Schwere Sorgen

Aus: Der Müller von Wostevitz. Band 1
Autor: Carl Schmeling (unbekannt), Erscheinungsjahr: 1863
Themenbereiche
Enthaltene Themen: Kriminalroman, Rügen, Schwedenzeit, Strandräuber, Mühle, Müller, Strickreiter, Bergen, Postmeister, Postkutsche, Gasthaus, Poststation, Kutscher, Postillon, Norddeutschland, Dreißigjähriger Krieg, Pommern, Gustav Adolf von Schweden, Frieden, Mörder,
Die Begleiterin und der Begleiter der jungen Dame, welche mit in den Postwagen gestiegen, hatten die Abfahrt desselben nicht erst abgewartet, sondern nach einem kurzen Abschiede von jener den Rückweg zu ihrer Behausung sofort angetreten.

Dies konnte allerdings durch das schlechte Wetter entschuldigt werden; aber es schien auch zugleich anzudeuten, dass sich Beide nicht viel aus den Reisenden machten, oder dass sie ihnen eigentlich fremd waren.

Letzteres fand übrigens bald seine Bestätigung durch ein sich zwischen Beiden entspinnendes Gespräch.

„Ich bleibe dabei!“ sagte nämlich der junge Mann, „dass es unrecht von dem Vater ist, die Tochter allein und ohne Schutz in dieser Zeit reisen zu lassen; abgesehen davon, dass ein so junges Mädchen kaum im Stande sein dürfte, wichtige Geschäfte zu besorgen!“

„Das können wir nicht beurteilen, Wilhelm“, erwiderte die Frau. „Herr Müller musste das am besten wissen; übrigens ist es ihm schwer genug geworden, die Tochter von sich zu lassen!“

„Herr Müller, Herr Müller!“ sagte der junge Mann wie sinnend, „ich bin der Meinung, Mutter, dass unser Mieter gar nicht Müller heißt!“

„Woraus schließt Du das, mein Sohn?“

„Aus mancherlei Umständen, Mutter; denn lasse ich auch ganz das Benehmen der Leute außer Acht, so sprechen für meine Meinung doch die Wappen auf ihren Ringen; ihre Wäsche ist mit einer Krone gezeichnet, und doch erinnere ich mich nicht, den Namen Müller schon jemals als einen adeligen Namen gehört zu haben.“

„Ich habe allerdings selbst schon ähnliche Gedanken darüber gehabt, mein Sohn, aber es ziemt uns eigentlich nicht, weiter darnach zu forschen, zumal der Vater—!“

„Ja der Vater; ob er denn weiß, was es eigentlich mit den Leuten für eine Bewandtnis hat?“

„Ich glaube es und glaube es auch nicht! doch so viel ist gewiss, dass er unserm Mietsmanne Dank schuldet, den er abträgt, und deshalb müssen auch wir ein etwa vorhandenes Geheimnis achten!“

„Es ist auch vom Gegenteil keine Rede, Mutter, ich habe einen andern Grund; denn wenn Jungfrau Minna unseres Standes wäre, so — aber ich bin auf dem Wege, unsinniges Zeug zu sprechen, lassen wir die Sache einstweilen auf sich beruhen.“

„Ja wohl, mein Sohn“, meinte die Frau schnell, „und denke stets, sie sei es nicht —; Du würdest Dir Kummer dadurch sparen!“

„Den habe ich schon hinlänglich genug deshalb!“ murmelte der junge Mann seufzend, „ich glaube zu Zeiten, dass ich dem Mädchen nicht gleichgültig bin!“

„Denke nicht weiter daran; achte nicht darauf, Wilhelm, es ist mein mütterlicher Rat und Deine Mutter kann nur Dein Bestes wünschen!“

„Ich weißes, Mutter!“ erwiderte der junge Mann mit einem zweiten Seufzer, „aber da sind wir schon zu Hause!“

Mutter und Sohn waren während dieses Gespräches die Dammstraße hinauf und über den Markt gegangen; von hier bogen sie in die Raddatzer Straße ein und wendeten sich auf die letzte Äußerung des jungen Mannes einem Hause zur Rechten zu.

Durch die Spalten der Fensterladen desselben schimmerte ebenfalls noch Licht und auf ein nur leises Klopfen ward die Türe geöffnet; Beide traten in das Haus und folgten dem ihnen öffnenden Manne über den dunkeln Flur in das erleuchtete Zimmer.

Dies Zimmer war groß und geräumig, und obwohl die von der Decke herabhängende Ampel dasselbe und die Gegenstände in ihm nur trübe beleuchtete, ließ sich doch erkennen, dass die letztem von solider Arbeit waren. Zugleich konnte ein großer Tisch mit Sitzlöchern dazu dienen, den Bewohner des Hauses als ein Mitglied des ehrsamen Schneidergewerks zu bezeichnen.

„Guten Abend — oder guten Morgen, mein Alter!“ sagte die Frau zu dem Manne, der ihnen die Türe geöffnet.

Dieser war eine kleine behäbige Gestalt mit gutmütigem Gesicht. Dasselbe konnte man jetzt, bei Lichte betrachtet, von seiner Frau sagen, die gleich nach dem Eintritt ihre nassen Hüllen abwarf.

Der Sohn dieser beiden ehrsamen Bürgersleute war dagegen von Mittelgroße, schlank und gut gebaut; er hatte dunkles Haar und aus seinem bleichen interessanten Gesicht blitzten ein Paar dunkle Augen; sein Anzug wich in verschiedener Hinsicht von dem damals gebräuchlichen der Handwerker und Handwerksgesellen ab, so dass man leicht auf die Vermutung kommen konnte, er sei nicht in die Fußstapfen des Vaters getreten, um zur Fahne der Gewandschneider zu schwören.

„Nur stille!“ flüsterte der Schneider auf die Grüße der Seinen, „der Herr schläft vielleicht!“

„Werner!“ rief jedoch eine scharfe Stimme aus dem Nebenzimmer.

„Ich komme, Herr!“ antwortete der Meister wie elektrisiert und eilte, die Türe wieder hinter sich schließend, in das anstoßende Gemach.

Dies letztere war bei weitem besser möbliert, als das erstere, und seine Ausstattung zeigte sogar einen gewissen Luxus. Als zu diesem zählend konnten auch zwei auf dem Tische brennende Wachskerzen gerechnet werden, die das Zimmer so wie den Bewohner desselben vollkommen hell beleuchteten.

Der letztere war ein langer, hagerer Mann, dessen Gestalt, in einen Wolfspelz gehüllt, sich kerzengerade neben dem Tische aufrichtete. Das Haar dieses Mannes war bereits stark mit Weiß gemischt; sein voller Bart jedoch etwas dunkler. Eine krankhafte Blässe lag auf seinem scharf markierten und tief gefurchten Gesicht; auch seine hohe Stirn zeigte jene tiefen Furchen, sein Auge hatte einen unheimlichen Glanz, in der Umgebung desselben befanden sich die sogenannten Krähenfüße bedeutend ausgedrückt, und unter ihnen liegen förmlich blaugefärbte Säcke, ein sicheres Zeichen, dass dies Antlitz einst voll gewesen. Obgleich fast von dem Bart bedeckt, konnte man doch erkennen, dass seine Lippen dünn, schmal und stets wie schmerzlich zusammengekniffen waren. Auf den Backenknochen befand sich ein leichtes hektisches Rot.

Alles in Allem genommen deuteten diese Zeichen auf einen Menschen, den Gram, Kummer und Leiden körperlich und geistig erdrückt hatten; der, gegenwärtig moralisch und Physisch krank, sich nur durch die ganze ihm verblichene Energie aufrecht erhielt.

„Sind sie zurück, Werner?“ fragte der Mann den Schneider.

„Jawohl, gnädiger Herr!“ antwortete dieser leise.

„Lasse Deine Frau herein kommen,“ fuhr der Mann fort, „oder besser Beide, — auch Deinen Sohn!“

„Mutter — Wilhelm!“ rief der Schneider, und die Gerufenen erschienen sofort.

„Wie ist mein armes Kind fortgekommen?“ fragte Müller, wie man ihn wenigstens nannte.

Die Mutter nahm das Wort und erzählte mit der den Frauen bei solcher Gelegenheit eigenen Geläufigkeit und Umständlichkeit, was sie in dieser Hinsicht zu sagen wusste. Während ihrer Rede zuckte manchmal ein schmerzlicher Zug über das Gesicht des Mannes; bei Erwähnung der Reisegefährten warf er seinen Kopf zurück; die Mitteilung wegen der Eskorte schien ihm zur besonderen Beruhigung zu gereichen.

„Teilen Sie mir auch Ihre Beobachtungen mit, Wilhelm!“ sagte Müller.

Der junge Mann errötete leicht, tat dann wie ihm geheißen, und fügte noch Ansichten über den jungem Reisenden hinzu, die leicht verrieten, wie er die Sicherheit der jungen Dame auch noch von einer andern Seite als seine Mutter im Auge gehabt. Die Stirn Müllers verfinsterte sich stärker bei dem Berichte Wilhelms.

„Armes, armes Kind!“ murmelte er, „hätte ich gewusst, dass mir außerhalb des Bettes wohler sein würde, so —, doch es ist jetzt zu spät. Ich verursache Ihnen viele Mühe — einstweilen meinen Dank!“

Der Mann sprach diese Worte in einem Tone und mit einer Handbewegung, welche herablassend und gebietend genannt werden konnte; Frau Werner und Wilhelm verstanden diesen Wink und verließen das Zimmer; der Schneider folgte ihnen zögernd, doch ein Zeichen seines Gastes hielt ihn zurück.

Als sich die Türe hinter den Abgehenden geschlossen, schlug der Mann seine Arme übereinander und begann mit großen Schritten im Zimmer umherzugehen. Der Schneider verfolgte ihn schweigend mit den Blicken.

„Werner!“ begann sein Gast plötzlich, „ich bin sehr unglücklich!“

Werner verbeugte sich nur stumm; vielleicht ein Zeichen, dass er diese Klage seines Gastes nicht zum ersten Male vernahm.

„Ja, Werner!“ fuhr jener fort, „heute scheint alles Unheil, was mir im Leben begegnet, sich angesammelt zu haben, um zugleich mit seiner Wucht auf meinen geschwächten Geist zu wirken; ich fühle mich unglücklicher als je im Leben!“

„Sie sind krank, gnädiger Herr!“ antwortete der Schneider, „es ist das Fieber, welches Sie martert; Sie sollten sich legen!“

„Nein, Werner, ich muss heute ganz gegen meine Gewohnheit sprechen, ich fühle das seltene Bedürfnis der Unterhaltung; setze Dich, mein alter treuer Werner, und lass uns plaudern!“

Der Schneider verbeugte sich und kam dem Wunsche seines Gastes nach; dieser setzte seine Wanderung noch einige Zeit schweigend fort.

„Nun also!“ rief er dann plötzlich heftig, „habe ich, durch eine fürchterliche Notwendigkeit gezwungen, das letzte liebende Wesen von meiner Seele gerissen. Alle gingen, Keines kehrte zurück, auch Minna wird nicht wiederkehren; meine Ahnungen haben mich nie getäuscht. Es gibt keinen Menschen außer mir auf der Welt, den das Unglück so hartnäckig und so grausam verfolgt hätte, wie mich; glaubst Du an Gott, Werner, glaubst Du, was in der Bibel steht —?“

„Gnädiger Herr —!“ rief der Schneider fast erschreckt.

„Doch was frage ich!“ schnitt ihm jener die Rede ab, „Du gehst ja jeden Sonntag in die Kirche; ich habe bereits an Allem gezweifelt, und ich habe gewiss Ursache dazu. — Dennoch muss ich mir gestehen, dass die Bibel wahr spricht. Es ist der Fluch der bösen Tat, der auf meiner Familie, der besonders auf meinem Haupt lastet, es ist das Gesetz, welches bestimmt, dass die Sünde der Väter an den Kindern bis ins dritte und vierte Glied heimgesucht werde, ja das ist es!“

Müller hatte seinen Kopf sinken lassen und atmete schwer; sein Wirt folgte jeder seiner Bewegungen mit ängstlichen Blicken.

„Ja, Werner!“ rief der Gast heftig, „es ist so. Vom Vater verstoßen, verführt mir der Bruder das Weib; das untreue Weib stiehlt mir die Kinder; der Schwager klagt mich eines todeswürdigen Verbrechens an und bringt mich in das entehrende Gefängnis, und jetzt tauche ich wieder auf— um sie zu verderben und mich zu rächen. Erkennst Du darin das Walten des Schicksals?“

„Ich weiß nicht, was ich dazu sagen soll!“ antwortete Werner zaghaft; „Sie haben viel gelitten, gnädiger Herr, es ist wahr!“

„Wahr!“ wiederholte Müller, „und so wahr sind sie auch meiner Rache verfallen. Doch, was nutzt sie mir, — werde ich meine Kinder wiederfinden —? und wann, wie werde ich sie wiederfinden? werde ich sie in die ihnen zukommenden Verhältnisse zurückführen können, oder nicht; meine Ahnung sagt —nein! das Schicksal erfüllt mir den einen Wunsch und versagt mir den andern!“

Der Mann schritt wieder heftig umher und das Zucken in seinem Antlitze vermehrte sich; Plötzlich hemmte er seinen Schritt.

„Oder sollten mir Beide versagt werden?“ rief er mit einem grässlichen Lachen, „das wäre zu stark;— doch er kommt nicht, er ist vielleicht tot — vielleicht entdeckt und aufgehalten —!“

Müller schnellte mit einem Male seinen Kopf empor, seine Züge hatten sich völlig verändert und sein scharfer durchdringender Blick fiel auf den Schneider.

„Du sprachst mir heute von dem elenden Helfershelfer meines Bruders, über die sonstigen Sorgen des heutigen Tages überhörte ich Deine Mitteilung; was wolltest Du mir über diesen Menschen sagen?“

„Er ist hier!“ antwortete Werner.

„Golz ist hier?!“ rief der Mann mit allen Zeichen, eines heftigen Schrecks.

„Ich habe ihn in der Person des neuen Strickreiters wieder erkannt!“ fuhr der Schneider fort, „es ist seit einiger Zeit die strengere Verfolgung des Diebesgesindels auf der Insel beschlossen, und Golz soll sich in Stockholm als Spitzbubenfänger ausgezeichnet haben, wie das Gerücht sagt!“

„—Soll sich als Spitzbubenfänger ausgezeichnet haben!“ wiederholte Müller sinnend, „seit wann ist der Mensch hier?“

„Einen Tag, vielleicht zwei Tage“, antwortete Werner, „ich weiß es nicht genau!“

„Meine Ahnung!“ murmelte jener. „Werner, dieser Mensch ist Schuld, dass mein Sohn nicht angekommen; er ist nicht hier, um Spitzbuben zu fangen, sein Zweck ist ein anderer. Die Jugend ist unvorsichtig; man wird Oskars Schritte in Stockholm verfolgt haben, und dieser Bluthund ist auf ihn losgelassen worden!“

Werner zuckte nur die Achseln.

„Du antwortest nicht!“ fuhr jener fort, „wie wäre es sonst möglich, dass er nicht gekommen; Oskar sollte heute Mittag bei Saßnitz das Land betreten, wo ich ihn empfangen wollte; meine Krankheit verhinderte dies zwar, aber auch für diesen Fall war gesorgt, dass er mich hier aufsuchte, um sofort weiter zu reisen!“

„Sie vergessen, gnädiger Herr!“ sagte Werner, „dass es seit gestern früh stürmt!“

„Es ist freilich wahr!“ entgegnete Müller nachdenkend, „was gäbe ich d'rum, wenn ich Gewissheit hätte, ob mein Sohn bereits gelandet oder noch nicht!“

„Das ließe sich machen!“ antworte der Schneider, „mein Wilhelm —“

„Wilhelm!“ rief der Mann freudig überrascht, „würde er wohl —?“

„Er soll sich mit Tagesanbruch auf den Weg machen, gnädiger Herr!“

„So rufe ihn herein!“

Auf den Ruf des Vaters erschien der Sohn, noch in den vorhin von ihm getragenen Kleidern, sofort und trat mit einer Verbeugung näher.

„Lieber Wilhelm!“ begann der Gast Werners mit jener freundlichen Herablassung, durch welche höhere Personen niedere Leute ihren Wünschen zu Zeiten geneigt zu machen suchen, „Sie wissen, dass ich seit heute Mittag meinen Sohn, jedoch vergeblich, erwartet habe. Mich beunruhigt sein Ausbleiben ungemein, und ich mochte gerne Erkundigungen deswegen einziehen. Darf ich die Bitte an Sie richten, mich hierbei zu unterstützen?“

Wilhelms bleiches Gesicht färbte sich wiederum etwas dunkler; aber er verbeugte sich mit Anstand und erwiderte:

„Befehlen Sie, was ich tun soll, Herr Müller, und ich werde mich bemühen, Ihren gütigen Weisungen zu entsprechen!“

„Sie sind ein braver junger Mann, Wilhelm. Sie haben nur nötig, nach Sassnitz zu gehen und in dem dortigen Gasthause zu fragen, ob Oskar Müller bereits angekommen; ist er dort, so führen Sie ihn her, ist er noch nicht angelangt, so erwarten Sie ihn vielleicht, doch ich überlasse dies Ihrem Ermessen.“

„Ich werde tun, wie mir geheißen!“ antwortete Wilhelm.

„Wann werden Sie abgehen?“

„Sofort!“

Der Mann verbeugte sich, Wilhelm desgleichen, und jene Bewegung des Gastes für eine Verabschiedung ansehend, verließ er das Zimmer. Werner wollte folgen.

„Bleib noch, Werner“, sagte der Mann, ihm die Hand reichend, „ich werde Dir nie vergessen, was Du für mich tust; nein gewiss, nie. — Das wollte ich Dir noch sagen, ehe ich Ruhe suche — ob ich sie finden werde? Gott mag es wissen; aber ich fühle mich jetzt angegriffen.“

Müller schritt hiernach gebeugt auf sein Lager zu und streckte sich auf dasselbe aus. Werner verließ ihn mit dem Wunsche guten Schlafs und guter Besserung.

Unterdessen hatte sich im Vorderzimmer zwischen Mutter und Sohn ein leiser aber hartnäckiger Streit erhoben. Denn die besorgte Frau wollte den Sohn erst mit Anbruch des Tages fortlassen, wogegen dieser, seinem Versprechen gemäß, sich sogleich auf den Weg machen wollte.

Als der Vater eintrat, schlug er sich in diesem Kampfe auf Seite der Frau, und Beide machten dem Sohne eindringliche Vorstellungen, sich nicht der Gefahr des Verirrens in der Dunkelheit und der noch größeren des Überfalls auf den unsicheren Landstraßen, besonders nach der dortigen Richtung hin, auszusetzen. Doch Wilhelm blieb hartnäckig bei seinem Entschluss.

„Wozu habe ich auf der Universität den Gebrauch der Waffen gelernt!“ rief er endlich dazwischen, und ich werde nicht ohne Waffen gehen!“

„Aber Du bist allein!“ warfen die Eltern ein.

„Ich fürchte mich nicht!“ rief jener, „es ist übrigens auch mein Wunsch, allein zu sein und hinaus zu kommen; es wird mir hier zu eng im Zimmer und im Hause!“

Wilhelm nahm seine Waffen, sagte den Eltern Lebewohl und ging.

Zwischen seinen Eltern aber entspann sich jetzt eine lange Unterhaltung, in der die Frau dem Manne ihr Gespräch mit dem Sohne von vorhin mitteilte.

Diese Mitteilung versetzte den ehrsamen Schneider in eine gewaltige Unruhe; er erhob sogar seine Stimme manchmal laut, machte sich, seiner Frau und weiß Gott wem Vorwürfe, und wünschte selbst seinen Gast weit entfernt von hier.

„Das gibt ein neues Unglück,“ jammerte er dann, „das stößt am Ende dem armen Herrn noch das Herz ab, wenn das Fräulein —!“

„Das Fräulein?“ fragte seine Frau erstaunt.

„Nun ja!“ rief der Schneider, „unter diesen Umständen muss es heraus, aber Gnade Dir Gott, wenn Du plauderst, Fräulein Minna ist nicht für unsern Jungen, mag er auch zehn Mal ein Studierter sein — sie ist —, sie ist —!“

„So sage mir doch endlich die Wahrheit, wer die Leute eigentlich sind, Mann!“

„Ich will es!“ erwiderte der Schneider, „aber hältst Du nicht deinen Mund, so —, ja ich weiß nicht, was dann geschehen könnte. Der Mann ist derselbe, dem ich die Mittel zum Anfange meines Geschäfts, dem wir unser Haus und unsern Wohlstand verdanken —, es ist —!“

Die Frau war zurückgefahren und sah den Mann verdutzt an.

„Ja, ja, er ist es!“ fuhr jener fort, „es ist Niemand anders, als der Graf Arved Pachelson in eigener Person!“

Bergen auf Rügen

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Rügen, Jagdschloss Granitz

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Rügen, Schloss Ralswieck

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Wolgast, Hafen mit Zugbrücke

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