Das Straßenpflaster Lübecks

Das Straßenpflaster Lübecks sucht wirklich seines Gleichen in Deutschland; es ist eine etwas zartere Fortsetzung der Straße zwischen Hamburg und Lübeck und an einzelnen Stellen so holprig, dass man Abends, wenn Mondschein im Kalender angegeben, keine Laternen brennen und der Himmel mit Wolken umzogen ist, nur mit Gefahr des Bein-, wenn auch nicht des Halsbrechens einzelne Stadtteile durchwandern kann. Die Fischergrube und mehre andere Gruben mit unzähligen Grüben und Grübchen in ihrem massiven Straßenpflaster bieten in dieser Hinsicht ein Bild der Vollendung. Hühneräugige können hier zur Raserei gebracht werden. Man scheint die Gebrechlichkeit der Straßen als eine Antiquität in Ehren zu halten, der man bei Leibe nicht abhelfen dürfe. Es liegt etwas Ehrwürdiges, Altertümliches in diesen spitzen, felsigen Steinen, in diesen Löchern, welche einzelnen Straßen den Anschein eines Siebes geben. Wann dieselben zum Letztenmale gepflastert sind? ich weiß es nicht, aber ein halbes Menschenalter mögen sie leichtlich auf dem Rücken tragen. Man traut in Lübeck den Steinen eine größere Kraft zu, als sie von Natur besitzen, und die Humanität, die man sonst den Lübeckern nicht absprechen kann, weicht, in Betreff des Straßenpflasters, einer Hartherzigkeit, an welcher keine Stadt Lübeck gleich kommt, fragt man mich, wodurch sich das alte Lübeck auszeichne? Ich werde antworten: durch das lübeckische Stadtrecht, durch Alexander von Soltwedel, durch Nikolaus Bröms, durch seine Kirchen, durch den Hansatag u. s. w. Aber wodurch zeichnet sich das neue Lübeck aus? Großer Gott! ich muss hier wahrhaftig vor allen anderen Dingen jene Umsicht anführen mit welcher man, Seitens der Regierung, für das Schuster-Handwerk sorgt. Nur die Königsstraße hat ein aufgeklärteres, toleranteres, Steinpflaster aufzuweisen, das auf die Grundsätze der Nächstenliebe basiert ist.
Dieses Kapitel ist Teil des Buches Skizzen aus den Hansa-Städten