnig zu sein – Allein in der neuesten Zeit hat sich das wieder geändert; man wärmt die alten Dinge von Neuem auf und tröstet sich damit, man wolle das Volk zu sich emporheben, nicht aber sich zu dem Volke herablassen. Zur Steuer der Wahrheit aber müssen wir bemerken, dass diese Partei nur sehr gering an Zahl und die Volkspartei noch die bei weitem überwiegende ist. Dies zeigt sich besonders durch die Vereine, welche in neuester Zeit unter den Namen: Ackerbau-, Gewerbe- und dergleichen Vereine so zahlreich ins Leben getreten sind. Ihre rege Wirksamkeit, nicht bloß einen Mittelstand hervorzurufen, sondern selbst auch dem Bauer die Früchte der europäischen Bildung und Entwicklung zukommen zu lassen, hat bereits Frucht getragen und wird es in der Folge noch mehr tun. Die meisten von ihnen scheinen von den edelsten Absichten geleitet zu sein und sich des niederen Standes mit allem Ernst und aller Energie annehmen zu wollen. So sagt der Gewerbeverein von Gostyn in einem Berichte über die Tätigkeit des von ihm neu gegründeten literarischen Ausschusses (Tyg. lit. Nro. 15): „Dieser Ausschuss hat sein besonderes Augenmerk auf das Bedürfnis von Elementarschulen für unsere Dörfer und kleineren Städte gerichtet,“ und als der Buchhändler Günther in Lissa das vortreffliche Elementarbuch: „Der Pilger in Dobromil“ von Neuem aufzulegen versprach, unterzog sich der Ausschuss sogleich mit Freuden zur Sammlung von Pränumeranten, und in einer einzigen Versammlung in Gostyn am 2. März wurden 204 Exemplare gezeichnet. Mit gleicher Freimütigkeit wird auch für die nichtkatholischen Bewohner Polens gesorgt. „Mit großem Bedauern überzeugte man sich von dem Mangel aller religiösen Schriften, Gesangbücher und dergleichen, in den evangelischen und reformierten Gemeinden. Diese stehen mit den lithauischen Calvinisten in keiner Verbindung und die evangelischen Gutsherrn in Ostpreußen helfen ihren Untertanen ebenfalls nicht, sie haben ein unheilvolles Vorurteil gegen alles was polnisch ist; sie kümmern sich nicht nur um die Sprache ihrer Untertanen nicht, sondern selbst die Religion ihrer Bauern, mit denen sie doch gleichen Glaubens sind, ist ihnen höchst gleichgültig. Im eigentlichen Polen sind wieder die evangelischen und calvinistischen Gemeinden zu wenig zahlreich, als dass sie sich selbst helfen könnten. Der Ausschuss hat daher einem seiner tätigten Mitglieder reformierter Konfession aufgetragen, die Materialien zur Herausgabe eines Gesangbuches für die evangelisch-polnischen Gemeinden in Großpolen zu sammeln. Zum Gebrauche dieser Gemeinden wurden auch die neuesten theologischen Werke der Bibliothek von Gostyn einverleibt.“ Und am Schlusse des Berichtes heißt es: „Beide Ausschüsse, der gewerbliche wie der literarische, sind von einer und derselben Idee geleitet, ihren wenn auch nur geringen Anteil beizutragen, die Aufklärung unseres Volkes auszubreiten und den Zustand unseres Landes, besonders den der untersten und bisher am meisten vernachlässigten Klassen in unserem Vaterlande zu verbessern.“ – Solche Vereine mit gleichen Zwecken gibt es mehrere in Preußisch-Polen, sie wirken nicht bloß durch ihr eigenes Beispiel, sondern auch durch Herausgabe von Volksschriften und durch Unterstützung derselben. Ihnen zur Seite stehen mehrere Zeitschriften, die sich einzig an das Volk wenden, so die „Sonntagsschule“ in Lissa, ein Wochenblatt auf grauem Papier mit mittelgroßem Druck, welches religiös-moralische, dann ökonomische und technologische Artikel in gemeinfasslicher Sprache bringt – Ein etwas höheres Publikum, obgleich ebenfalls für die große Anzahl berechnet, erfordert der „Volksfreund“ in Lissa. Auf diese Art schließt dieser Teil des Artikels) ist die polnische Literatur in Preußisch-Polen im raschen Aufblühen und dürfte bei dem beharrlichen Streben, welches die polnische Nationalität in der neuesten Zeit zu zeigen beginnt, sich in Kurzem recht schön und segensreich entfalten. Der Herd und der Mittelpunkt aller dieser Bestrebungen ist natürlich Posen, welches nun von Tag zu Tag eine interessantere Stellung einnimmt. Nicht nur das hier der Hauptsitz der wichtigsten polnischen Gesellschaften und Vereine ist, hat man hier auch den „polnischen Bazar“ aufgebaut und sucht nun, da sich in den bisher sogenannten gebildeten Ständen selbst das Bedürfnis nach höherer geistiger Entwickelung und gediegener Wissenschaft zu regen begonnen, sogar den Mangel einer polnischen Universität nach Kräften zu ersetzen. Es haben sich nämlich einige Männer vom Fache zusammengetan, um – wie auf Universitäten – semesterweise über die wichtigsten Gegenstände der Wissenschaft Vorträge zu halten, sie sind Krankhofer, Matecki, Moraczewski, Libelt. – Der Verfasser schließt seinen Artikel mit einem Berichte über die „Emigration, da wir aber über dieselbe in dem folgenden Abschnitte vollständiger und umfassender zu sprechen gedenken, so verschieben wir alles hier Einschlagende dahin.

Wenn nun, wie aus dem Gesagten erhellet, im Posenschen der Adel und der gebildete Teil der polnischen Nation seine Stellung in der Gegenwart begriffen hat und mit Macht dahin arbeitet, die untere Klasse zu heben in geistiger und materieller Hinsicht, so ist das um so rühmender anzuerkennen und verspricht einen desto segensreicheren Einfluss auf das ganze polnische Volk zurück zu entfalten, je weniger in dem österreichischen und russischen Anteile Polens, und selbst im Freistaate für die Bildung und Verbesserung des Zustandes jener Menschenklasse geschieht. Denn in diesen Ländern ist der Bauer das, was er seit Jahrhunderten gewesen ist, Knecht oder Sklave; und alle Verbindung zwischen ihm und den höheren Ständen durch vermittelnde Zwischenglieder ist unmöglich.

In Österreich ist zwar seit Maria Theresia und Joseph II. die Leibeigenschaft gesetzlich aufgehoben, und das Gesetz hat eine Geltung auch für den polnischen Anteil, für Galizien, erhalten. Wer aber die Verhältnisse etwas genauer kennen zu lernen. Gelegenheit findet, wird sich überzeugen, dass der jetzige Zustand des galizischen Bauers nichts besser ist, als der des russischen Leibeigenen in den inneren Provinzen. Durch die Aufhebung der Leibeigenschaft ist „nur das drückendste Verhältnis zur Abwehr willkürlicher Freveltat oder übermütiger Kränkung aller Menschenrechte gelöst. Noch bis jetzt darf der Bauer kein Grundeigentum besitzen und der Druck der Abgaben und Leistungen an den Staat lastet vorzugsweise auf demselben“ (sagt Schubert, Staatenkunde v. Europa II. 1. S. 115). Der Grundherr ist befreit worden, für seine Untertanen länger sorgen zu müssen; diese aber stehen nach wie vor unter dem Kantschuh der herrschaftlichen Vögte; und Beamte und Juden drängen sie von allen Seiten mit gleicher Gefühllosigkeit. Was nützen Gesetze, wenn der Bauer in seiner groben Unwissenheit, bei allem Mangel an Kenntnis jeder öffentlichen Einrichtung belassen, nicht ein Mal weiß, was ihn zu schützen bestimmt ist? Wie kann er, der allem seinem Widerstreben zum Trotz Jahrhunderte lang die Knechtschaft in der Adelsrepublik getragen, nur im Entferntesten auf den Gedanken verfallen, dass er jetzt plötzlich ohne sein Zutun von dieser drückenden Last befreit ist? Und die herrschaftlichen Beamten, welche über ihre Untergebenen herrschen wie Souveräne, hüten sich wohl, einen Gedanken dieser Art in ihnen aufkommen zu lassen – Bei der drückenden Last der Hofdienste bleibt der Ackerbau natürlich zurück und an Verbesserungen ist nirgends zu denken. – Vom Staate aus geschieht für die Erziehung des Volkes noch ungemein wenig, und ganze Gegenden gibt es, wo von 50schulfähigen Kindern kaum eines selbst nur den dürftigsten Unterricht genießt. Gewerbe und Künste sind in den Händen der Juden, zum Teil auch der Deutschen; und somit ist die Entwicklung eines Mittelstandes unmöglich. Das Schlimmste aber von Allem, was dem Aufschwunge des polnischen Bauers entgegensteht, ist, dass der Handel fast nur von den Juden betrieben wird. Die Juden sind auch in Galizien die eigentliche Pest, welche alles gesunde Mark des Volkes vergiftet. Sie sind die Pächter der Wirtshäuser und Schenken, sie versorgen den Bauer mit allem was er bedarf und was er – nicht bedarf. Wer kennte nicht die Schlauheit und die Kniffe, mit welchen der größte Teil dieser Nation jedes Dorf, jedes Städtchen auszusaugen weiß, in welchem sie sich eingenistet haben? Der Jude kauft. Alles und verkauft. Alles; er nimmt Geld, aber viel lieber leiht er noch, denn ihm fehlen niemals die Mittel, zu seinen Forderungen zu kommen; und wenn Jemand auch eine Sache nicht haben will, so weiß sie ihm doch der Jude aufzuhängen, und sträubte sich jener mit Händen und Füßen dagegen. Welchen schrecklichen Einfluss eine solche Handelsschlauheit hat, besonders wo es sich um berauschende Getränke handelt – und in ganz Galizien verkauft nur der Jude Bier und Branntwein – ist leicht erklärlich. Auf diese Weise steht eine Hebung des galizischen Volkes sobald nicht zu erwarten; die einzige Rettung ist in den Händen der Regierung, Schulen und Anstalten zur Erziehung des Volkes, Beschränkung des demoralisierenden Einflusses der Juden, größere Freiheit in seiner Stellung gegen den Grundeigentümer sind das erste Erfordernis, wenn das Volk zu irgend einiger Kraft gedeihen soll; sie muss die österreichische Regierung zuerst berücksichtigen, wenn sie sich ihrer polnischen Untertanen jemals ernstlich annehmen will.

Noch viel schlimmer sieht es aber in Russisch-Polen aus. Hier sind alle jene Plagen des Landvolkes noch potenziert; und wenn die österreichische Regierung wenigstens nicht direkt gegen das Volk tätig ist, ob sie demselben auch nicht hilfreiche Hand bietet: so scheint Russlands Politik es geradezu darauf angelegt zu haben, jede Möglichkeit, auf das Volk günstig einzuwirken, zu vernichten und durch absichtliches Niederhalten desselben seiner eigenen Nation auch das günstige Übergewicht zu verschaffen, das ihr bisher gefehlt hat.

Der russische Einfluss hat sich bisher vorzugsweise in den höheren Ständen tätig gezeigt. Von ungeheurem Erfolg ist die Maßregel, der polnischen hohen Aristokratie die Rangstufen des russischen Adels einzuräumen; dadurch ist eine Masse von Menschen mit der russischen Regierung versöhnt worden; denn die polnische Aristokratie ist stolz und glanzsüchtig geblieben wie sie es früher gewesen, und prachtvolle Titel und Orden bleiben das Ziel so manches heißen Wunsches in ihr. Die eigentliche Schlachta ist damit freilich nicht zufrieden, da nun die früher allgemein anerkannte Gleichstellung derselben mit den höchsten Geschlechtern des Landes faktisch sowohl als gesetzlich aufgehoben ist, aber sie ist in der Regel arm und in jeder Hinsicht zurückgedrängt, muss sie den Fußstapfen der hohen Aristokratie immer mehr und mehr, wenn auch unfreiwillig, folgen.

Nicht minder wichtig ist es, dass man die russischen Beamten in Polen besonders bevorzugt; dadurch und weil man ihnen einen immer weiteren Wirkungskreis zu verschaffen sucht, gibt man dem russischen Elemente ein Übergewicht, welches in den sozialen Verhältnissen des Landes schon jetzt manche Veränderungen hervorgebracht hat und, die polnische Nationalität in wenigen Jahrzehnten aus den höheren Kreisen der Gesellschaft zu verdrängen, die sichersten und zweckmäßigsten Vorbereitungen trifft.

Am wenigsten gefährdet erscheinen die niederen Stände; sie werden vorläufig in ihrer Nationalität ungestört gelassen, und nur sobald sie höher hinauf wollen, haben sie die russische Lunte zu fürchten. Der Mittelstand, der freilich – nach Abzug der Juden – nur sehr gering ausfällt, wird nur insofern von dem russischen Elemente berührt, als er mit den russischen Beamten zu tun hat, auch wird in allen höheren Schulen die russische Sprache als Lehrgegenstand für Alle vorgetragen, um die Annahme des Russischen allmählich vorzubereiten. Im Ganzen genommen fühlt sich der Mittelstand am glücklichsten. Durch die russische Regierung ist Ruhe und Ordnung in die Geschäfte gekommen, und dem oligarchischen Liberalismus, wie ihn die Schlachta der Republik zeigte, welche kein Recht zu beachten gewohnt war, wenn es ihr im Wege stand, ist das Handwerk gänzlich gelegt. Daher sieht man in den Städten auch durchweg große Zufriedenheit und die Kaufleute und der Gewerbestand ziehen ihren jetzigen Zustand dem der früheren Zeiten in jeder Hinsicht vor. Viel trägt dazu auch bei, dass viele Gegenstände einen weiteren Absatz finden, als früher, und dass somit in jeden Zweig der Industrie und der Geschäfte eine größere Betriebsamkeit und ein regeres Leben gekommen ist. Wird Russland noch die letzten Schranken niederreißen, welche Polen von dem übrigen Staatskörper trennen, wird es durch erleichterte Kommunikation und durch alle die andern Mittel, welche einem solchen Staate zu Gebote stehen, dem Betrieb im Innern einen neuen Aufschwung geben – und das ist unverkennbar das Bestreben der Regierung in der Gegenwart –; so wird es in dem geschäftlichen Mittelstande eine Partei sich erziehen, gegen deren nachhaltige Kraft und Intensivität alle Anstrengungen einer ihm feindseligen Partei fruchtlos ankämpfen dürften. Dieses ist das einzige Mittel, wodurch sich Russland den bleibenden Besitz Polens sichern kann; sollte es auf dieser Bahn eine Reihe von Jahren weise und mit Energie fortzuwirken im Stande sein, dann ist Polen in der Tat und unrettbar verloren und Europa zählt eine große Nation weniger.
Dieses Kapitel ist Teil des Buches Slawen, Russen, Germanen.