Der Spielmann von Selma Lagerlöf

Ein Spielmann geht eines Sonnabends spät nachts mit seiner Fiedel unterm Arme einher. Er ist sehr munter und fröhlich, denn er kommt von einem Feste, wo er mit seinem Spiel alt und jung zum Tanzen verlockt hat.

Wie er nun so geht, denkt er just daran, wie niemand sich stille halten konnte, solange sein Bogen im Gange war. Ein so wilder Tanz hatte durch die Stube gewirbelt, dass es ihm ein paarmal gewesen war, als tanzten Tische und Stühle mit.


— „Ich glaube doch sicherlich, dass sie niemals einen solchen Spielmann wie mich an diesem Orte gehabt haben“, sagte er zu sich selbst.

— „Aber recht schwer habe ich es gehabt, bis ich ein so tüchtiger Kerl wurde“, fährt er fort. ,,Das war kein Spaß, als ich noch ein Kind war und die Eltern mir befahlen, Schafe und Kühe zu hüten, und ich alles vergaß und nur dasaß und an meiner Geige zupfte. Ja, und nicht einmal eine richtige Geige wollten sie mir daheim geben. Ich hatte nichts andres zum Spielen als eine alte Holzkiste, über die ich Saiten gespannt hatte.

„Am Tage, wenn ich allein im Walde sein durfte, ging es mir ja ganz gut, aber es war kein Spaß, am Abend heimzukommen, wenn die Herde sich mir verirrt hatte. Da bekam ich’s unzählige Male von Vater und Mutter zu hören, dass ich ein Taugenichts sei, und dass nie etwas aus mir werden würde.“

In dem Teil des Waldes, den der Spielmann durchwandert, bahnt sich ein kleiner Bergstrom seinen Weg. Da ist der Boden steinig und hügelig, und dem Strom macht es große Beschwerden, vorwärts zu kommen. Er windet sich hin und her, stürzt sich über kleine Fälle und scheint doch nicht vom Fleck zu kommen. Der Weg hingegen, den der Spielmann wandert, versucht so schnurgerade zu gehen wie nur möglich. Er trifft so immer wieder mit dem sich schlängelnden Bergstrom zusammen und springt jedes mal auf einem kleinen Brücklein hinüber. Der Spielmann muss daher einmal ums andre den Strom überschreiten; und das macht ihm Freude. Es ist ihm so, als hätte er nun im Walde Gesellschaft gefunden.

Er geht durch die helle Sommernacht. Die Sonne ist noch nicht aufgestanden, aber es hat nicht viel zu sagen, dass sie sich ferne hält, denn es herrscht doch auf jeden Fall volles Licht. Aber richtig so wie am Tage ist es doch nicht.

Alles hat eine andre Farbe. Der Himmel ist ganz weiß, die Bäume und die hohen Kräuter im Grase sind glänzend grau. Aber alles ist ebenso deutlich erkennbar wie am Tage, und als der Spielmann auf einer der vielen Brücken stehen bleibt und in den Strom hinabblickt, kann er jedes Bläschen unterscheiden, das durch das Wasser perlt.

„Wenn ich solch einen Strom in der Wildnis sehe, muss ich mich an mein eignes Leben erinnern,“ denkt der Spielmann. „Ebenso halsstarrig wie er habe ich mir meine Straße gebahnt, vorbei an allem, was sich mir in den Weg stellte. Da war Vater: er stellte sich mir entgegen wie ein harter Fels. Und da war Mutter: sie suchte mich still zu halten und mich gleichsam zwischen Mooshügelchen einzubetten. Aber ich schlich mich an Vater und Mutter vorbei, und hinaus in die Welt ging es.

„Haha, jaja, ich denke, Mutter sitzt daheim und weint noch um mich; aber was kümmert das mich! Sie hätte doch verstehen können, dass aus mir etwas werden musste, und hätte nicht versuchen sollen, mir entgegen zu sein.“

Ungeduldig reißt er ein paar Blätter von einem Busch ab und wirft sie in den Strom.

— ,,So habe ich mich von allem daheim losgerissen,“ sagt er, als er sieht, wie das Wasser die Blätter forttreibt.

— ,,Möchte doch gerne wissen, ob Mutter erfahren hat, dass ich nun der beste Spielmann in ganz Värmland bin?“ sagt er, während er weiter wandert.

Er geht mit rüstigen Schritten vorwärts, bis er wieder zu einem Steg kommt. Da bleibt er abermals stehen und sieht in den Strom hinab. Unter der Brücke schäumt der Strom in reißendem Fall und macht ein erschreckliches Getöse. Da es Nacht ist, hört man ganz andre Laute als am Tage, und der Spielmann wundert sich gar sehr, wie er stehen bleibt und lauscht. Da ist kein Vogelgesang im Walde und kein Spiel in den Nadeln und kein Rascheln im Laube. Keine Wagenräder knarren auf dem Wege, und keine Kuhschellen klingeln. Man hört nur den Bergstrom, aber gerade darum hört man ihn wohl um soviel besser und anders als am Tage. Es klingt, als wenn alles Denkbare und Undenkbare in der Tiefe des Stromes wäre. Vor allem klingt es, als wenn jemand dort unten säße und zwischen großen Steinen Korn mahlte, aber zuweilen klingt es so, wie wenn Becher bei einem Trinkgelage aneinander stoßen, und manchmal hört man ein Murmeln, wie wenn die Gemeinde aus der Kirche kommt und nach dem Gottesdienst in eifrigem Gespräch auf dem Kirchenhügel steht.

— „Das hier ist wohl auch eine Art Musik,“ denkt der Spielmann, ,,obschon ich nicht finden kann, dass es besonders weit damit her ist. Ich sollte doch meinen, dass die Weise, die ich jüngst gesetzt habe, mehr wert ist, dass man auf sie horche.“

Aber je länger der Spielmann steht und dem Wasserfall lauscht, desto besser und besser gefällt ihm dessen Lied.

— „Ich glaube wirklich, du nimmst dich zusammen,“ sagt er zum Wasserfall. „Du musst wohl merken, dass der beste Spielmann von ganz Värmland da steht und dir zuhört.“

In demselben Augenblick, wo er dies sagt, vermeint er, aus der Tiefe ein paar metallklare Laute zu vernehmen, wie wenn jemand an einer Saite zupft, um zu prüfen, ob sie stimme.

,,Sieh da, nun ist der Wassermann selbst zur Stelle gekommen; ich höre, wie er an seiner Fiedel zupft,“ sagt der Spielmann und lacht. „Aber ich kann doch nicht die ganze Nacht hier stehen bleiben und darauf warten, dass du anfängst“, ruft er gleich darauf ins Wasser hinab. „Nun muss ich weiter gehen, aber ich verspreche dir, dass ich auch auf der nächsten Brücke stehen bleiben und horchen will, ob du zu spielen begonnen hast.“

Er wandert weiter, und während der Strom auf seinem geschlängelten Wege in den Wald hineinläuft, fängt er wieder an, an seine Heimat zu denken.

— „Ich möchte wohl wissen, wie es mit dem kleinen Bächlein steht, das an unserm Gehöft vorbeifließt; das wollte ich gerne wieder einmal sehen. Ich sollte doch einmal heimgehen, um zu sehen, ob die Mutter dürftige und schwere Zeit hat, seit Vater tot ist — wenn ich nur die Zeit finden könnte. Aber ich bin so beschäftigt; da ist es fast unmöglich. Ich kann zu nichts anderem Zeit finden als für meine Fiedel; es gibt ja kaum einen Abend in der Woche, an dem ich frei wäre.“

Nach einem kleinen Weilchen trifft er den Strom wieder, und damit kommt er all sogleich auf andre Gedanken. Bei diesem Übergang kommt der Bergstrom nicht in einem donnernden Wasserfall herangestürzt, sondern er fließt ganz sacht vorbei. Tiefschwarz und blank liegt er unter den nächtig grauen Bäumen des Waldes und trägt noch hier und dort einen schneeweißen Schaumkamm von den obern Fällen.

Als der Spielmann auf das Brücklein kommt und keinen andern Laut vom Strome hört als hie und da ein leises Plätschern, fängt er abermals zu lachen an.

— „Ich konnte es mir ja denken, dass der Neck sich nicht bequemen würde, zum Stelldichein zu kommen,“ rief er. „Freilich habe ich immer gehört, dass er ein tüchtiger Spielmann sein soll, aber gar so weit her kann es doch nicht mit ihm sein, wenn er immer ganz still im Bach liegt und nie etwas Neues zu hören bekommt. Er weiß schon, dass hier einer steht, der die Sache besser versteht als er, und darum will er sich nicht hören lassen.“

Damit geht er weiter und verliert den Strom wieder aus den Augen.

Er kommt in eine Gegend des Waldes, die ihn immer unheimlich und gruselig zu durchwandern däuchte. Da ist der Boden von Steinen und Geröll bedeckt, und verkrümmte Tannenwurzeln schlängeln sich dazwischen durch. Wenn es etwas Verhextes oder Gefährliches im Walde gäbe, sollte man wohl meinen, dass es sich gerade hier verborgen halten müsste.

Als der Spielmann zwischen die wilden Steinblöcke kommt, überläuft ihn ein Schauder, und er fängt an zu bedenken, ob es nicht unklug von ihm gewesen sei, sich vor dem Neck zu rühmen.

Es dünkt ihn, dass die großen Tannenwurzeln Gebärden gegen ihn machten, als wollten sie ihm drohen.

— „Hüte dich, du, der du mehr sein willst als der Wassermann!“ scheinen sie zu sagen.

Der Spielmann fühlt, wie das Herz sich ihm vor Angst zusammenschnürt. Eine solche Last legt sich ihm auf die Brust, dass er kaum atmen kann, und seine Hände werden eiskalt. Er bleibt mitten auf dem Wege stehen und sucht sich selbst Vernunft zuzusprechen.

— „Es gibt doch keinen Spielmann im Wasserfall!“ sagt er. „Das ist nur Aberglaube und Ammenmärchen. Darum ist es ganz gleichgültig, was ich von ihm gesagt habe oder nicht gesagt habe.“

Wie er so spricht, sieht er sich im Walde um, als wollte er bekräftigt finden, dass es sich so verhalte, wie er gesagt. Wenn es Tag gewesen wäre, so hätte wohl jedes Blättchen ihm zugeblinkt, dass es im Walde nichts Gefährliches gäbe; aber jetzt bei Nacht stehen alle Bäume verschlossen und stumm da und sehen aus, als bärgen sie gefährliche Heimlichkeiten.

Der Spielmann wird auch immer ängstlicher. Was ihm am meisten Schrecken einflößt, ist, dass er noch einmal über den Strom gehen muss, bevor der und der Weg sich trennen und nach verschiednen Seiten ziehen. Er weiß nicht, was der Wassermann ihm tun wird, wenn er über die letzte Brücke geht. Vielleicht wird er eine große schwarze Hand aus den Fluten emporrecken und ihn in die Tiefe ziehen.

Er hat sich solche Angst eingejagt, dass er ernstlich daran denkt, umzukehren. Aber dann würde er ja wieder den Strom treffen. Und wenn er vom Wege abwiche und tiefer in den Wald hineinginge, dann müsste er ihm wohl auch begegnen, wie der sich krümmte und schlängelte.

Er fühlt solche Angst, dass er nicht weiß, was er anfangen soll. Er ist von dem Strome verstrickt, gebunden und gefangen und sieht keine Möglichkeit des Entrinnens.

Aber nun fängt er zu laufen an, so rasch ihn die Beine tragen wollen, denn es ist ihm etwas eingefallen:

„Gerade hier macht der Strom eine weite Biegung in den Wald hinaus. Der Wassermann hat bis zur nächsten Brücke einen viel weitern Weg als ich. Vielleicht kann ich ihn überholen, ehe er noch ans Ziel gekommen ist.“

Und er läuft, er läuft.

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Endlich sieht er den letzten Steg vor sich. Gerade gegenüber auf der andern Seite des Bergstroms liegt eine alte Mühle, die schon so manches hebe Jahr verlassen dasteht. Das große Mühlrad hängt regungslos über dem Wasser, die Schleuse vermodert oben auf der Erde, die Wasserrinnen sind mit Moos bewachsen, und in den leeren Dachluken wuchern Steinwurz und Moosflechte.

— „Wenn es noch wäre wie früher und es hier Menschen gäbe,“ denkt der Spielmann, ,,dann wäre ich nun aus aller Gefahr erlöst.“

Aber es beruhigt ihn doch, ein Haus zu sehen, das ein Überbleibsel von Menschenwerk ist, und als er den Strom überschreitet, hat er beinahe keine Angst mehr. Es geschieht ihm auch gar nichts Gefährliches. Der Wassermann scheint ihm nichts anhaben zu wollen. Der Spielmann wundert sich nur über sich selbst, dass er sich wegen rein gar nichts solche Furcht hat einjagen lassen.

Er fühlt sich ganz fröhlich und geborgen, und noch froher wird er, als die Tür der Mühle sich öffnet und ein junges Mägdlein ihm entgegenkommt.

Sie sieht ganz aus wie eine gewöhnliche Bauerndirne. Sie hat ein Baumwolltuch auf dem Kopfe, ein kurzes Röckchen und ein weites Leibchen, aber die Füße sind bloß.

Junge Dalekarlierin von Leksand. Gemälde von Emerik Stenberg

Birkenhain in Södermannland. Gemälde von Reinhold Norstedt.

Sie geht auf den Spielmann zu und sagt ihm ohne Umschweife:

— „Willst du mir eins spielen, so will ich dir eins tanzen.“

— „Ja, freilich,“ sagt der Spielmann, der bei guter Laune ist, weil er seine Angst abgeschüttelt hat, ,,das will ich wohl. Hab doch noch nie einem schönen Mädchen, das tanzen wollte, Nein gesagt.“

Er setzt sich auf einen Stein neben dem Mühldamm, lehnt die Fiedel ans Kinn und hebt an zu spielen.

Das Mädchen macht ein paar Schritte im Takt zu seinem Spiel, aber dann bleibt es stehen.

— ,,Was ist denn das für eine Polka, die du da spielst?“ sagt sie. ,,Da liegt ja keine Kraft darin.“

Der Spielmann ändert die Melodie, er versucht es mit einer, in der mehr Schwung ist. Die Dirne bleibt missmutig stehen.

— ,,Nach einer solchen Schleppolka kann ich nicht tanzen,“ sagt sie.

Da stimmt der Spielmann die wildeste Weise an, die er kennt.

— ,,Bist du mit der nicht zufrieden,“ sagt er, ,,dann musst du einen Spielmann rufen, der es besser kann als ich.“

Wie er das sagt, fühlt er, dass eine Hand seinen Arm gerade am Ellenbogen packt und den Bogen zu führen und den Takt zu befeuern anfängt.

Da entströmt der Geige eine Weise, wie er ihresgleichen niemals zuvor gehört hat. Es ist ein so hurtiger Takt darin, dass es ihn bedünken will, ein rollendes Rad könnte ihr nicht folgen.

— ,,Ja, das nenn ich eine Polka,“ sagt die Dirne und beginnt sich im Kreise zu drehen.

Aber der Spielmann sieht sie nicht an. Er ist so erstaunt über die Weise, die er spielt, dass er die Augen schließt, um besser zu hören.

Als er sie nach einer Weile wieder aufschlägt, ist das Mädchen verschwunden, aber er denkt nicht weiter daran.

Er spielt weiter und immer weiter, denn nie zuvor hat er ein solches Geigenspiel gehört.

— ,,Aber nun mag es wohl Zeit sein, aufzuhören,“ denkt er schließlich und will den Bogen niederlegen.

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Aber der Bogen regt sich weiter. Er kann ihn nicht zum Stehen bringen. Er gleitet auf und nieder über die Saiten und reißt die Hand und den Arm mit. Und die Hand, die den Geigenhals umfasst und auf den Saiten fingert, die kann auch nicht loskommen.

Der kalte Schweiß tritt dem Spielmann auf die Stirn, und er erschrickt nun wirklich,

— „Wie soll dies enden? Soll ich bis zum jüngsten Tage hier sitzen und spielen?“ fragt er sich in Verzweiflung.

Der Bogen jagt dahin und zaubert eine Weise nach der andern hervor; stets ist es etwas Neues und so schön, dass der Arme denken muss:

— „Der auf meiner Geige spielt, der versteht die Kunst. Aber ich bin all mein Lebtag ein elender Stümper gewesen. Jetzt erst lerne ich, wie Musik klingen soll.“

Für ein paar Augenblicke kann ihn die Musik so hinreißen, dass er sein unglückseliges Schicksal vergisst. Aber dann fühlt er seine Arme vor Müdigkeit schmerzen, und er wird aufs neue von Verzweiflung erfasst.

— „Diese Geige darf ich nicht von mir legen, bis ich mich zu Tode gespielt habe. Ich merke, dass der Neck sich nicht früher zufrieden gibt.“

Er fängt an, über sich selbst zu weinen, während er immer weiter spielt.

— ,,Es wäre besser für mich gewesen, wenn ich daheim in dem kleinen Hüttchen bei Mutter geblieben wäre. Was ist aller Ruhm wert, wenn dies das Ende sein soll!“

Da sitzt er nun Stunde um Stunde. Es wird Morgen, die Sonne geht auf, und die Vögel singen rings um ihn her. Aber er spielt, er spielt ohne Unterlass.

Da es ein Sonntag ist, der anbricht, bleibt er ganz allein an der alten Mühle sitzen. Kein Mensch wandert in den Wald. Sie gehen alle zur Kirche unten im Tal, und in die Dörfer, die die große Landstraße einsäumen.

Es wird Vormittag, die Sonne steigt immer höher. Die Vögel verstummen, aber es beginnt in den langen Nadeln der Tannen zu rauschen.

Er lässt sich von der Hitze des Sommertages nicht aufhalten. Er spielt, er spielt. Es wird endlich Abend, die Sonne sinkt zur Ruh, aber sein Bogen braucht keine Ruhe, und sein Arm fährt fort sich zu regen.

— ,,Es ist ganz gewiss, dass dies mein Tod ist,“ sagt er. ,,Und es ist eine gerechte Strafe für meinen Übermut.“

In tiefer Nacht kommt der erste Mensch, den er den ganzen Tag lang gesehen hat, durch den Wald gewandert. Es ist ein altes armes Mütterchen mit gebeugtem Rücken und grauem Haar und einem Gesichte, das von vielen Sorgen vergrämt ist.

— „Das ist seltsam,“ denkt der Spielmann. ,,Es ist mir, als wenn ich das alte Weiblein kennen müsste. Kann es möglich sein, dass das Mutter ist? Kann es möglich sein, dass Mutter so alt und grau geworden ist?“

Er ruft sie laut und bittet sie.

— ,,Mutter. Mutter, komm her zu mir!“ sagt er. Sie bleibt wie unwillig stehen.

— ,,Ich höre, dass du der beste Spielmann in Värmland bist,“ sagt sie. ,,Was hast du mit einem armen alten Weibe wie mir zu schaffen?“'

— ,,Mutter, Mutter, geh nicht an mir vorbei,“ ruft der Spielmann, ,,komm her und sieh mich an!“

Da kommt sie näher und sieht, wie er da sitzt und spielt. Das Gesicht ist bleich wie bei einem Toten, das Haar trieft von Schweiß, und das Blut perlt unter seinen Nagelwurzeln hervor.

— „Mutter,“ sagt der Spielmann, „nun habe ich mich bald zu Tode gespielt, aber sage mir vorher noch, ob du mir verzeihen kannst, dass ich dich in deinem Alter einsam und arm hausen ließ?“

— ,,Ja, gewiss, in Gottes, des Erlösers, Namen verzeih ich dir,“ sagt die Mutter.

Aber wie sie dies sagt, bleibt der Bogen stehen, die Fiedel fällt aus den erstarrten Fingern zu Boden, und der Spielmann steht erlöst und gerettet auf. Denn der Zauber ist gebrochen, weil seine alte Mutter zu ihm gekommen ist und Gottes Namen über ihn ausgesprochen hat.
Dieses Kapitel ist Teil des Buches Schweden