Schul-Feste in Hamburg, Eisenach, Bautzen, Memmingen, Straßburg, Augsburg

Aus: Deutsche Volksfeste im 19. Jahrhundert
Autor: Reimann, Friedrich August (?) Herausgeber, Erscheinungsjahr: 1839
Themenbereiche
Enthaltene Themen: Deutschland, Volksfeste, Schulfeste, Komödien
Ganz einerlei mit dem Gregoriusfest, den Namen und die Zeit, da es gefeiert wurde, abgerechnet, war das Nicolai-Fest. In Hamburg wurde es jährlich am Gedächtnistage des bethlehemitischen Kindermordes, am St. Andreasabende, des Tags vor Nicolai gefeiert und der Rat bewirtete die Schüler mit einem Freudenmahle. Die Knaben erwählten aus ihrer Mitte einen Abt, der den Namen Episcopus Puerorum erhielt, der in einer besonderen Kleidung an Sonn- und Festtagen mit Pompe von ihnen in die Kirche geführt wurde. Auch in Braunschweig war es üblich, wo jeder neue Kanonikus zum Eintritte und zu diesem Zweck 1 1/2 Mark erlegen musste. —

Es waren unstreitig Nachbildungen der im alten Rom gebräuchlichen Quinquatria, da nämlich im Frühlings die Lehrer mit Musik herumzogen und Geschenke (minervalia) sammelten. Seit dem 9ten Jahrhunderte scheinen sie von Gregor IV., dem heiligen Gregorius zu Ehren, eingeführt zu sein. Gewöhnlich verband man mit dieser Feierlichkeit auch Komödien, deren schon früh Erwähnung geschieht und welche jedes Mal eine Geschichte aus der Bibel zum Gegenstande hatten. Im Jahre 1322 führten die Dominikaner zu Eisenach eine Komödie auf, woran die Schüler Teil nahmen; die Fabel dazu war aus dem Gleichnisse von den zehn Jungfrauen genommen. Jesus, dessen Ankunft sie nach der Verfassung dieses Stücks erwarteten, wurde als der strengste Richter dargestellt, der den fünf törichten Jungfrauen, ungeachtet der anhaltenden Bitte der Maria und anderer Freunde, keine Verzeihung angedeihen ließ.

Man sah solchen Darstellungen mit einer ungewöhnlichen Teilnahme zu und erlaubte sich nicht, an der Wahrheit der heiligen Aktion zu zweifeln. Auch Friedrich mit der gebissenen Wange war einst Zuschauer derselben und entsetzte sich über die von Jesu bezeigte Strenge; ja, dass er sich nicht einmal durch die Vorbitte seiner Mutter Maria von seiner Strenge abbringen ließ, verursachte Friedrich tiefes Nachdenken. Viele behaupten sogar, dass er dadurch auf schwermütigen Gedanken geraten sei.

Die Gegenstände, die man bearbeitete, nahm man aus der Bibel und gab so die Geschichte des armen Lazarus, des verlorenen Sohnes, der keuschen Susanna u. dergl. Diese Vorstellungen waren übrigens ganz dem Genius der Zeit angemessen. Zoten, ungesittete Possen und pöbelhafter Witz wechselten mit geistlichen Gesängen ab. Engel, Teufel, Heilige, Könige und Hanswurst spielten ihre Rollen durch einander. Dass der Inhalt dieser Fastnachtsspiele und Schulkomödien nicht bis auf uns gekommen, dürfen wir uns, wegen ihres abgeschmackten, ja oft elenden Inhalts, nicht dauern lassen; wir würden sie auch nicht vollständig erhalten, denn nur der Plan derselben war da, die Rollen selbst veränderte jeder Schauspieler bei der Vorstellung; nur die Schulkomödien machten eine Ausnahme. Im Jahre 1412 führten die Schüler in Bautzen ein Schauspiel von der heiligen Dorothea auf. Um 1450 findet man schon in Nürnberg ein eigenes Theater, zu dem vermutlich der große Eifer des berühmten Meistersangers Hans Schnepper, genannt Rosenblüt, Veranlassung gab; einige von seinen Vorstellungen findet man in Gottscheds dramatischem Vorrate. Memmingen, Straßburg, Augsburg und mehrere große schwäbische Städte folgten bald dieser Einrichtung. Der berühmteste Schriftsteller für das damalige Theater war unstreitig der Meistersänger Hans Sachs, der im J. 1494 zu Nürnberg geboren ward. Seine geschriebenen Stücke haben schon etwas mehr Vollkommenheit, als die übrigen damals gewöhnlichen; auch sie führte man in Schulen, in Gymnasien auf. Ob sie nun schon für unsere Ohren wenig Reiz mehr haben, so kann man doch letzteren, wenn man nicht ungerecht sein will, Witz und Laune nicht gänzlich absprechen.

Die Schulkomödien dauerten indessen fort bis in das folgende Jahrhundert, erhielten sich aber meistens in den Klöstern und wurden nach dem Chronicon Sancti Petri Erfurtens. A Clericis et Scholaribus aufgeführt; junge Knaben übernahmen die Frauenzimmerrollen. Diese Schulkomödien waren auch zuweilen, besonders nach der Reformation, nur dialogisierte Vorstellungen, in welchen ein Zwischenredner Jugend zur gottseligen Übung, auch der ganzen gemeinen Bürgerschaft zur Lehre, Trost und Vermahnung; und zwar von der Ausführung Loths und dem endlichen Untergange von Sodom und Gomorrha; damit auch alles recht natürlich zuging, so brannte man zu dem Endzwecke ein kleines Feuerwerk ab.

Dergleichen Nachrichten von andern Städten reichen nun ungefähr bis 1610, von welchem Zeitpunkt an sich zwar die Komödien nach und nach verlieren, die Umgänge und Aufzüge aber an den meisten Orten fortdauern, da sie zu den Einkünften der Lehrer gehören. Zuweilen wurden auch kleine Schauspiele wieder gespielt und dazu besonders die des Weißischen Kinderfreundes gebraucht. In der katholischen Kirche sind sie aber, und meistens in den Kollegien der Jesuiten, ununterbrochen fortgesetzt worden.

Erfurt, Dämmchen

Erfurt, Dämmchen

Erfurt, Fischmarkt mit Rathaus

Erfurt, Fischmarkt mit Rathaus

ERfurt, Hinter der Krämerbrücke

ERfurt, Hinter der Krämerbrücke

Erfurt, Lutherdenkmal

Erfurt, Lutherdenkmal

Erfurt, Rathaus

Erfurt, Rathaus

Erfurt, Rathausbrücke

Erfurt, Rathausbrücke

Erfurt, Stadtansicht

Erfurt, Stadtansicht

Stadttheater in Hamburg-Altona

Stadttheater in Hamburg-Altona

Eisenach, Die Wartburg

Eisenach, Die Wartburg