III. Skythen und Alanen.

Nicht allein waren nach sicheren Spuren, welche früher Pallas, später noch Dubois beobachtet haben, die jetzt fast kahlen Abhänge und Höhen des taurischen Gebirges früher ziemlich bewaldet, namentlich mit taurischen Fichten besetzt, sondern auch die Ebene im Norden war bewaldet, da sie im Gegensatz zur Steppe des Festlandes Hyläe, Waldland, hieß, und der nordöstliche Teil der Krim trug, wie wir schon erwähnten, reiche Weizenernten, wie er noch jetzt fruchtbares Ackerland bietet. Es ist daher nichts Befremdliches, dass Ptolemäus, der seine Geographie gegen Ende des 2. Jahrh. nach Chr. schrieb, eine ganze Reihe von Städten und Orten im Innern der Krim aufführt. Ackerbautreibende Skythenstämme, vielleicht die Ahnen der jetzigen Slawen, bewohnten sie wohl zum größten Theile; dass aber auch, wie später die Chane der Tataren, Fürsten der Nomadenskythen in der Krim ihre Burgen hatten, sahen wir schon am Beispiel des Skiluros und seiner Söhne. Zu diesen Skythen waren schon gegen die Mitte des 1. Jahrh. nach Christus von Osten her Alanen 1) eingewandert vom Stamm As, von denen ein kleiner Rest in den Osseten im Kaukasus fortlebt, während die Mehrzahl später mit den Hunnen und den Vandalen immer weiter nach Westen fortzog und zum Teil seine Wohnsitze selbst in Spanien und Afrika nahm. Sie waren ein persisch-medischer Stamm, ähnlich den Skythen auch in ihrer äußeren Erscheinung. Gestatten Sie, dass ich Ihnen zur Charakterisierung des Lebens Beider eine Geschichte mitteile, die Lucian, in jenen Gegenden wohl bekannt, als Zeugnis für die aufopfernde Freundschaft, deren Skythen fähig seien, den Skythen Toxaris erzählen lässt. 1)

Schon drei Monate waren die Könige im Bosporos den Tribut schuldig geblieben; da wird Arsákomas der Skythe an König Leukanor in Bosporos gesendet; beim Gastmahl entbrennt er in Liebe zu Mazäa, der schönen Tochter des Königs. Um ihre Hand zu werben waren auch Tigrapates, der Fürst der Lazen, und Adyrmachos, der Herr der Machlyer, gekommen. Nach alter Sitte fordern sie nach dem Gastmahl eine Schale, spenden und werben, indem sie ihre Abkunft, Schätze und Macht preisen, um Mazäas Hand. Auch Arsákomas fordert die Schale; er spendet nicht, denn Wein zu vergießen gelte bei ihnen als Frevel gegen den Gott, sondern trinkt sie auf einen Zug aus und spricht: König, gib mir Mazäa, ich bin würdiger als alle diese, wohl hab' ich weder Wagen noch Herden, aber zwei Freunde, wie kein anderer Skythe. Man verlachte ihn und Adyrmachos wurde am andern Morgen mit Mazäa verlobt. Glühend von Liebe und Zorn kehrte Arsákomas heim und erzählte sein Unglück seinen Blutsbrüdern Makentes und Lonchates. Denn sie hatten nach skythtscher Sitte 2) ihre Finger geritzt und ihr Blut in einen Becher träufeln lassen, ihre Beile und die Spitzen der Schwerter und Speere darein getaucht, dann getrunken und für einander zu leben und zu sterben geschworen. Seitdem waren sie wie eine Seele in drei Körpern, Freud' und Leid empfanden sie gleich. Und Lonchates sprach: Rasch zur Tat! Du Arsákomas bleibst hier und rüstest ein Heer, ich bringe dir den Kopf des Lenkanor und Makentes entführt Mazäa aus Machlyene. Auf ihren Rossen jagen die Beiden fort, Arsákomas aber schlachtet einen Stier und kocht das Fleisch. Dann breitet er das Fell auf dem Boden aus und setzt sich auf dasselbe, die Hände auf dem Rücken verschränkt, neben ihm liegt das Fleisch in kleine Stücken zerschnitten. Da kommen die Verwandten, die Freunde, alle die Unrecht nicht dulden wollen und Lust zu Kampf und Abenteuern haben, heran, nehmen vom Fleisch, setzen einen Fuß auf das Fell und versprechen 5, 10 und mehr Reiter oder so viel Krieger zu Fuß, als jeder kann, zu stellen, auch wohl, wer arm ist, nur sich selbst. Ein solches Heer war das zuverlässigste, was es geben kann, denn das Fell zu betreten war so gut als ein Eidschwur. 1) So sammelt Arsákomas 5.000 Reiter und 20.000 Mann zu Fuß. Unterdessen war Lonchates nach Bosporos gekommen und hatte dem König erst sich als Gesandten der Skythen dargestellt, dann aber ihm den Kopf des Arsákomas, der gegen ihn rüste, versprochen, wenn er ihm seine zweite Tochter Bürketis verlobe. Als der König, um dies ungehört von Andern zu beschwören, mit ihm in den Tempel des Ares geht, stößt Lonchates ihn nieder, schlägt ihm den Kopf ab und bringt diesen glücklich zu Arsákomas. Makentes aber eilte zu den Machlyern und meldete dem Adyrmachos, Leukanor sei ermordet, er möge so rasch als möglich nach Bosporos eilen und die Herrschaft in Besitz nehmen. Er selbst sei ein Alane und von mütterlicher Seite mit Mazäa verwandt; es liege aber den Alanen daran, dass Adyrmachos und nicht Eubiotos, der Bruder des Leukanor, dessen Nachfolger werde. Da die Alanen in Tracht und Sprache den Skythen glichen und er die langen Haare, die die Alanen nicht trugen, sich abgeschnitten hatte, so glaubte ihm Adyrmachos und bat ihn, da er selbst vorauseilen wolle, Mazäa zu geleiten. Dies tat Makentes, hob aber mit Einbruch der Nacht Mazäa aus dem Wagen zu sich auf das Pferd und gelangte in drei Tagen mit ihr zu Arsakomas: tot stürzte das Pferd zusammen, als er ankam. Alsbald zogen Adyrmachos und Eubiotos, der Herrscher in Bosporos geworden war, mit einem Here von 90.000 Griechen, Alanen und Sauromaten gegen Arsákomas, der etwa 30.000 versammelt hatte. Beim ersten Zusammenstoß wird der größere Teil des Skythischen Heeres, darunter Arsákomas, geworfen, ein kleinerer, mit ihm Makentes und Lonchates, von den Feinden umringt; beide Freunde sind schon schwer verwundet. Da vermisst Arsakomas die Freunde, gibt seinem Pferde die Sporen, und stürmt mit einem Teile seiner Reiter, das Schwert gezückt, in die Feinde. Er trifft Adyrmachos und spaltet mit einem Hieb seinen Kopf. Da zerstäubt das Heer der Feinde und am andern Tage kommen Gesandte derselben und bitten um Frieden.


Das ist die Erzählung Lucians, die jedenfalls ganz im Kostüm bleibt, aber auch gar nicht unwahrscheinlich klingt, wenn man ähnliche Kämpfe, wie sie in der Geschichte der Tataren später häufig vorkommen, damit zusammenhält.

Doch ich gehe über zu IV. Deutschen
Dieses Kapitel ist Teil des Buches Skizzen aus der Geschichte der Krim