Schöne Hoffräulein gehen in die Klause

Autor: Ueberlieferung
Themenbereiche
KIRCHE UND KLOSTER PILLENREUTH

Kaiser Ludwig der Bayer war mit seinem ganzen Hof nach Nürnberg gekommen.
Die Stadt wollte zeigen, wie reich sie war, und gab ein Fest nach dem
andern. Da wurde geschmaust und getrunken, da wurde getanzt und gesprungen,
und jedermann, die edlen Frauen und die großen Herren, hatten alles, was
sie sich nur wünschten.

Mitten zwischen den Festen kam eine Schar von Hoffräulein der Kaiserin zum
Kaiser und bat, man möchte ihnen doch erlauben, von jetzt an aller Welt ade
zu sagen, und ihnen draußen im Nürnberger Wald eine Klause bauen, wo sie
künftig andächtig und gottselig leben könnten. Ludwig war überrascht; denn
es waren die schönsten von den Hofdamen darunter. Aber er konnte nichts
dagegen sagen. Am Nachmittag ritt er hinaus in den Wald, um einen schönen
Platz für das Frauenklösterlein zu suchen. Von Eibach aus ritt er nach
Süden durch die Lach und, wie er unter einer hohen Eiche dahinritt, hörte er
auf einmal ein ganz liebliches Singen. Er suchte den Vogel im Baum, der ein
so wunderschönes Stimmlein hätte; aber er konnte nichts sehen als nur das
Bildnis des gekreuzigten Herren am Stamm. Kein Vogel war weit und breit.
Aber das Klingen war immer noch zu hören. Da sprang er vom Pferd, verehrte
das Wunder und hieb mit dem Schwert ein Zeichen in den Baum, damit er ihn
wiederfände.
Ein paar Tage später schickte der Kaiser Arbeiter in den Wald; die fällten
um die große Eiche herum die Bäume, zogen die Wurzeln aus der Erde, hieben
Balken zu, und bald stand dort ein hölzernes Kirchlein mit einem geräumigen
Haus für dreizehn Klausnerinnen (12 Schwestern und eine Vorsteherin). Weil
der Wald um das Bild herum gerodet worden war, hieß das Klösterlein bald
,,Bildenreuth". Heute haben die Nürnberger vergessen, woher der Name kommt,
und schreiben den Namen ,,Pillenreuth". - Bald darauf haben Nürnberger
Bürger für das Kloster so viel gestiftet, daß man die Kirche und das
Wohnhaus in Stein auffuhren konnte. In der Nähe liegen große Fischteiche,
die gehörten dem Kaiser. Ludwig der Bayer schenkte den frommen Frauen von
Pillenreuth den Zehnten aus seinen Fischteichen.