Notizen über Schwedens Land und Volk von Carl Gustav Laurin

Die Natur ist in dem langgestreckten Schweden — unser längliches Land, wie man scherzhaft zu sagen pflegt — sehr verschieden. Ein Siebentel des Landes liegt innerhalb des Polarkreises. In Schonen (schwedisch Skäne, sprich Sköne) gleicht das Klima dem mitteleuropäischen. Vom nördlichsten bis zum südlichsten Schweden sind es 1.600km, d. h. ebenso weit, wie von Malmö bis nach Neapel. Der reichste Teil des jetzigen Schwedens ist Schonen. Diese Provinz ist beinahe ebenso groß wie das Großherzogtum Mecklenburg-Schwerin und außerdem der ungleich fruchtbarste Teil Schwedens, ja so fruchtbar, dass es den Wettstreit mit den allerergiebigsten Teilen Mitteleuropas aufnehmen könnte. Erst durch den Frieden von Roskilde, 1658, fiel Schonen an Schweden. Zusammen mit dem großen Kurfürsten hatte der schwedische König Karl X. Gustav 1656 bei Warschau gegen einen beinahe dreifach zahlreicheren Feind gesiegt. Im folgenden Jahre, während der König noch in Polen war, hatte Dänemark Schweden den Krieg erklärt, und Karl Gustav zog nun durch Deutschland nach Jütland und ging mit seinen Truppen — einem Heer von 8.000 Mann auserlesener Mannschaft — auf dem damals gerade gefrorenen Kleinen und Großen Belt über das Eis. Er fiel in Seeland ein und zwang hierdurch den dänischen König ihm Schonen und die angrenzenden Provinzen Blekinge und Halland abzutreten. Dies ist der wichtigste Gewinn, den Schweden jemals in einem Kriege errungen hat.

Schonen, besonders sein südlicher Teil, ist eine wohlbebaute Tiefebene mit wenig Wald. Hier und da ein Hügel mit einem kleinen Gehölz, der weithin sichtbar ist und der Landschaft einen malerischen Zug verleiht. Die Wälder, die Schonen besitzt, sind im allgemeinen Buchenwälder ohne Gras und Pflanzenwuchs unter dem dichten Laubwerk, und bilden eine erwünschte Abwechselung für das Auge, wenn man über die weite Ebene hinausschaut, wo hier und da ein altes, von dunkelroten Ziegelsteinen gebautes Schloss in einem gewaltigen Park thront, wo aber noch häufiger die hohen Schlote der Zuckerfabriken oder anderer industrieller Werke emporragen oder eine freundliche weißgetünchte Dorfkirche mit Treppengiebel sich vom Himmel abzeichnet. Auf den endlosen Rübenfeldern arbeiten Galizier, die bei der Rübenernte einen erwünschten Zuschuss zu der heimischen Arbeitskraft geben. Nicht selten sind Äcker und Landstraßen von Weidenbäumen umsäumt, die, um Brennholz zu gewinnen, gestutzt sind und der Landschaft, die nicht selten durch eine auf einen Hügel verlegte Windmühle mit schwingenden Flügeln belebt ist, einen gewissen Charakter verleihen.


Schonen und das südliche Halland sind ganz verschieden von dem übrigen Schweden. Es fehlen hier die vielen Seen und die Weideplätze mit frei weidendem Vieh. Doch hat Schonen den von Buchen bekränzten Ringsjö und einige andere Seen. Die Provinz hat keine Schären, etwas für schwedische Küsten ganz Ungewöhnliches; statt dessen sieht man aber das Meer und die schöne Strandlinie. Am Öresund, an der nordwestlichen Spitze Schönens, ist eine etwa 200 Meter hohe freistehende Bergkette, Kullen genannt, mit Riviera-Natur. Von dem Leuchtturm auf Kullen sieht man weit hinaus über das Meer, wo des Abends die Feuerwarten an der Küste Seelands aufblitzen, um Dampfern und Segelschiffen den Weg durch den Öresund zu zeigen. Infolge des großen Abstandes scheinen sie über die Meeresfläche zu kriechen. Während des Krieges sind sie jedoch, um deutschen oder englischen Unterwasserbooten auszuweichen, gezwungen, genau den Küsten zu folgen, denn die Territorialgrenze verläuft, wie bekannt, nur wenige Meilen außerhalb der Küste.

In Südwest ragt eine lange, aber ganz niedrige Landzunge, Falsterbo Ref, in das Meer hinein. Hier liegt das kleine, hübsche Städtepaar Skanör und Falsterbo mit einem gemeinschaftlichen Bürgermeister, ein schwedisches Kyritz-Pyritz, mit Fachwerkhäusern und Gänseherden auf den Strassen.

Kommt ein Schwede aus dem oberen Schweden nach Schonen, so hat er das Gefühl, als wäre er schon beinahe im Auslande.

Ungewöhnlich schnell nach der Eroberung fühlte sich Schonen als schwedisch. Außerordentlich viel hat hierzu die schon im Jahre 1668 in der uralten Bischofstadt Lund gegründete Universität beigetragen. Schon 10 Jahre vorher hatte Karl X. Gustav den schwedischen Reichstag — einen Reichstag, in dem auch die Bauern ein wichtiges Wörtlein mitzusprechen haben, hat es in Schweden schon seit 1434 gegeben — gefragt, „wie die neugewonnene Provinz am besten zu behandeln sei, damit man die Liebe der Untertanen erwerbe und sie so mit den übrigen Untertanen Sr. Majestät in Einigkeit und Vertrauen verbunden werden könnten, so dass keiner rechtmäßigen Grund zu der Klage habe, dass seine Lebensbedingungen sich unter dem Regimente Sr. Majestät verschlechtert hätten“. Ist Lund mit seinem alten ehrwürdigen romanischen Dom, der im zwölften Jahrhundert eingeweiht und nach dem Muster rheinländischer Kirchen gebaut ist, die geschichtlich denkwürdigste Stadt in Schonen, so wetteifert doch Malmö auch in dieser Beziehung mit ihr, und ist außerdem die größere an Einwohnerzahl. Malmö hat über 100.000 Einwohner und nimmt den dritten Platz unter den Städten Schwedens ein. Die Hanseaten nannten Malmö, wahrscheinlich infolge der Gestalt des Hafens, Elbogen. Die Stadt liegt am Öresund und ist der Endpunkt des Eisenbahnverkehrs zwischen Stockholm und Kopenhagen. Malmö hat einen alten Kern mit engen Gassen und Fachwerkhäusern. Man findet hier die große, schöne, alte, stark an die Kirchen in Lübeck erinnernde Sr. Petrikirche in Ziegelsteingotik. Hier liegt auch der Mittelpunkt der Stadt, der Große Marktplatz mit dem Rathaus und dem kleinen Palast des Oberpräsidenten. Mitten auf diesem Platze steht ein prächtiges Bild Karls X. Gustav von Börjeson. Wohlbeleibt und freundlich, aber gebieterisch sitzt er auf seinem starken Streitross, wie er ins Vaterland zurückkehrt mit der größten Kostbarkeit, die je ein schwedischer König seinem Volke geschenkt hat, dieser Vollendung des schwedischen Machtgebietes, das nach dieser Zeit den ganzen östlichen Teil der Skandinavischen Halbinsel ausmacht.

Malmö ist eine hervorragende Handels- und Industriestadt, die sich in den letzten zehn Jahren ganz bedeutend entwickelt hat, nicht zum wenigsten durch die große Baltische Ausstellung, auf der gerade bei Ausbruch des Weltkrieges Schweden, Dänemark, Deutschland, Russland und Finnland im friedlichen Wettkampf ihre Kulturschätze aufwiesen.

Hälsingborg war Jahrhunderte lang ein befestigter Platz an dem schmälsten und nördlichsten Teil des Öresund. Jetzt ist es eine bedeutende Handels- und Fabrikstadt. In zwanzig Minuten kommt man mit der Dampffähre nach der dänischen Stadt Helsingör und dem im 16. Jahrhundert erbauten stattlichen festen Schloss Kronborg. Ein Schwede, der von einer Dänin gefragt wurde, welche Küste die schönere sei, die schwedische oder die dänische, erwiderte höflich: „Die schwedische, denn von dort sieht man die dänische.“

Der Öresund, den der dänische Dichter „die wogende Landstraße, die eine nicht trennende Grenze bildet“, genannt hat, ist eine der schönsten Fahrstraßen der Welt.

Die Bewohner Schönens machen ein Siebentel der Bevölkerung Schwedens aus. Dort wohnt ein großer Teil der schwedischen Aristokratie. Keine schwedische Provinz hat so viele Schlösser und Herrensitze. Es ist nicht zu viel gesagt, dass die Bauern Schönens die reichsten und tüchtigsten des Landes sind, und was die Arbeiter betrifft, so sind die sozialistischen Verbände Schönens ohne Frage nächst denen der Hauptstadt die bedeutendsten.

Die Mundart Schönens zeichnet sich durch schnarrende und breite Laute aus. Dem mittel- und nordschwedischen Ohre klingt sie selbstbewusst und äußerst humoristisch. An bessere und reichlichere Nahrung gewöhnt, dichter wohnend und deshalb mehr gewohnt einander zu treffen, sind die Bewohner Schonens dafür bekannt, dass sie sich weniger unterschätzen, als die übrigen Einwohner des Reiches.

In der Ostsee liegen die zwei größten schwedischen Inseln:

Öl and ist die kleinste Provinz Schwedens. Ungefähr 150 Kilometer lang und im allgemeinen etwa 5 Kilometer breit, liegt diese Insel längs der Küste von Småland. Ihr Hochplateau besteht aus braungebrannten Grasebenen, und an den Seiten suchen die Schafe hinter den roten Kalksteinmauern Schutz vor dem Winde. Dort oben ist beinahe eine Wüstenei, der Uferstreifen bietet aber die fruchtbarste Vegetation dar.

Gotland, Schwedens wichtigste Insel, zweimal so groß wie Rügen, war einst der Mittelpunkt in der Ostsee. Hier trafen die Kaufleute zusammen, hier erhoben sich im 12., 13. und 14. Jahrhundert die Kirchen in Visby, die jetzt im allgemeinen nur Ruinen sind. Die außerordentlich malerische Handelsstadt hat noch ihre beinahe unbeschädigten Stadtmauern aus dem Mittelalter erhalten. Mit ihrem Felsgrund aus Kalkstein und Sandstein unterscheidet sich die ihres milden Klimas und ihrer südländischen Vegetation wegen bekannte Insel bedeutend von dem schwedischen Festlande. Keine Provinz in Schweden hat eine so selbständige und reiche Architektur aufzuweisen, wie die gotländische mittelalterliche.

Schweden hat im Westen nach dem Kattegatt eine Küste von etwa 300 Kilometer. Ein Teil von Schonen, ganz Hailand, ein kleiner Teil von Westgotland mit der Stadt Gotenburg und ganz Bohuslän grenzen hier im Westen an das Meer. Dieses ganze Gebiet fiel, mit Ausnahme der westgotischen Küste bei Gotenburg, die altes schwedisches Land ist, 1658 in dem schon erwähnten Frieden zu Roskilde Schweden zu. Schonen und Mailand wurden Dänemark, Bohuslän dem damals unter Dänemarks Herrschaft stehenden Norwegen abgerungen.

Die wichtigste Stadt der Westküste, Schwedens zweite Stadt, ist Gotenburg mit 200.000 Einwohnern. Es wurde 1619 von Gustav II. Adolf angelegt, und wie der große Kurfürst am Ende des 17. Jahrhundert Holländer einlud, sich in Berlin und Umgegend niederzulassen, so rief auch unser großer König solche, aber auch Deutsche und Schotten, nach Gotenburg. Gotenburg wurde eine Handelsstadt, und ist der größte Ausfuhrhafen Schwedens. In keiner Stadt unseres Land ist der Lokalpatriotismus so entwickelt, wie in Gotenburg. An großartigen Donationen, gut geleiteten und aus Privatmitteln unterhaltenen Stiftungen hat es nicht seines gleichen in Schweden. Die baumbepflanzten Kanäle erinnern an die Holländer, die bei der Gründung der Stadt teilnahmen, und viele der bedeutendsten Handelshäuser tragen noch englische Namen. Gotenburg ist, wie gesagt, vor allem eine Handelsstadt. Die Westküstenbahn verbindet es mit Schonen, Hailand, Bohuslän und Norwegen, die Bergslagsbahn mit den Erzfeldern Mittelschwedens und die Westliche Stammbahn mit der Hauptstadt. 1832 wurde der Götakanal fertig. So konnte man mit dem Schiff durch das Land und über die großen Binnenseen, den Wetterund Wenersee, zwischen der Ostsee und Gotenburg fahren. Eisen, Holz, Papiermasse und Papier werden ausgeführt. Nach England geht außerdem schwedische Butter. Auch der Handel mit Deutschland, sowohl die Einfuhr wie die Ausfuhr, ist groß. Neulich wurde eine direkte schwedische Amerika-Linie, von Gotenburg ausgehend, gegründet. Gotenburg ist auch eine bedeutende Fabrikstadt mit Baumwollwebereien und riesengroßen Fabriken für Kugellager. Der Reichtum spielt in Gotenburg eine größere Rolle, als in anderen schwedischen Städten, aber der Wahlspruch „Reichtum verpflichtet“ ist auch in einem hohen Grade gotenburgisch. Hier befindet sich sowohl eine Hochschule wie andere wissenschaftliche Anstalten, die aus Privatmitteln unterhalten werden, und seine Museen sind über ganz Schweden bekannt, das Kunstmuseum wegen seiner großen Schätze, besonders an moderner Kunst, und das stattliche Gewerbemuseum wegen seiner prächtigen praktischen Anordnungen. Von denen, die sich während der letzten Jahrzehnte des 19. und am Anfang des 20. Jahrhunderts in moderner Kunst ausgezeichnet haben, nehmen Zorn, Carl Larsson, Liljefors, Karl Nordström und Carl Wilhelmson einen hervorragenden Platz in dem Gotenburger Museum ein. Pontus Fürstenberg war in neuerer Zeit der größte Kunstmäzen Schwedens, und dieser Gotenburger schenkte seine kostbaren Sammlungen seiner Stadt.

Dicht neben der Deutschen Kirche, der schönsten der Stadt, liegt ein großes Haus, das jetzt als Museum eingerichtet ist. Früher hatte die Ostindische Kompanie hier ihre Lokale. In der Mitte des 18. Jahrhunderts trieb diese Handelskompanie Frachtfahrt nach China und führte große Massen chinesischen Porzellans nach Schweden. Dieses erhielt und hat noch heute bei uns seinen Namen nach der Kompanie und heißt ostindisches Porzellan. Oft wurden Zeichnungen schwedischer Landschaftsbilder und Herrenhöfe, und ganz besonders schwedischer Adelswappen, mitgesandt, die dann von den Chinesen auf das bestellte Porzellan gemalt und mit der nächsten Reise des Schiffes wieder zurückgebracht wurden.

Gotenburg ist der materielle und geistige Mittelpunkt Westschwedens. Die ebengenannte Küstenlandschaft Bohuslän beginnt nördlich von Gotenburg und geht bis zur schwedischen Grenze. Die ganze Landschaft ist voll waldloser, von den Eismassen geschliffener und von den Meereswogen umspülter Klippen. Die inneren Teile sind in den schmalen Tälern fruchtbar. Die rötlichen, ziemlich niedrigen Felsenplatten fallen steil in das weisschäumende Kattegatt ab und besitzen beinahe gar keine Vegetation. Die Städte, von Norden an gerechnet, Strömstad, Uddevalla, Lysekil, Marstrand und Kungelf, sind unbedeutend. Alle, außer Kungelf, liegen am Meere, dieses letztere liegt im Inneren des Landes am Götastrom, ungewöhnlich malerisch und schön, dicht bei der jetzt geschleiften Festung Bohus. Hübsche Fischerdörfer kommen dagegen überall in den Buchten vor. Dort wohnt eine abgehärtete und ernste Bevölkerung. Im Herbst, und besonders im Winter, wird der Heringsfang betrieben, und wenn die Heringsfischerei auch jetzt keine so große Bedeutung für die Ökonomie Schwedens hat, wie früher, so verwandeln sich die glitzernden Heringszüge doch in eine recht ansehnliche Menge blanker silberner Kronen. Man betreibt den Heringsfang jetzt mit Motorbooten, geht weit ins Meer hinaus und benutzt s. g. Schnürnetze. Mit einem solchen kann man, wenn das Glück gut ist, auf einmal 300 Tonnen Heringe fangen. Es ist sogar vorgekommen, dass man, nach dem die Netze zugezogen waren — ihr Umkreis umfasst ungefähr den Raum des Schlosses zu Berlin — einen Wal gefunden hat, der natürlich, von der ganzen Heringsschar begleitet, sofort durch das Netz ging. Ein großer Teil der in Bohuslän gefangenen Heringe geht nach Lübeck und Stettin, viel wird aber auch in Schweden verzehrt, wo Kartoffeln und Hering die Nahrung der Armen ist.

Die Bewohner von Bohuslän sind ganz natürlich gute Seeleute. Die Jungen heuern oft auf Schiffen, die lange Seereisen machen, und des Sommers pflegen viele Schweden, die nach den Bädern Marstrand und Lysekil in Bohuslän reisen, mit den breiten, soliden Segeljachten zu segeln, die, mit einem handfesten alten Fischer am Ruder, ruhig und sicher zwischen den unzähligen Schären und Inseln kreuzen.

Manche Deutsche gehen, ohne es zu wissen, auf bohusländischem Boden, denn eine große Ausfuhr von Pflastersteinen von den bohusländischen Felsen findet nach den Städten Norddeutschlands statt.

Über der Küstenbevölkerung liegt oft eine Mischung von Abenteuerlust und zähem Festhalten an alten Sitten und Gebräuchen. Dies ist auch in Bohuslän der Fall, und sieht man die von ihrem Landsmann Carl Wilhelmson gemalten Bilder der selbstbewussten bohusländischen Fischer und ihrer gewöhnlich schwarzgekleideten ernsten Frauen mit ihren um den Kopf gebundenen seidenen Tüchern, wenn sie zur Kirche gehen oder rudern, so erhält man den Eindruck von etwas Kerngesundem. Gerade in dem Ort, wo Wilhelmson jetzt im Sommer wohnt und malt, wurde ein ganzer Teil der tapferen Matrosen, die an der gewaltigen Seeschlacht bei Horns Ref im Skagerack teilgenommen hatten, feierlich zur Erde bestattet. Hier an der schwedischen Küste hatte nämlich das Meer seine Beute wiedergegeben.

                    ******************************

„Ein eiserner Gürtel schließt sich um den Leib Sveas“, hat ein Dichter gesagt. Dieses Erzgebiet heißt Bergslagen und umfasst Teile verschiedener Provinzen.

Die in der Geschichte Schwedens oft genannte Stadt Örebro im Provinz Närke, mit ihren alten Schlosse, war vorher der wichtigste Ort für die Eisengeschäfte.

Das nördlichste Norrland führt Erze aus, das übrige Norrland lebt meistens von der Holzausfuhr. Das nördliche Svealand hat Bergwerke, Hochöfen und Eisenhütten seit dem 13. und 14. Jahrhundert, aber auch den Dalstrom in Dalekarlien und den Klarstrom in Wermand herunter gleiten die unzähligen Baumstämme.

Kernvoll und schön beschreibt unser großer schwedischer Dichter und Geschichtsschreiber Erik Gustav Geijer eine Bergslagslandschaft im Winter. Er schildert hier sein eigenes wermländisches Elternheim. “In dem größten Teil des Landes hat erst das Eisen den Boden urbar gemacht ... Eisenhütten und nordischer Winter gehören zusammen, das ist ihre schönste Jahreszeit. Diese Flammen in tiefen Schneehaufen, das unter Gewölbern und Pfeilern von Eis hervorbrausende Wasser; die schweren, weithin schallenden Hammerschläge, die einer zur Ruhe gefrorenen Natur zeigen, dass der Mensch wach ist; Kraft der Sehnen und Schweiß in Kälte und Schneewehen, Kohlen- und Roheisenfahrer in langen Reihen mit beeisten Bärten, wiehernden Rossen mit warmen Wolken aus den Nüstern.“

Wermland ist besonders reich an genialen Persönlichkeiten gewesen: Geijer, Tegner, Fröding, Selma Lagerlöf. Die Natur in Wermland und Dalekarlien erinnert an Norrland. Dalekarlien ist zweimal das Herz Schwedens gewesen. Im Jahre 1430 fassten die Dalekarlier den Beschluss, das Land vom dänischen Druck zu befreien, und führten ihn durch, und der Bergslagsmann Engelbrecht war da ihr Anführer. Nicht hundert Jahre später, im Jahre 1520, tat der junge Edelmann Gustav Eriksson Wasa mit Hilfe der Dalekarlier das gleiche, und gründete ein, wie man hoffen darf, für immer freies Schweden.

Der Kern Dalekarliens sind die Kirchspiele Leksand, Rättvik und Mora ringsum den See Siljan. Trotz der modernen Nivellierungstendenzen sieht man dort noch das Landvolk, sowohl das männliche wie das weibliche, in den alten Volkstrachten, und die Dalekarlier wohnen, im Gegensatz zu den Einwohnern des übrigen Landes, am liebsten in Dörfern. Aus Dalekarlien wandern die Bauernmädchen, die „Kullor“ genannt werden, oft aus, um durch Gartenarbeit und in Brauereien ihr Auskommen zu verdienen; zwei der am meisten bewunderten Maler Schwedens, Carl Larsson und Anders Zorn, wohnen in Dalekarlien. Der erstere, der unter anderem sein Heim und seine Familie so gemalt hat, dass nicht nur Schweden, sondern auch Deutsche sich an diesem Haus in der Sonne erfreut haben, ist der beliebteste Künstler unseres Landes. Anders Zorn, der in Mora geboren und auch dort wohnhaft ist, ist der Maler der Lebenslust, und die von ihm gemalten Dalekarlierinnen sehen so gesund aus, dass man sich bei ihrem Anblick selbst wohler fühlt.

Um den Mälarsee liegen im Norden die Provinzen Westmanland mit Westerås, alte Stadt, jetzt mit großindustriellem Betrieb, und Uppland, im Süden Södermanland. Der am meisten urschwedische Platz, den es gibt, ist Alt-Uppsala mit den drei Königshügeln. Dort stand bis Anfang des elften Jahrhunderts mitten im uralten schwedischen Kulturland der alte Tempel der Svear. Hier in Uppland finden sich auch nahezu tausend Runensteine, von welchen die meisten in Zeiten, wo französische, deutsche und englische Kreuzritter das heilige Grab befreiten, eingeritzt wurden. Diese Runensteine zeigen, jetzt an uppländischen Wegen und in uppländischen Hürden stehend, ihre zerschlissenen Schlangenwindungen und kurzen Mitteilungen über Heldenleben und Wikingertaten.

Das neue Uppsala mit seinem nach einem französischen Plane gebauten Dom wurde der geistige Mittelpunkt des mittelalterlichen Schwedens, und von 1470 an wirkt in dieser kleinen Stadt Uppsala die Universität, deren Weltruf vielleicht am größten war, als Linne dort im 18. Jahrhundert über seine Blumen Vorlesungen hielt. Und in Uppland wurde Gustaf Wasa geboren, „er, der unser Schweden vom Grund bis zum Dach gemauert hat“.

Uppland ist, wie die zwei Kulturgegenden des Götalandes, Westgotland zwischen den großen Binnenmeeren, dem Wener- und Wettersee, und Ostgotland, zwischen dem Wettersee und der Ostsee, ein ackerbautreibendes Land. Sowohl West- wie Ostgotland sind „historische“ Gegenden. Die kirchliche Hauptstadt Ostgotlands ist Linköping, die größte Fabrikstadt ist Norrköping in der Nähe von Bräviken, einem Meerbusen der Ostsee. In Westgotland begann zu Anfang des 11. Jahrhunderts das Christentum im Ernst in unserem Land festen Fuß zu fassen. In Ostgotland lebte die heilige Birgitta die mächtigste religiöse Persönlichkeit des schwedischen Mittelalters. Und hier erhoben sich im 16. Jahrhundert die Bastionen und Giebel der Burg Wadstena, ein mächtiges Schloss und eine starke Feste, die auf die blauen und durchsichtigen Wogen des anmutigen Wettersees hinausblickte, während in Westgotland in der Hälfte des 19. Jahrhunderts Karl Johann am anderen Ufer des Wettersees die Festung Karlsborg in der Absicht baute, hierdurch eine Zentralverteidigung zu schaffen, Ideen, die jetzt aufgegeben sein dürften.

Gewaltige Waldungen, jetzt immer mehr durch Äcker verdrängt, trennten die Hauptgebiete schwedischer Bebauung von dem schonisch-halländischen Flachlande. Und man wundert sich nicht darüber, dass die wellige, waldige Provinz Småland ein Volkstrenner sein konnte. Die schwach bevölkerte Provinz ist beinahe ebenso groß wie die ganze Schweiz. Die Småländer werden für arbeitsam und schlau gehalten. Die größte Stadt Smålands ist Jönköping, mit 30.000 Einwohnern, eine hübsch an dem Wettersee gelegene Stadt, weltbekannt durch ihre Zündhölzerfabriken. Während in Dalekarlien Schlösser und Herrenhöfe beinahe vollständig fehlen, sind wiederum die Provinzen Södermanland und Ostgotland reich an solchen, und an den Ufern des tief ins Land eindringenden Bråviken wie in den Birkenhainen Södermanlands und an den sörmländischen kleinen Seen erhebt sich manch weißgetünchtes und großes, in der Regel im 17. Jahrhundert aufgeführtes Schloss. In ganz Schw'eden, außer in den eroberten Provinzen, sieht man die in Grün eingebetteten kleinen rotbemalten Bauernhäuser. Schweden ist ein altes Bauernland, das im 17, Jahrhundert und einige Jahrzehnte ins 18. Jahrhundert hinein trotz seiner unbedeutenden Einwohnerzahl eine kriegerische Großmacht war. Während dieser Zeit wurden Schlösser gebaut; es war die Zeit, wo der Adel regierte. Im 18. und 19. Jahrhundert wurden Fabriken und im 20. Jahrhundert elektrische Kraftanlagen und vieles andere gebaut. Die Baukunst steht in der Gegenwart hoch in Schweden, und dasselbe gilt von der Ingenieurkunst. Und mit jugendlicher Energie baut man an der Ausnutzung unserer natürlichen Hilfsquellen. Das angebaute Gebiet hat sich seit einigen Jahrzehnten verdoppelt, trotzdem das Land gleichzeitig in einem ebenso hohen Grade ein Industriestaat geworden ist. Die Kommunikationen haben die verschiedenen Landesteile an einander gebunden. Die wenigen Einwohner auf dem ungeheuren Gebiet bewirken, dass man in unserem Lande doppelt so viele Bahnkilometer auf den Einwohner hat, als in irgendeinem anderen Lande in Europa, und dies trägt natürlich auch dazu bei, den Einfluss und Reichtum in unseren früher so armseligen Städten zu Vermehren, und kommt in erster Reihe der Hauptstadt zugute.

Stockholm ist die größte Stadt der Halbinsel. Es zählt über 400.000 Einwohner. Ganz einzig in ihrer Art ist ihre wunderbar schöne Lage auf den Inseln und an den Ufern am Auslauf des Mälarsees in die Ostsee, und doch durch die Schären vom offenen Meere getrennt, in das man erst nach dreistündiger Fahrt an waldbekleideten Eilanden und Inseln gelangt.

Der Mittelpunkt der Stadt ist die Insel, die den Namen „die Stadt innerhalb der Brücken“ trägt. Dies war einstmals das ganze Stockholm. So kam der denkwürdige Tag, wo das schwedische Heer an der ummauerten kleinen Stadt die Dänen bei Brunkeberg, einige Schritte von dem Schlosse, geschlagen hatte. Es war im Jahre 1471, und in der Siegesfreude der Befreiung von der Fremdherrschaft hob man auch die für die Schweden kränkende Bestimmung auf, dass die Hälfte der Stockholmer Ratsherren aus Deutschen bestehen solle.

Auf dem Stadsholmen, am Norrström und direkt am Hafen — die großen Schiffe können bis ins Herz der Stadt gelangen — erhebt sich „das edle Geviert des Schlosses“. Es wurde in der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts von Nicodemus Tessin in römischen und großzügigen Formen erbaut. Die Große Kirche liegt unweit des Schlosses. Der Lübecker Berndt Notke hat 1489 für diese Kirche das erste Nationaldenkmal Schwedens, einen gewaltigen St. Göran mit dem Drachen in gemaltem Holz, eine Erinnerung an die Schlacht bei Brunkeberg, ausgeführt. Die Deutsche Kirche — ihr Inneres ist eines der schönsten der Stockholmer Kirchen — liegt auch auf der Stadtinsel, die mit ihren engen Straßen und Gassen, ihren alten Barockportalen aus dem 17. Jahrhundert und ihrem Volksleben der interessanteste Stadtteil ist.

Zwei andere Inselchen sind mit der Stadt innerhalb der Brücken durch Brücken verbunden, der Helgeandsholmen mit dem ziemlich banalen Reichstagsgebäude, und der Riddarholmen, „Schwedens heiligstes Eiland“, wo die Kirche der Graubrüder oder Franziskaner, jetzt Riddarholmskirche genannt, am Ende des 13. Jahrhunderts aufgeführt wurde. Sie ist eine schwedische Gedenkkirche geworden. Hier ruhen unsere großen Könige Gustav II. Adolf, Karl X. Gustav, Karl XI., Karl XII., Gustav III. und Karl XIV. Johann. Mit Stolz lesen wir an den Außenmauern der Kapelle, in der Gustav Adolf, der größte und edelste König des Nordens, ruht, er, der Norddeutschland dem Protestantismus gerettet hat: „Suecos exaltavit“, „Er ließ die Schweden ihre Größe erkennen“ und „siegte im Tode“, „Moriens triumphavit“. Die schönste Grabschrift, die man sich für einen schwedischen Kriegerkönig denken kann.

Stockholm ist eine reinliche und schön gebaute Stadt, und die Höhenunterschiede sowie die kleinen und großen Wasserflächen machen den Gesamteindruck ungewöhnlich lebendig. Von den älteren Gebäuden ist das im 17. Jahrhundert erbaute Ritterhaus nach dem Schlosse das schönste. Auch dieser auf Axel Oxenstiernas Anregung aufgeführte Palast liegt auf der eigentlichen Stadtinsel. Nach Norrmalm gelangt man auf der mächtigen, in neuantikem Stil erbauten Nordbrücke, die vom Schlosse nach dem Gustav-Adolf-Platz geht. Dieser letztere hat seinen Namen von der Reiterstatue Gustavs II. Adolf erhalten. An Kunstwert kann diese Statue keineswegs mit dem genialem Bild Sergels an der Ostseite des Schlosses verglichen werden. Dieses Standbild von Gustav III. zeigt diesen in vielen Beziehungen großen König, als er nach seinem bedeutenden Seesieg über die Russen ans Land stieg. Am Gustav Adolf-Platz liegt die Oper, ein neues Bauwerk, das das alte ersetzt hat, in dessen ungewöhnlich schönem Rokokosalon Gustav III. im Jahre 1792 erschossen wurde. Die Stockholmer Oper ist eine der ältesten derartigen Institute Europas und begann 1782 ihre glänzende Wirksamkeit.

Von dem Bergrücken, auf dem der südliche Stadtteil gebaut ist, sieht man über den Hafen mit seiner Menge von Schiffen, über die Stadt, den Riddarholmen und die Bucht des Mälarsees, in welcher Stockholm liegt. Am Ufer des Mälarsees erhebt sich das gewaltige neue Stadthaus, das seine roten Ziegelmauern und seinen Riesenturm im See spiegelt. Dahinter sieht man den kräftigen Rathausturm, der zu einem 1915 fertig gewordenen strengen, ernsten, in Form und Charakter echt altschwedischen Gebäude gehört.

Stockholm ist der Brennpunkt der nationalen Arbeit mit Hochschule, wissenschaftlichen Instituten mit vielen weltberühmten Namen und wohlgeordneten Museen. Es ist aber auch eine Stadt von Musik und Vergnügungen. Eine große Anzahl gutgeleiteter Theater spielt ein abwechselndes Repertoir.

Schwedens größter Lyriker Bellman, gestorben 1795, wurde hier geboren und beschrieb, abwechselnd mutwillig und melancholisch, die Freuden des Volkslebens.

Und auch August Strindberg, unser größter Dramatiker, ist ein geborener Stockholmer.

Der Tiergarten ist ein natürlicher, vom Wasser umflossener Park mit Schlössern und Villen. Hier liegt Skansen, ein Volks- und Freiluftmuseum, das die Tätigkeit und den Plan für das ebenfalls im Tiergarten belegene große Nordische Museum ausfüllt und vollendet. Beide sollen eine Zusammenfassung des schwedischen Kultur- und Volkslebens bilden. Eine stattliche Waffensammlung und viele in Norwegen, Dänemark, Russland, Polen, Deutschland und Österreich errungene ehrenvolle Trophäen bilden das Zentrum dieses Museums. Diese Erinnerungen an schwedische Tapferkeit sind von Sälen mit Gegenständen aus der Bauern-, Bürger- und Salonkultur aller Jahrhunderte umgeben. Im Schutze schwedischer Wehrkraft hat unsere schwedische Kultur aufwachsen können.

Wir sind eine friedliche Nation, die aber doch mit allen Mitteln ihre Selbstständigkeit nach allen Seiten hin aufrechterhalten will. Wir verstehen sehr wohl, dass unser Land sich an Macht und Kraft mit den großen Ländern nicht messen kann, wir selbst lieben es aber innig und sind für die freundlichen Worte und Gedanken dankbar, die von den Fremden zu uns kommen, besonders von solchen, die von unseren deutschen Stammverwandten im Süden herstammen, die besser als andere unsere schwedische und nordische Eigenart erfasst und, wie wir hoffen, schätzen gelernt haben.
Dieses Kapitel ist Teil des Buches Schweden