Prügelzucht in Klosterschulen. Streichtage.

Bis in das 19. Jahrhundert hinein blieben diese Klosterschulen die einzigen Bildungsstätten. Sie boten aber nur Raum für eine verhältnismäßig geringe Schülerzahl.

Wenn daher schon Karl der Große befohlen hatte, dass jeder Laie seine Söhne zur Schule schicken sollte, so ließ sich dies schon aus Mangel an Schulen nicht verwirklichen. Erst mit dem 15. Jahrhundert begann mit der Eröffnung von Stadtschulen ein neuer Abschnitt in der Schulgeschichte. Ein Säkulum später wurden die Universitäten gegründet, die als direkte Nachkommen dieser Klosterschulen anzusprechen sind, allerdings vorerst der mittelalterlichen Hochschulen, den Keimen der heutigen Institute dieses Namens.


In diesen Klosterschulen herrschte also das Prügelsystem.

Bischof Ratherus von Verona, dann von Lüttich (890 — 974), nannte die von ihm verfasste Elementargrammatik sparadorsum, das heißt Rückenschoner, weil bei ihrem Gebrauch, wie er annahm, die Schüler weniger Schläge bekommen würden. In den Klöstern, wo jene Schüler, die sich dem Ordensdienst weihen wollten, im Gegensatz zu denen, die zu Weltgeistlichen bestimmt waren, stets das Ordenskleid tragen mussten, hatten sie dieses abzulegen, wenn sie diszipliniert wurden. Sie empfingen die Streiche auf dem härenen Gewand unter der Kutte, denn Wäsche war damals noch nicht im Gebrauch. Der Orden der Cluniacenser verbot dem Lehrer, der einen Schüler züchtigte, sich ihm allzusehr zu nähern. Wie es überdies auf das Strengste untersagt war, einen Knaben zu betasten oder ihm so weit zu nahe zu kommen, dass die Kleidungsstücke sich berührten. Die Schläge sollten nur allein auf die Hände oder auf den Rücken gegeben werden. Die Züchtigungen wurden für eine derart unentbehrliche Angelegenheit gehalten, dass nicht einmal eine bestimmte Ursache nötig war, um Rute oder Stock zu kosten, sondern, wie man in einem geregelten Haushalt ab und zu ein Großreinemachen für unerlässlich hält, so wurde den Schülern, wenn dies dem Herrn Abt angebracht erschien, eine Gesamtgeißelung verabreicht.

An solchen „Streich-Tagen" wurden den Schülern die gemachten und von den Lehrern zusammengezählten Fehler auf dem Rücken zusammengerechnet. Ein Schüler des Klosters St. Gallen zündete an einem solchen Tage aus Angst vor den Hieben die Schule an. Die sich schnell verbreitenden Flammen äscherten einen Teil der Klostergebäude ein 2).

2) Nelly Wolffheim, Zur Geschichte der Prügelstrafe in Schule und Haus. Berlin o. J., S. 9.
Dieses Kapitel ist Teil des Buches Sittengeschichte des deutschen Studententums
002 Aus dem Studentenleben

002 Aus dem Studentenleben

002 Aus dem Studentenleben (2)

002 Aus dem Studentenleben (2)

alle Kapitel sehen