Eines Abends bat der Jörgli das Marannele ...

Eines Abends bat der Jörgli das Marannele – das die erste Vorsängerin in der Kirche war – das Lied vom „schwarzbraunen Mädichen“ zu singen. Es begann ohne langes Zaudern, und der Jörgli setzte die zweite Stimme mit so kräftigem Wohllaute ein, daß alle andern, die anfangs mitgesungen hatten, nacheinander stille wurden und den beiden zuhörten, die so schön sangen. Marannele, das sich von den Gefährtinnen verlassen sah, sang anfangs mit zitternder Stimme und stieß die andern neben an, doch mit weiter zu singen; als ihm aber niemand folgte, sang es keck weiter, als könne es gar nicht aufhören, und es war, als ob die Stimme Jörglis es frei und fest emporhielte wie gewaltige Arme. Sie sangen:

Es sind zwei Sternlein am blauen Himmel,
Glänzen heller als der Mond!
Einer scheint aufs schwarzbrauns Mädichen,
Einer scheint auf grünen Grund.


Jetzt lad’ ich meine zwei Pistolen,
Thur vor Freuden einen Schuß,
Meinem Schätzelein zum Gefallen,
Weil es mich geliebet hat,
Vor allen meinen Feinden zum Verdruß.

Geh’ ich ‘naus auf fremde Straßen.
Schönster Schatz, vergiß nicht mein;
Und wann du trinkst ein Gläslein Weine
Zur Gesundheit mein’ und deine,
Weil ich von dir scheiden muß.

Morgens fruh müssen wir marschieren
Wohl zum obern Thörle ‘naus;
O du wunderschöns schwarzbrauns Mädichen,
Wohl zum obern Thörle ‘naus.

Kauf’ ich ein Bändelein an meinen Degen

Und ein Sträußelein auf meinen Hut,
Und ein Tüchelein in meine Taschen,
Meine Aeugelein abzuwaschen
Weil ich von dir scheiden muß.

Gib ich meinem Pferd die Sporen,
Reit’ ich zu dem Thor hinaus,
Gib ich acht aufs schwarzbrauns Mädichen,
Weil ich von ihm scheiden muß.

Als ein jedes der Mädchen seine vier bis fünf Spindeln voll gesponnen hatte, wurde der Tisch in die Ecke gerückt, und auf dem freien Raume von kaum drei bis vier Schritten, den man dadurch gewonnen, begann nun eines nach dem andern zu tanzen; die Sitzenden sangen den andern dazu. Als der Jörgli mit dem Marannele tanzte, sang er selber einen Ländler und tanzte dabei wie eine Spindel; ja, er brauchte fast nicht viel mehr wie eine Spindel, denn er behauptete: darin zeige sich ein echter Tänzer, daß man sich auf einem Teller gewandt und flink drehen könne. Als er nun endlich mit dem Marannele einhielt und es dabei nochmals so heftig schwenkte, daß der faltige Rock hoch aufwallte, da ließ ihn das Marannele schnell stehen, wie wenn es sich vor ihm flüchtete, es sprang in die Ecke, wo der Aloys trübselig zuschaute, und seine Hand fassend, sagte es:

„Komm, Aloys, du mußt auch tanzen.“

„Laß mich, du weißt ja, daß ich nicht tanzen kann. Du willst mich nur foppen.“

„Du Tol–,“ sagte Marannele, es wollte „du Tolpatsch“ sagen, aber es hielt schnell inne, denn es sah sein Gesicht, auf dem die Wehmut ausgegossen war, daß ihm das Weinen näher stand als das Lachen, es sagte daher freundlicher: „Nein, g’wiß nicht, ich will dich nicht foppen; komm, und wenn du auch nicht tanzen kannst, so mußt du’s lernen, und ich tanz’ so gern mit dir als wie mit einem.“

Sie tanzte nun mit ihm herum, aber Aloys schlenkerte seine Füße, wie wenn er Holzschuhe anhätte, so daß die andern vor Lachen nicht mehr singen konnten.

„Ich lern’ dir’s ganz allein, Aloys,“ sagte das Marannele, ihn beruhigend.

Die Mädchen zündeten nun ihre Laternen an und wanderten nach Haus. Aloys ließ es sich nicht nehmen, sie noch zu begleiten; er hätte um alles in der Welt das Marannele nicht allein mit den andern gehen lassen, wenn der Jörgli dabei war.

In der stillen, schneeweichen Nacht schallte das Schäkern und Spaßen der Mädchen und Burschen weithin durch das Dorf. Das Marannele aber war still und wich dem Jörgli sichtbar aus.

Als die Burschen die Mädchen alle nach Hause begleitet hatten, sagte der Jörgli zu Aloys: „Tolpatsch, du hättest heut nacht beim Marannele bleiben sollen.“

„Halunk,“ sagte Aloys schnell und lief davon. Die andern aber lachten ihm nach. Der Jörgli jodelt noch allein durch die Gassen bis nach Hause, daß es einem jeden, außer den Schlafenden und Kranken, das Herz im Leibe erfreuen mußte.

Des andern Morgens, als Marannele die Kühe melkte, sagte Aloys zu ihm:

„Guck, ich könnt’ den Jörgli grad vergiften, und du mußt ihn auch in Grundsboden ‘nein verfluchen, wenn du brav sein willst.“

Das Marannele gab ihm recht, suchte ihn aber auch zu überzeugen, daß er sich Mühe geben müsse, auch so ein flinker Bursche zu werden wie der Jörgli. Da stieg in Aloys ein großer Gedanke auf, er lachte vor sich hin, er warf den steifen alten Stallbesen fort und steckte einen neuen biegsamen an den Stiel, dann sagte er laut: „Ja, ja, du wirst Maul und Augen aufsperren, gib nur acht.“ Er mußte nun sogar dem Marannele versprechen, „gut Freund“ mit dem Jörgli zu bleiben, und er versprach es endlich nach langem Widerstreben, aber er mußte ja immer thun, was sie wollte.

Darum hatte Aloys heute dem Jörgli mit dem Schlitten geholfen, darum trieb ihm der Schnee das Wasser aus den Augen, als er den Wegrollenden nachsah.

Abends, so „zwischen Licht“, trieb der Aloys seine Kühe zur Tränke an des Jakoben Brunnen. Ein Rädchen junger Bursche, darunter auch der Jörgli und sein alter Freund, ein Jude, des langen Herzles Kobbel (Jakob.) genannt, der mit dem Jörgli im gleichen Regimente diente, hatte sich dort zusammengesellt; das Marannele lugte zum Fenster heraus. – Der Aloys machte den Gang des Jörgli nach. Er ging ganz steif, wie wenn er einen Ladstock geschluckt hätte, und hielt die Arme strack am Leibe herunter, wie wenn sie von Holz wären.

„Tolpatsch,“ sagte der Kobbel, „was krieg’ ich Schmusgeld (Maklerlohn.), wenn ich mach’, daß dich das Marannele heiratet?“

„Eine tüchtige Trachtel auf dein Maul,“ sagte der Aloys und trieb seine Kühe heim. Das Marannele schob das Fenster zu, und die Burschen lachten aus vollem Halse, die Stimme Jörglis tönte aus allen vor.

Aloys wischte sich mit dem Aermel den Schweiß von der Stirne, so viel Anstrengung hatte ihn die Aeußerung seines Unmutes gekostet. – Auf dem Futtertrog in seinem Stalle saß er dann noch lange, und sein Plan reifte unwiderruflich in ihm.

Aloys war in das zwanzigste Jahr getreten und kam zur Rekrutierung. Am Tage, als er mit den andern Burschen nach der Oberamtsstadt Horb gehen sollte, kam er in seinem Sonntagsstaate nochmals in Maranneles Haus und fragte, ob er nichts aus der Stadt mitbringen solle. Als er fortging, folgte ihm das Marannele nach, und auf der Hausflur wendete es sich ein wenig ab, zog ein blaues Papierchen aus der Brust, wickelte einen Kreuzer heraus und gab diesen dem Aloys. „Da, nimm ihn,“ sagte es: „das ist ein Glückskreuzer, sieh, es sind drei Kreuz’ darauf; weißt du, wenn als nachts so Sternfunken vom Himmel fallen, da fallt allemal ein silbern Schüssele auf den Boden, und aus den Schüsselen hat man die Kreuzer gemacht, und wenn man so einen Kreuzer im Sack hat, hat man Glück; nimm ihn zu dir, und du spielst dich frei.“

Aloys nahm den Kreuzer. Als er aber über die Neckarbrücke ging, langte er in seine Tasche, drückte die Augen zu und warf den Kreuzer hinab in den Neckar: „Ich will nicht frei sein, ich will Soldat sein; wart nur, Jörgli!“ so sagte er vor sich hin; seine Faust ballte sich, und er warf sich keck in die Brust.

Im Wirtshause zum Engel wartete der Schultheiß auf seine Ortskinder, und als sie alle beisammen waren, ging er mit ihnen nach dem Oberamt. Der Schultheiß war ein ebenso dummer als anmaßender Bauer. Er war früher Unteroffizier gewesen und bildete sich große Stücke auf seine „Charge“ ein; er behandelte gern alle Bauern, ältere und jüngere, wie Rekruten. Auf dem Wege sagte er zu Aloys: „Tolpatsch, du ziehst gewiß das größte Los, und wenn du auch Numero 1 ziehst, du brauchst nicht bang zu sein, dich kann man nicht zum Soldaten brauchen.“

„Wer weiß,“ sagte Aloys keck, „ich kann noch so gut Unteroffizier werden, wie einer; ich kann so gut lesen und schreiben und rechnen, wie einer, und die alten Unteroffiziere haben auch nicht allen Verstand gefressen.“

Der Schultheiß sah ihn grimmig an.

Als Aloys vor das Rad hinging, war seine Haltung fast herausfordernd keck. Mehrere Lose kamen ihm in die Hand, als er in das Rad griff; er drückte die Augen fest zu, gleich als wolle er nicht sehen, was er nehme, und zog eines heraus; zitternd reichte er es hin, denn er fürchtete, daß es eine hohe Nummer sein könne. Als er aber den Ausrufer „Numero 17“ rufen hörte, da johlte er so laut aus, daß man ihn zur Ruhe verweisen mußte.

Die Burschen kauften sich nun Sträuße aus gemachten Blumen mit roten Bändern daran, und nachdem sie noch einen tüchtigen Trunk genommen, zogen sie heimwärts. Unser Aloys johlte und sang am lautesten.

Oben an der Steige harrten die Mütter und viele Mädchen der Ankömmlinge, auch Marannele war darunter. Aloys, mehr vom Lärmen als vom Weine trunken, ging etwas unsicher Arm in Arm mit den andern. Diese Zutraulichkeit war noch nie vorgekommen, aber heute waren sie alle gleich. Als die Mutter die Nummer 17 an der Mütze ihres Aloys stecken sah, da weinte sie und rief ein Mal über das andre Mal: „Daß Gott erbarm! daß Gott erbarm!“ Das Marannele fragte den Aloys beiseite: „Wo hast du denn meinen Kreuzer?“ – „Ich hab’ ihn verloren,“ sagte Aloys, aber trotz seiner halben Unbewußtheit schnitt ihm diese Lüge doch tief in die Seele.

Die Burschen zogen nun singend in das Dorf, und die Mütter und Mädchen der mutmaßlich „Gezogenen“ gingen weinend hinterdrein und trockneten sich mit den Schürzen die Thränen.

Es waren noch sechs Wochen bis zur Visitation, und darauf kam ja eigentlich alles an. Mutter Marei nahm einen großen Ballen Butter und einen Korb voll Eier und ging zu der Frau Doktorin; die Butter schmierte sich trotz des kalten Winters doch recht gut, Mutter Marei erhielt die Versicherung, daß ihr Aloys frei werden solle; „denn,“ sagte der gewissenhafte Arzt: „der Aloys ist ja ohnehin untauglich, er sieht ja nicht gut in die Ferne, und darum ist er ja manchmal so tappig.“

Der Aloys aber kümmerte sich gar nicht um all diese Geschichten, er war ganz verändert, schwenkte sich und pfiff immer, wenn er das Dorf hinaufging.

Der Tag der Visitation kam, die Burschen gingen diesmal etwas stiller nach der Stadt.

Als Aloys in das Visitationszimmer gerufen wurde und er sich entkleiden mußte, da sagte er keck: „Knusperet mich nur aus, ihr werdet kein Unthätele an mir finden; ich hab’ keinen Fehler, ich kann Soldat sein.“ Er mußte sich unter das Maß stellen, und da er es vollauf hatte, wurde er als Soldat eingetragen; der Arzt vergaß Kurzsichtigkeit, Butter und Eier bei der kecken Rede des Aloys.

Jetzt, als es Ernst geworden und er unwiderruflich Soldat war, jetzt wurde es dem Aloys so bang, daß er hätte weinen mögen. Als er aber vom Oberamte herabkam und seine Mutter sich weinend von den steinernen Stufen erhob, da richtete sich sein Stolz wieder auf, und er sagte: „Mutter, das ist nicht recht, Ihr müsset nicht greinen; bis in einem Jahr bin ich wieder da, und unser Xaver kann schon dieweil das Sach’ im Feld schaffen.“

Nach der erlangten Gewißheit ihres Soldatenstandes brachten die Burschen mit Trinken, Singen und Johlen ein, was sie zuvor zu wenig gethan zu haben glaubten.

Als der Aloys heimkam, gab ihm das Marannele weinend einen Rosmarinstrauß mit roten Bändern daran und nähte ihm denselben auf seine Mütze. Aloys aber zog seine Pfeife heraus, rauchte flott durch das ganze Dorf hinauf und zechte mit seinen Kameraden bis tief in die Nacht.

Noch ein dritter schmerzlicher Tag war zu überwinden, es war der Tag, wo die Rekruten nach Stuttgart einrücken mußten. Aloys ging früh in des Jakoben Haus, das Marannele war im Stall, es mußte jetzt selber alle Arbeit verrichten; Aloys sagte: „Marannele, gib mir deine Hand;“ sie gab sie ihm, und er sagte wieder: „Versprich mir, daß du nicht heiratest, bis ich wiederkomm’.“ – „Gewiß nicht,“ beteuerte sie, und er sagte: „So, jetzt bin ich fertig, aber halt – komm, gib mir auch einen Kuß.“ Marannele küßte ihn, und die Kühe und Ochsen sahen verwundert zu, als wüßten sie, was vorging.

Aloys klopfte nun noch jeder Kuh und jedem Ochsen auf den Bug und nahm so auch Abschied von ihnen; sie brummten vor sich hin.

Der Jörgli hatte seine Pferde an den Wagen gespannt, um die Rekruten einige Stunden weit zu führen, und so fuhren sie nun singend durch das Dorf; des Bäckers Konrad, der die Klarinette blies, saß mit auf dem Leiterwagen und begleitete die Liederweisen. Man fuhr im Schritt. Von allen Seiten drängten sich noch die Freunde herbei und reichten eine Hand oder auch einen Abschiedstrunk.

Das Marannele schaute zum Fenster heraus und grüßte noch freundlich. Man näherte sich dem Ende des Dorfes, und nun wurde nochmals „das Gesätz“ gesungen:

‘Naus, ‘naus, ‘naus und ‘naus,
Zum Nordstetter Thörle ‘naus &c.

Als man aber das Dorf verlassen hatte, wurde der Aloys plötzlich mäuschenstille. Er schaute mit nassen Augen überall umher; hier neben auf der Heide, „Hochbux“ genannt, hatte das Marannele das Tuch gebleicht, von dem er das Hemd anhatte; es war ihm, als ob alle Fäden brennten, so heiß war es ihm. Er sagte allen Bäumen an der Straße und allen Feldern wehmütig Ade. Drüben im Schießmauernfeld, dort liegt sein bester Acker; er hat ihn so oft „umgezackert“, daß er jedes Steinchen kennt. Dort neben hat er noch vorigen Sommer mit dem Marannele Gerste geschnitten, weiter unten im „Hennebühl“ liegt sein Kleeacker, er hat ihn gesäet, er sollte ihn nicht wachsen sehen. So schaute Aloys lange umher, und als man die Steige hinabfuhr, blickte er vor sich hin und sprach kein Sterbenswörtchen. Als man über die Brücke fuhr, starrte er hinab in den Fluß; wer weiß, ob er jetzt noch so keck seinen Glückskreuzer hinabgeworfen hätte?

Durch die Stadt ging zwar das Singen und Johlen wieder von neuem an, aber erst als man jenseits auf der Spitze der Bildechinger Steige angekommen war, da atmete Aloys wieder frei auf: vor ihm stand ja sein liebes Nordstetten, man meinte, man könnte hinüberrufen, so gleichauf lag es mit dem Berge, obgleich es fast eine Stunde fern war. Er sah das gelb angestrichene Haus des Schmieds Jörgli mit den grünen Läden, und zwei Häuser davon wohnte das Marannele. Er schwenkte seine Mühe und begann nochmals.

‘Naus, ‘naus, ‘naus und ‘naus &c.

Der Jörgli führte die Rekruten bis Herrenberg, von dort an gingen sie zu Fuß. Beim Abschied fragte Jörgli den Aloys: „Soll ich nichts ausrichten ans Marannele?“

Aloys schoß alles Blut in den Kopf. Der Jörgli war ihm gerade der unrechteste Botenmann, und doch hatte er eben den Mund geöffnet, um einen Gruß zu sagen. Unwillkürlich aber brach er in die Worte aus: „Du brauchst gar nichts mit ihm zu schwätzen, es kann dich auch für den Tod nicht ausstehen.“

Der Jörgli fuhr lachend davon.

Unterwegs hatten die Rekruten noch ein bemerkenswertes Abenteuer: sie zwangen nämlich im Böblinger Walde einen Holzbauern, sie den zwei Stunden langen Weg zu fahren; Aloys war der Aergste dabei; er hatte den Jörgli so oft von verwegenen Soldatenstreichen erzählen hören, und er wollte auch so sein. Er war aber auch der erste, der am Ende des Waldes seinen ledernen Beutel öffnete und dem wieder umkehrenden Bauern etwas gab.

Vor dem Tübinger Thore wurden die Ankömmlinge von einem Feldwebel in Empfang genommen. Mehrere Nordstetter Soldaten waren ihren Landsleuten entgegengegangen; der Aloys biß die Zähne übereinander, als sie alle: „Grüß Gott, Tolpatsch!“ sagten. Das Johlen und Singen hatte nun ein Ende, still wie eine Herde Schafe wurden die Rekruten in die Legionskaserne geführt. Aloys sagte seinen Landsleuten, daß er als Freiwilliger zur Kavallerie gehen wolle, denn er wollte es dem Jörgli nachmachen. Als er aber hörte, daß er dann wieder nach Hause müsse, da das Exerzieren der Kavallerie erst im Herbste beginne, da dachte er: „Nein, das geht nicht, ich muß als ein ganz andrer Kerl heimkommen, dann soll mir noch einer Tolpatsch sagen, ich will euch schon tolpatschen.“

Aloys wurde nun in das fünfte Infanterieregiment eingereiht, er war gegen alle Erwartung anstellig und gelehrig. Leider hatte er auch hier ein Mißgeschick, denn er bekam einen Zigeuner als seinen „Schlaf“*). Der Zigeuner hatte einen absonderlichen Widerwillen vor dem Wasser. Aloys mußte ihn auf Befehl des Rottenmeisters jeden Morgen an den Brunnen hinabführen und ihn tüchtig waschen. Anfangs machte das dem Aloys Spaß, nach und nach wurde es ihm aber sehr zur Last; er hätte lieber sechs Ochsen die Schwänze, als dem Zigeuner das Gesicht gewaschen.



*) Schlafkamerade, da stets zwei Soldaten auf einer Pritsche schlafen.

Dieses Kapitel ist Teil des Buches Schwarzwälder Dorfgeschichten. Band 1