Aus dem Farmerleben Missouris -3-

Draper bog sich schweigend zu dem Unglücklichen nieder und wies auf seinen Rücken. Die Dämmerung brach schon stark herein, aber deutlich konnten sie noch erkennen, wie rotes Blut durch die dünne Leinwandjacke gedrungen war und diese in langen teils erhärteten, teils noch frischen Streifen an dem Rücken des Unglücklichen festgeleimt hatte.

Die Frauen stießen einen Schrei der Angst und des Entsetzens aus, und selbst Hennigs wandte sich schaudernd ab.


„Der arme Teufel!“ brummte er vor sich hin.

Draper brach endlich das Schweigen und sagte mit hohler, fast tonloser Stimme, indem er den Neger noch immer mit seinem Arm unterstützte:

„Der Knabe hier rettete mir vor drei Wochen das Leben; ich badete im Strom, und nur seiner Dazwischenkunft verdanke ich es, daß ich das steile, schroffe Ufer, zu dem mich die zu starke Strömung hingerissen hatte, wieder erklimmen konnte. Heute traf ich ihn flüchtig im Wald, und obgleich ich wußte, daß es ein entflohener Sklave sei, ließ ich ihn ungehindert ziehen. - Ich wandte mich ab und wollte nicht sehen, wohin er floh. Jetzt führt, Gott nur weiß welches Schicksal, den Unglückseligen in meine Hütte, und mir bleiben einzig und allein zwei Auswege offen: Entweder ich verrate meinen Lebensretter und überliefere ihn seinen Henkern, oder ich setze mich der Gefahr aus, angeklagt zu werden, einem Neger, einem Sklaven zur Flucht behilflich gewesen zu sein - das Zuchthaus ist dann meine Strafe.“

„Hier ist, denk ich, ein Ausweg möglich“, sagte Hennigs, „Wallis weiß, daß ihm ein Arbeiter nur dann von Nutzen sein kann, wenn er gesund und kräftig ist; auf Euer Wort gibt er überdies etwas, und wenn Ihr zu ihm hinüberreitet und ihm sagt, daß Ihr ihm seinen Neger gegen das Versprechen wieder verschaffen wollt, daß er den schon so arg Mißhandelten nicht noch mehr züchtige, so glaub ich, wird er ein vernünftiges Wort mit sich reden lassen und kein Unmensch sein. Zum Henker noch einmal, er gehört ja doch auch noch zur Kirche, und da darf er ja schon des Ansehens wegen nicht den Tyrannen spielen.“

„Er schlägt die Augen auf“, sagte Mrs. Draper, die ihm indessen Stirn und Schläfe mit Essig eingerieben hatte, „er kommt wieder zu sich; großer Gott, wie weh dem armen Menschen ums Herz sein muß! Vater, wenn nun unser Sohn, der sich jetzt in Texas oder Mexiko herumtreibt, so unter fremden Menschen läge, wie wolltest du, daß ihm da geschähe?“

„Ich glaube wirklich nicht, daß ihm viel Gefahr droht, Mrs. Draper“, nahm Hennigs noch einmal das Wort, „wenn Sie es wünschen, so will ich selbst mit Draper hinüberreiten, um Wallis zur Milde zu stimmen; aber ausliefern müssen wir ihn, das verlangt nicht allein das Gesetz, sondern auch unsere eigene Sicherheit. Es ist ja denn doch auch nur ein Neger, und ich sehe nicht ein, weshalb sich zwei Weiße seinetwegen in so entsetzliche Unannehmlichkeiten stürzen sollten, wie daraus entstehen könnten.“

„Es ist nur ein Neger, Mr. Hennigs“, sagte Sally mit bitterem Vorwurf im Ton, „das klingt, aufrichtig gesprochen, recht garstig von Ihnen. Vater war in seinen Augen auch nur ein Weißer, und er hat ihn doch aus dem Wasser gezogen. Das weiß ich, wenn Sie den armen Menschen wieder auslieferten, und ich wäre Lucy, ich spräche in meinem ganzen Leben kein Sterbenswörtchen mehr mit Ihnen.“

„Seien Sie barmherzig!“ flehte auch Lucy jetzt und sah bittend zu dem jungen Mann auf, der sich, den Hut in der Hand, verlegen hinter den Ohren kratzte.

„Aber, beste Miß Lucy“, sagte er endlich, „was hilft es ihm denn, wenn wir unsere eigene Sicherheit auch wirklich nicht einen Pfifferling rechnen wollen; deshalb wäre ihm doch nicht mehr geholfen. Entfliehen kann er nicht; wie käme ein Nigger von hier bis zu der kanadischen Grenze ohne Paß? Liefern wir ihn also nicht aus, wobei wir uns zugleich für ihn verwenden können, so fängt ihn jemand anderes, und dann geht’s ihm erst recht schlimm.“

Der Neger hatte seine großen, lebhaften Augen geöffnet und zu dem Sprechenden mit einem unbeschreiblichen Ausdruck von Seelenschmerz in den dunkeln Zügen aufgeblickt. Jetzt teilten sich seine Lippen und er flüsterte, aber mit kaum noch hörbarer Stimme:

„Ich bin verloren, die Verfolger sind mir auf den Fersen; ich traf einen der nach mir ausgesandten Männer zufällig im Wald, und nur die Verzweiflung gab mir Kraft genug, ihm in dem dichten Unterholz zu entgehen, das ihm nicht erlaubte, mit dem Pferd so schnell hindurchzubrechen. Unfern von hier wußte ich ihn von meinen Fährten abzubringen und floh nun, als letztem Rettungsweg, Ihrem Haus zu. Ich kann nicht weiter, mein Rücken ist zerfleischt, meine Kräfte sind erschöpft, die Wunden brennen wie Feuer, und die Glieder versagen mir den Dienst. Liefern Sie mich aus, dann ist’s vorbei, und ich habe dieses elende Leben überstanden.“

„Es ist nicht so schlimm, Ben“, sagte Hennigs gutmütig, „wir wollen selbst zu deinem Herrn hinüberreiten und ihn um Schonung für dich bitten; er soll dich nicht weiter mißhandeln.“

„Umsonst, umsonst!“ stöhnte der Unglückliche und sah starr vor sich nieder. „Das wäre vergebens; letzten Freitag warf er mich zu Boden und trat mich mit Füßen; die harten Steine rissen die noch nicht geheilten Wunden der Peitschenhiebe wieder auf, wahnsinniger Schmerz durchzuckte mich, und in aller Verzweiflung nicht mehr wissend, was ich beging, ergriff ich einen gerade dort liegenden Axtstiel und - schlug meinen Master zu Boden.“

„Unglückseliger!“ sagte Hennigs mitleidig. „Dann bist du allerdings verloren.“

„Nein, nein!“ rief Draper. „Ich will verdammt sein, wenn ich ihn ausliefere. Ich weiß, was ich riskiere, ich weiß, was mich bedroht, wenn ich entdeckt werde, doch gleichviel; im schlimmsten Fall lasse ich die hier getane Arbeit im Stich und ziehe nach Iowa hinein; aber ich will nicht haben, daß mich das Bild dieses Unglücklichen mein ganzes Leben lang Tag und Nacht hindurch mahnen und martern soll, und ich mir ewig sagen muß: Der hatte dir nur das Leben gerettet, damit du ihn nachher gebunden seinem Henker überliefern konntest. Sei guten Muts, Ben, es soll dir nichts geschehen, ich will doch einmal sehen, ob der alte Draper so auf den Kopf gefallen ist, daß er nicht ein Mittel findet, um dir fortzuhelfen.“

„Aber, Draper, Draper, denkt an Euer Weib und Eure Kinder“, sagte warnend der junge Mann.

„Oh, reden Sie dem Vater nicht ab“, bat ihn flehend Lucy, „lassen Sie ihn das gute Werk vollbringen, und - wenn Sie sich uns allen als ein recht lieber Freund erweisen wollen, so helfen Sie nur diesmal, um den armen Jungen von so fürchterlicher Strafe zu erretten.“

„Liebe Miß Lucy“, erwiderte Hennigs noch immer unschlüssig, „ich will ja gewiß alles von Herzen gern tun, was Ihnen nur die mindeste Freude gewähren kann, ich sehe aber wahrhaftig nicht ein, wie dem armen Teufel geholfen werden soll. Sind ihm die Verfolger so dicht auf den Fährten, wie er sagt, dann können wir sie auch jeden Augenblick hier erwarten, und in dem Zustand, in dem er sich jetzt befindet, wäre es für ihn unmöglich, zu entfliehen. Hier im Haus sind wir ebensowenig imstande, ihn lange zu verbergen, selbst wenn wir wollten, denn das eine offene Gemach, das Sie haben, bietet nirgends auch nur den geringsten sicheren Schlupfwinkel.“

„Wir müssen ihm einen Paß schreiben!“ rief Mr. Draper schnell. „Das wird ihm durchhelfen; einen mit dem Paß versehenen Neger hält niemand an.“

„Aber womit?“ fragte Lucy ängstlich. „Wir haben weder Schreibzeug noch Papier, selbst das Stückchen Bleistift, das in dem alten Haus über dem Kamin steckte, muß verlorengegangen sein, ich konnte es wenigstens nirgends finden.“

Der Neger hatte indessen mit ängstlichen Blicken von einem der Sprechenden zum anderen gestarrt, und seine Augen leuchteten, als er den Paß erwähnen hörte; jetzt, da ihm diese letzte Hoffnung abgeschnitten schien, barg er zitternd das Antlitz in den Händen, und wenn auch kein Laut, kein Schluchzen die Stille unterbrach, so kündete doch das konvulsivische Zucken seiner ganzen Gestalt den ungeheuren Schmerz an, der ihn durchbebte.

„Hier muß Rat geschafft werden!“ rief der alte Draper jetzt und ging mit schnellen Schritten im Zimmer auf und ab. „Ben muß fort, und ein Paß, das seh ich ein, ist dazu unumgänglich nötig. So mag er denn hier im Haus verborgen bleiben, bis ich ihm den herbeischaffen kann; ich will noch heute zum Squire Mabel reiten und Tinte und Papier holen.“

„Aber das ganze County ist schon in Aufregung“, flehte in Todesangst Ben, „der, der mich heute verfolgte, wußte ebenfalls von dem einem weißen Mann gegebenen Schlag; zweimal hätte er mich niederschießen können, aber er schrie fluchend, er wolle mich lebendig haben, um mich schmoren zu sehen; sie sind zum Fürchterlichsten entschlossen.“

„Hallo! Da drüben!“ schallte plötzlich eine Stimme von der anderen Seite der niedergehauenen Bäume herüber, und gleich darauf übertäubte, wie bei Hennigs’ Ankunft, das Heulen der Meute jeden weiteren Anruf.

„Das ist mein Verfolger!“ stöhnte Ben und sank, die Hände gefaltet, in Verzweiflung auf einen Stuhl nieder, an dessen Lehne mehrere Tropfen klaren Blutes, die durch die dünne Jacke gequollen waren, hängenblieben.

Der alte Mann trat indessen in die Tür, beschwichtigte mit einem Wort die Hunde, die, der Stimme des Herrn gehorsam, nur leise knurrend den fremden Tönen lauschten, und rief jetzt die Gegenfrage an den späten Gast hinüber:

„Wer ist da und was wollt Ihr?“

„Wer da ist? Zum Henker, Pitt ist da, oder ist eigentlich noch nicht da, denn er steckt hier in einem undurchdringlichen Gewirr von allem möglichen und weiß nicht, wie er herauskommen soll. Wo in aller Welt ist nur der Fahr- oder Reitweg, Draper? Auf dem, wo ich hergekommen bin, liegen wenigstens zwanzig Klafter Holz!“

„Seid Ihr allein?“ fragte Draper zurück.

„Ja, allerdings, es werden aber gleich noch eine ganze Menge kommen, ich traf sie nicht weit von hier, und sie redeten davon, bei Euch zu übernachten.“

„Ich komme gleich, Pitt“, rief Draper ihm zu, „bleibt nur einen Augenblick da halten, Euer Pferd möchte sonst in den vielen Splittern Schaden nehmen.“ Und damit warf er die Tür wieder in die Klinke und trat in das Innere seiner Hütte zurück.

„Es ist zu spät!“ sagte er eintönig, als er mit starren Blick auf den unglücklichen Knaben niedersah. „Sie werden hier sein, ehe wir imstande sind, auch nur einen vernünftigen Rettungsplan zu ersinnen, viel weniger auszuführen.“

„Wenn er sich nun draußen im Wald versteckte?“ fragte schüchtern Sally. „Ich will ihm ja gern Speise und Trank bringen; morgen früh gelingt es dann vielleicht, dem Armen zu helfen.“

„Nein, das ist unmöglich, die Hunde würden ihn dort nicht unbeachtet lassen; überdies bringen die Fremden, wenn es seine Verfolger wirklich sind, auch auf jeden Fall ihre Rüden mit, und dann wäre seine Entdeckung unvermeidlich. Ich begreife ohnehin nicht, wie ihn meine eigenen Bärenfänger so unbelästigt hereingelassen haben.“

„So verbirg ihn dort, zwischen unseren Betten!“ sagte Sally plötzlich. „Dort mag er liegen, bis sich irgendein Ausweg für ihn gefunden hat, und wenn es bis morgen früh wäre.“

„Das ist das einzige; Höll’ und Teufel, Pitt wird ungeduldig da drüben, ich muß ihn holen; so versteckt ihn denn schnell, und möge Gott geben, daß er dort unentdeckt bleibt, sonst ist mein guter Name für Missouri dahin, und ich muß der Rache seiner Bürger entfliehen.“

Tief aufseufzend verließ er die Hütte, seinen heute so unwillkommenen Gast hereinzuholen, während die Frauen indessen ein ziemlich weiches Lager für den armen Mißhandelten bereiteten und es zwischen den Betten und durch einen mit Kleidern überhangenen Stuhl so verdeckten, daß, wenn nicht eine wirkliche und hier keineswegs zu befürchtende Haussuchung stattfand, sein Lager von den in der Hütte befindlichen Personen sicherlich nicht gesehen werden konnte, da sich auch schon ohnedies keiner der Amerikaner neugierig einer Stelle zugedrängt hätte, die ‚der Damen Schlafplatz‘ war.

Bald darauf erreichte der späte Besuch den kleinen vor dem Haus befindlichen offenen Platz, sprach dort einige Worte, seines Pferdes wegen, mit Draper und betrat dann, schon von draußen den Frauen einen guten und freundlichen Abend hereinrufend, das Innere des jetzt durch ein selbstgegossenes Licht erhellten Raums.

Mr. Pitt war ein kleines wohlbeleibtes Männchen mit so blonden Haaren, daß er sie oft selbst im Scherz ‚isabellfarben‘ nannte, dazu mit großen blaugrauen Augen, und gewöhnlich in einen pfeffer- und salzfarbenen Oberrock eingeknöpft. So gemütlich er aber auch sonst in manchen Sachen sein mochte, so viel er selbst auf sein Vieh, auf seine Pferde und Rinder hielt, die er sich nie überarbeiten ließ, so sehr haßte er die Neger und behandelte seine eigenen Sklaven, wenn er sie auch gut ‚fütterte‘, wie er es nannte, mit der größten Verachtung. Die Sklaven der ganzen Nachbarschaft fürchteten ihn auch ungemein, haßten ihn aber wohl noch mehr und nannten ihn überall nur den ‚Niggerfresser‘. Und doch war dieser Mann ein ganz guter Bürger, ehrlich und rechtschaffen in all seinem Tun und Handeln, und hatte sich, einzig und allein durch eigenen Fleiß, ein gar nicht unbedeutendes Vermögen erworben. Seinem Ehrgeiz war übrigens dadurch Genüge geschehen, daß ihn sein ‚Township‘ zum Friedensrichter, und zwar damals noch, ernannt hatte, als die Aufregung für General Harrison selbst bis in den fernen Westen drang; er rühmte sich auch seines eifrigen Whigtums und schwärmte natürlich für Henry Clay und besonders für Frelinghuysen, der seiner Aussage nach der frömmste Mann der Welt sei und eher verdiente, Präsident als nur Vizepräsident zu werden.

Seiner Religion nach war er Presbyterianer und hing dabei so eifrig an der Kirche, daß er schon einmal, als er sich bei einer großen Betversammlung befand, wo der andächtig harrenden Gemeinde gemeldet wurde, der plötzlich krank gewordene Prediger könne nicht kommen, selbst, unvorbereitet, den Rednerstuhl bestieg und mit Kraftworten und noch nie dagewesenen Gestikulationen den Leuten erzählte, wie’s ihm eigentlich ums Herz sei. Man wollte ihn später allerdings dazu bewegen, der geistlichen Beredsamkeit sein Leben ausschließlich zu weihen, Mr. Pitt zog es aber vor, Friedensrichter zu bleiben, und behauptete, freilich nicht ganz ohne Grund, ‚als Laie die Eingeborenen viel mehr in Erstaunen setzen zu können, als wenn er aus der heiligen Sache eine wirkliche Profession mache‘. Dabei war er höchst ritterlich und gefällig gegen Damen, obgleich er als alter Junggeselle von diesen auch manches Scherz- und Stichelwort ertragen mußte; ja, er hatte sogar selbst vor noch nicht so langer Zeit bei einer Entführung in St. Louis tätigen Anteil genommen. Wenn er aber auch gern von dieser Sache sprach, so verfehlte er doch nie dabei die Bemerkung zu machen, daß das vor der Zeit gewesen sei, so er als Friedensrichter in Tätigkeit getreten, und er jetzt, gerade im Gegenteil, eine solche ungesetzliche Handlung mit jeder ihm zu Gebote stehenden Macht verhindern würde.

Mr. Pitt trat also in die Tür der Hütte und reichte, sich nicht mit dem allgemeinen „Guten Abend, Ladies!“ begnügend, noch jeder der Damen insbesondere die Hand, führte dabei auch so total allein das Wort und erkundigte sich so angelegentlich nach dem Befinden und Wohlergehen seiner ‚neuen Nachbarn‘ (sein Haus lag elf englische Meilen entfernt), daß er die Verlegenheit und Aufregung, in der sich diese befanden, gar nicht bemerkte, sondern geschäftig einen der Stühle zum Kamin schob (und zwar mit dem R?cken gegen die Tür, also den Betten mehr zugewandt), von dem aus er an Draper und Hennigs indessen tausend verschiedene Fragen zu gleicher Zeit richtete.

Draper war übrigens selbst zu aufgeregt, um sich in eine Beantwortung derselben einzulassen, und fragte nur seinerseits, wobei er freilich einen Augenblick benutzen mußte, in dem der würdige Mann gerade Atem schöpfte, wen er noch an Fremden im Wald getroffen habe, was diese getrieben und wann sie hier eintreffen würden.

„Stop, Sir - stop!“ schrie der Kleine und drehte sich in komischer Verzweiflung nach ihm herum. „Das sind eine Menge verschiedener Artikel, die erst geordnet und dann einzeln vorgenommen werden müssen. Vor allen Dingen, Ladies, fürchte ich, daß Ihr Raum heute ein wenig beschränkt werden wird, denn acht Mann kann ich sicher anmelden, die noch vor Ablauf einer Stunde hier eintreffen werden. Das heißt eigentlich nur sieben, da einer von ihnen hier schon ganz behaglich und warm am Feuer sitzt und sich ungemein freut, daß er aus den bösen Dornen und Ranken da draußen heraus ist. Dieser eine, meine teuren Ladies, den ich Ihnen die Ehre habe in meiner unbedeutenden Person vorzustellen, wird nun auch wohl morgen noch hoffentlich das Vergnügen genießen, in Ihrer Gesellschaft zu bleiben, denn ich zweifle keinen Augenblick, daß Sie ebenfalls beabsichtigen, der Betversammlung beizuwohnen. Die dort aufgehäuften Kleider sind wahrscheinlich schon dazu bestimmt, Ihren holden Gestalten einen womöglich noch höheren Reiz zu verleihen.“

„Wer waren aber die anderen?“ unterbrach ihn ungeduldig der Alte.

„Wer die anderen waren?“ wiederholte lächelnd der kleine Friedensrichter. „Die Blüte des Staates, der Stolz und Schmuck unseres und des benachbarten County, lauter wackere Farmer, wie berittene Nimrode, mit ihren Büchsen und Hunden. Apropos, Draper, habt Ihr den Wolfshund noch, den Ihr von Hilbert damals kauftet? Das war ein famoses Poppy 1), muß einmal ein prächtiger Hund werden!“

„Waren die Männer auf der Jagd?“ mischte sich Hennigs jetzt in das Gespräch.

„Jagd? ja“, sagte der Kleine, „aber ganz besondere Jagd - Hochwild - Menschenfleisch!“

„Menschenfleisch!“ riefen die Frauen entsetzt.

„Erschrecken Sie nicht, meine Damen, es war weiter nichts als ein weggelaufener Nigger“, lächelte der gemütliche Friedensrichter, „vielleicht haben sie ihn jetzt schon und bringen ihn dann gleich mit her.“




1) Welpe
Dieses Kapitel ist Teil des Buches Schwarz und Weiß