Siegmund Freiherr von Heberstein. Mit besonderer Rücksicht auf seine Reisen in Russland

Geschildert von Friedrich Adelung (1768-1843) deutsch-russischer Jurist und Sprachwissenschaftler
Autor: Heberstein, Siegmund Freiherr von (1486-1566) österreichischer kaiserlicher Rat am russischen Hof, Erscheinungsjahr: 1818

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Themenbereiche
Enthaltene Themen: Russland, Russen, Landeskunde, Völkerkunde, Moskau, Hofleben, Sitten, Bräuche, Geschichtsschreiber,
Hebersteins Reisebeschreibungen machten ihn zum Begründer der Russlandkunde. Von besonderer Bedeutung sind dabei die Berichte über seine Reisen die er in den Jahren 1516/17 und 1525/26 an den Hof des Moskauer Großfürsten unternahm. Auch heute sind seine Beschreibungen von kulturhistorischem Wert. Neugierig und sprachkundig, bezog er seine Informationen aus erster Hand und verstand seine Beobachtungen kritisch auszuwerten.

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EINLEITUNG

Lebensbeschreibungen merkwürdigem Menschen haben für jeden Leser von einiger Bildung einen ganz besonderen Reiz. Wir sehen mit lebhafter Teilnahme wie der hoffnungsvolle Knabe im rühmlichen Streben entwickelt zum Junglinge reift, und bald als handelnder Mann ins tatenreiche Leben tritt; wir folgen ihm gern durch das Labyrinth seines geschäftsvollen Wirkungskreises und verweilen mit eben so großem Vergnügen bei kleinen Zügen, in denen wir den schätzbaren Menschen im Innern seines Hauses erblicken, als wir ihn zu den öffentlichen Handlungen begleiten, wo er als Held, Staatsmann oder Gelehrter unsere Bewunderung erregt. Diese Teilnahme wächst, wenn die Materialien zu der Biographie eines solchen Mannes aus seinen eigenen Bekenntnissen gesammelt werden können, wenn er uns selbst Nachrichten, von seinem öffentlichen- und Privatleben hinterließ, an deren Echtheit und Aufrichtigkeit wir nicht zweifeln dürfen; sie erreicht den höchsten Grad von Interesse, wenn der Mann, dessen Leben uns dargeboten wird, nicht bloß allgemein merkwürdig, sondern besonders auch noch für unser Vaterland wichtig war, und seine Handlungen und Schriften vorzüglich in dieser Rücksicht unsere Aufmerksamkeit fesseln. Ein solcher Mann war Siegmund Freiherr von Herberstein. Wenn er als ausgezeichneter Schriftsteller und Staatsmann, seines merkwürdigen Zeitalters und seiner seltenen persönlichen Verdienste wegen schon allgemeine Hochachtung verdient, wie viel wichtiger muss sein Andenken nicht für Russland sein, das er zweimal in einem höchst interessanten Zeitpunkte durchreiste, und über welches er zuerst genaue Berichte gab; von welchem er Nachrichten bekannt machte, die zum Teil noch jetzt in Russland selbst als Quelle gelten, die bei ihrer Erscheinung Europa in Erstaunen setzten, und die jetzt, nach beinahe dreihundert Jahren, noch ein so lebendiges Bild von der Verfassung und den Sitten jener Zeit geben, so manche noch jetzt kenntliche Besonderheit mit solcher Treue schildern, dass selbst die seltene Fürstin, die zum Glanze Russlands so groß und reich beitrug, zum Zeichen ihrer Achtung und Vorliebe für Herbersteins Werk und ihrer gerechten Anerkennung seiner Vorzüge, einen neuen unveränderten Abdruck davon veranstalten ließ.*) Ungern und Polen haben sich Herberstein als Geschichtsschreiber zugeeignet; mit viel größerem Recht mag Russland ihn unter seinen Annalisten und Geographen nennen, ihn, der nicht nur selbst mit allen Vorkenntnissen gerüstet und von den günstigsten Umständen unterstützt so richtig in Russland sah und beobachtete, sondern auch alles zusammentrug und benutzte, was seine Verbindungen mit unterrichteten Männern ihm über dieses dem ganzen Europa damals fast noch völlig unbekannte Land an schätzbaren Beiträgen lieferten.

*) Von dem auf Katharinas II. Veranstaltung im Jahre 1796 in St. Petersburg gemachten Abdruck der deutschen Übersetzung von Hebersteins Werke über Russland wird weiter unten ausführlich gehandelt werden.

Noch hat Herberstein nirgends, selbst in seinem Vaterlande nicht, einen Biographen gefunden. **) Was wir von seinem Leben wissen, ist teils in seinem großem Werke über Russland hier und da zerstreut enthalten, teils und vorzüglich aus einigen Aufsätzen zu schöpfen, in welchen er selbst die Hauptmomente seines merkwürdigen Lebens flüchtig und mit allgemeinen Zügen aufgezeichnet hat. Aber selbst diese letzteren sind sehr selten zu finden und noch nicht zu einem Ganzen verschmolzen; noch fehlt es an einer allgemeinen Übersicht seiner einflussreichen Handlungen, an einer ausführlichen und vollständigen Nachricht von seinen für die Völker- und Länder-Kunde so wie für die Menschenkenntnis immer höchst wichtigen Schriften. Möge einstweilen das einfache Denkmal genügen, welches der Verfasser dieser Blätter dem Andenken dieses wahrhaft denkwürdigen Mannes zu errichten versucht! Ein erlauchter Beförderer alles Guten, der längst durch seltene Liberalität der Geschichte seines Vaterlandes und den Wissenschaften überhaupt die unvergesslichsten Dienste geleistet, Seine Erlaucht, der Herr Reichskanzler Graf von Romänzoff, hat auch diese Schrift veranlasst, mit reichen Materialien aus seiner vortrefflichen Bibliothek unterstützt, und durch edlen Aufwand ihre Erscheinung in einem anständigen Gewande möglich gemacht. Möge sie mit Nachsicht und Teilnahme aufgenommen werden, und einst Besseres veranlassen!

**) Vor kurzem erschien „Geschichte der Burg und Familie Herberstein“ von J. A. Kumar, Wien 1817. Drei Bändchen, wo unser Siegmund auch seine Stelle erhält, B. III. S. 7 — 44. Das über ihn Gesagte schränkt sich aber fast bloß auf (den wörtlichen Abdruck des weiter unten anzuführenden kurzen Herbersteinschen Aufsatzes: „Mein Sigmunds Freyherrn zu Herberstain etc. „thuens vnud Wesens“ ein. Doch enthält das Werkchen eine schätzbare Sammlung von Familien-Urkunden. Ein unsern H. betreffender Auszug aus der Kumarschen Schrift erschien in den Wiener Abend Unterhaltungen für den Winter 1816 — 1817, Drittes Heft. S. 161 — 167.

Die Quellen, aus welchen dieser Versuch einer Biographie Herbersteins geschöpft ist, müssen ihrer Reichhaltigkeit und Wichtigkeit nach, in zwei Klassen geteilt werden. Die erste begreift alle Aufsätze von Hebersteins eigener Hand, in welchen er Nachrichten von seinem Leben gibt; in die zweite setzen wir die Schriften seiner Zeitgenossen und spätere Werke, welche hierher gehöriges enthalten.

Von Herbersteins eigenen Werken sind hier folgende benutzt:

003 Im Park von Peterhof

003 Im Park von Peterhof

004 Kronstadt

004 Kronstadt

005 Die Nikolaus-Brücke

005 Die Nikolaus-Brücke

006 Das Denkmal Peters des Großen

006 Das Denkmal Peters des Großen

007 St. Petersburg, Die Börse

007 St. Petersburg, Die Börse

008 St. Petersburg, Der Kaiserliche Winterpalst

008 St. Petersburg, Der Kaiserliche Winterpalst

009 St. Petersburg, Die Isaakskirche

009 St. Petersburg, Die Isaakskirche

010 Volksleben in Petersburg

010 Volksleben in Petersburg

011 St. Petersburg, Fest der Wasserweihe auf der Newa

011 St. Petersburg, Fest der Wasserweihe auf der Newa

012 St. Petersburg, Droschke

012 St. Petersburg, Droschke

013 St. Petersburg, Der Narwa- Triumphbogen (Errichtet 1816)

013 St. Petersburg, Der Narwa- Triumphbogen (Errichtet 1816)