Schlundt, Johann Sigismund (1656-1710) brandenburgisch-preußischer Oberst. Biographie

Allgemeine Deutsche Biographie Bd 31 (1890)
Autor: Poten Bernhard von (1828-1909) Preußischer Oberst, MIlitärbiograph, Erscheinungsjahr: 1890
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Schlundt: Johann Sigismund S., brandenburgisch-preußischer Oberst, 1656 geboren, trat 1672 in die brandenburgische Artillerie, in welcher Schlundt es zum Feuerwerker brachte, kam 1685 als Lieutenant zu den Grenadieren des neugebildeten Infanterieregiments Markgraf Philipp Wilhelm von Brandenburg-Schwedt (Nr. 12), 1688 aber, nachdem Schlundt Kapitän geworden war, mit den Truppen, welche Kurfürst Friedrich III. den Generalstaaten überließ, nach den Niederlanden und von dort 1694 in englische Dienste. Am 4. Januar 1698 stellte ihn der Kurfürst „wegen seiner uns gerühmten guten Qualitäten und im Artilleriewesen erlangten Experienz“ von neuem als Oberstlieutenant bei seiner Artillerie an; nächst dem obengenannten Markgrafen war er der höchste Offizier der Waffe. Er hatte damals 15 Campagnen mitgemacht, darunter waren die der Brandenburger am Rhein und gegen die Schweden. Am 15. März 1699 ward er Oberst. Seine herrschsüchtige und eigennützige Sinnesart aber verwickelte ihn bald in allerlei Schwierigkeiten und Misshelligkeiten, so daß Schlundt wenige Freunde gehabt zu haben scheint, als im Frühjahr 1707 ein arger Vertrauensbruch seine Entfernung aus dem preußischen Dienste veranlasste. Am 24. April dieses Jahres griffen die Schweden bei Grünberg den von Berlin nach Petersburg reisenden russischen Minister Ismailow auf und fanden bei demselben von Schlundt herrührende Schriftstücke, welche einen seitens Russlands gegen Schweden zu befolgenden Kriegsplan und Mitteilungen an Mentschikow über Artilleriegegenstände enthielten. Schweden verlangte Schlundt’s Auslieferung. Diese verweigerte der Kurfürst. Dagegen ließ er Schlundt verhaften, ihn nach Spandau bringen und ihm den Prozess machen. Schlundt räumte ein, daß er der Verfasser jener Schriftstücke sei; behauptete aber unter leeren Ausreden, nichts Unrechtes getan zu haben. Er hatte außerdem mit Dänemark und mit Polen in Verbindung gestanden und bei diesen Gelegenheiten Unterschriften gefälscht. Ein am 5. September ihm eröffneter Kriegsrechtspruch enthob ihn seines Postens und verurteilte in zu lebenslänglicher Einschließung in eine Festung; er erhielt für sich, seine Frau und seinen gebrechlichen Sohn ein Gnadengehalt von 800 Thlr. jährlich; mußte aber eidlich versprechen, fernerhin keinen Schriftwechsel zu führen. 1708 wurde er nach der Festung Peitz gebracht, am 6. September 1709 aber auf Fürsprache des Königs von Dänemark aus Anlass der Geburt der Prinzessin Friederike, späteren Markgräfin von Brandenburg-Bayreuth, mit der Erlaubnis in fremde Dienste zu gehen und mit der Verpflichtung sich allemal zu stellen, wenn der Kurfürst es verlangen werde, in Freiheit gesetzt. Er soll in russische Dienste getreten und 1710 als General zu Riga gestorben sein.

K. W. v. Schöning, histor.-Biogr. Nachr. z. Geschichte d. brandenb.-preuß-Artillerie I. Berlin 1844.