Die Ostseeinseln Gottland und Öland

Die beiden großen Ostseeinseln Gottland und Öland besitzen sowohl in ihrer Natur als in ihrer Kultur eine eigenartige Schönheit, die von den Künstlern geschätzt wird. Mit seinem milden Klima und infolgedessen südländischer Vegetation, seinem vom übrigen Schweden abweichenden Kalkstein- und Sandsteinboden unterscheidet sich die gottländische Landschaft von dem, was wir auf dem Festland gewöhnt sind. Auf Gottland liegt die malerischste von Schwedens Städten, Visby. Wenn auch die Bedeutung Gottlands nunmehr eine historische ist, so leben doch im Volke noch viele alte Traditionen aus der Vorzeit fort; altererbte Spiele und alte Volkslieder und Weisen sind heute noch im Schwange auf dieser sagenumwobenen Insel. Was die Künstler am meisten angezogen hat, ist die eigenartige Architektur, die innerhalb dieser stattlichen, altertümlichen Stadtmauern von Visby, die mit ihren Hängetürmen und tiefgemauerten Türmen noch heute aufrecht dastehen und beinahe unbeschädigt sind, im Mittelalter blühte, und die stimmungsvollen Ruinen der Kirchen der Übergangszeit, welche die ganze Insel schmücken. Gleich einem Cypern oder Sizilien unter nördlicherer Breite ist Gottland einst der Mittelpunkt in der Ostsee gewesen, wo sich verschiedene Kulturströmungen vereinigten und wo die Handelsflotte von Visby das von allen Küsten des baltischen Meeres zusammengetragene Gold sammelte. In architektonischer Hinsicht ist Gottland Schwedens interessanteste Provinz. Auf dem Lande gibt es eine ungewöhnliche große Anzahl im Mittelalter aufgeführter Kirchen mit architektonischen Einzelheiten, die dieser Insel eigen sind. Die Gottländer Axel Herman Hägg und Robert Haglund haben die Ruinen von Visby in Radierungen dargestellt. Ein unhistorischer Zeitgeist wollte diese im Jahre 1783 schleifen, was glücklicherweise aus Mangel an Geld unausgeführt blieb. Auch die Armut kann Segen bringen! — Hanna Pauli und besonders Richard Bergh haben die Stadtmauer von Visby, eines der bedeutendsten Denkmäler der Vorzeit in ganz Skandinavien, malerisch wiedergegeben.

Öland, Schwedens kleinste Landschaft, die langgestreckte Insel an der Küste von Småland, ist mit der schärfsten Beobachtungsgabe und kerniger Naturtreue von unsrem wohl besten Landschaftsdarsteller Carl von Linné geschildert worden, der 1741 seine öländische Reise unternahm. Der Öländer Per Ekström, der Maler des Sonnengeglitzers, hat auf vielen Bildern die waldarme Insel gezeigt, wo man beinahe überall die Sonne und das Meer sieht. Die mittelalterliche Burg von Borgholm, welche Karl Gustaf von Nikodemus Tessin d. Ä. umbauen ließ, ist nie ganz fertig geworden. Heute ist die Burg die stattlichste Schlossruine unsres Landes. Oben auf dem Hochplateau „Landborgen“, wo schroff zum Meer abfallende Küstenwälle eine weite Aussicht über die nackte Kalkheide gewähren, ist das alte Schloss gelegen, welches mehrere Künstler wiedergegeben haben, u. a. Prinz Eugen.


Ölands eigentlicher Darsteller ist Nils Kreuger, einer der hervorragendsten Künstler Schwedens, der uns die farbenreiche Schönheit in der eigenartigen Natur von Öland gezeigt hat, die Pferde, wie sie in dem tiefblauen Wasser waden, die Rinderherden, welche das kurze Gras der braungedorrten Rasenflächen abweiden, und die Schafe, die hinter den roten Kalksteinmauern Schutz vor dem Winde suchen. Auf Alfvaren (der Kalkheide) findet sich ein Zug der öden Größe, die der Wüstenlandschaft eigen ist, und sowohl dieser Zug wie auch die üppige Vegetation auf der Küstenstrecke unterhalb des Hochplateaus hat in Kreugers Gemälden die künstlerischste Darstellung gefunden.
Dieses Kapitel ist Teil des Buches Schweden im Auge des Künstlers
32 Lejonbacken. Gemälde von Louis Sparre

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33 Verner von Heidenstam in seinem Hause auf Djursholm. Gemälde von Oscar Björck

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34 Riddarholmen an einem Frühjahrsabend. Zeichnung von Karl Nordström

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