Eduard Duller schrieb eine Ballade

Eduard Duller schrieb eine Ballade: „die Krone des Elends“ und Wyttenbach, ein Maler aus Trier, der jetzt in München ist, zeigte mir, nachdem wir im Gasthofe zum „Schwan“ in Frankfurt, durch ein Paar Flaschen Nierensteiner in eine lyrische Stimmung versetzt worden waren, eine Skizze zu dem Gedichte. Ein König, die Krone auf dem Haupte, zu seiner Seite zwei weinende Töchter, sitzt in lear'scher Verzweiflung in einer Felsengrotte, ein greiser König, ein gram- und schmerzvoller. So sieht Lübeck für denjenigen von Außen aus, der Poesie hat. Die mächtige Hansa, der alte Bröms, Gustav Wasa, der Lübeck'sche Schöffenstuhl, das Lübeck'sche Stadtrecht, die Lübeck'sche Flotte, das gewaltige weltumfassende Lübeck; und jetzt das Lübeck mit aller seiner steinernen Herrlichkeit, mit seiner prachtvollen Marienkirche, mit dem Rathause und dem Hansasaal, dem beschnittenen Handel, den russischen Dampfbooten, die Petersburg und Lübeck verbinden, dem weitberühmten Schweinsbraten, der Dorschsauce, dem Travemünder Seebade und dem Ober-Appellations-Gerichte der vier freien Städte Deutschlands. Und doch ist Lübeck eine königliche Stadt. Die Türme der Marienkirche, die weit in das Land hineinlugenden, sie scheinen mir das weiße, gespenstige Lockenhaar des alten trauernden Lear, der seine Kinder, sein Hamburg, sein Bremen mächtig gemacht, den seine Kinder verstoßen. Was wäre jetzt Lübeck, ohne die „Alexandra“ und den „Nicolai“, die beiden mächtigen Dampfboote, die so viel Leben bringen in die freie Hansestadt, so viel russisches Blut zu den Herzen ihrer Kaufleute, so viele Exzellenzen, Grafen und Barone, so viel Gold! —
Dieses Kapitel ist Teil des Buches Skizzen aus den Hansa-Städten