Der listige Quäker.

Die Quäker sind eine Sekte, zum Exempel in England, fromme, friedliche und verständige Leute, wie hierzuland die Wiedertäufer ungefähr, und dürfen vieles nicht tun nach ihren Gesetzen: nicht schwören, nicht das Gewehr tragen, vor niemand den Hut abziehn, aber reiten dürfen sie, wenn sie Pferde haben. Als einer von ihnen einmal abends auf einem gar schönen, stattlichen Pferd nach Haus in die Stadt wollte reiten, wartet auf ihn ein Räuber mit kohlschwarzem Gesicht ebenfalls auf einem Ross, dem man alle Rippen unter der Haut, alle Knochen, alle Gelenke zählen konnte, nur nicht die Zähne, denn sie waren alle ausgebissen, nicht am Haber, aber am Stroh. „Kind Gottes“, sagte der Räuber, „ich möchte meinem armen Tier da, das sich noch dunkel an den Auszug der Kinder Israel aus Ägypten erinnern kann, wohl auch ein so gutes Futter gönnen, wie das Eurige haben muss dem Aussehen nach. Wenn’s Euch recht ist, so wollen wir tauschen. Ihr habt doch keine geladene Pistole bei Euch, aber ich.“ Der Quäker dachte bei sich selbst: „Was ist zu tun? Wenn alles fehlt, so hab’ ich zu Haus noch ein zweites Pferd, aber kein zweites Leben.“ Also tauschten sie miteinander, und der Räuber ritt auf dem Ross des Quäkers nach Haus, aber der Quäker führte das arme Tier des Räubers am Zaum. Als er aber gegen die Stadt und an die ersten Häuser kam, legte er ihm den Zaum auf den Rücken und sagte: „Geh voraus, Lazarus; du wirst deines Herrn Stall besser finden als ich.“ Und so liess er das Pferd vorausgehen und folgte ihm nach Gasse ein, Gasse aus, bis es vor einer Stalltüre stehen blieb. Als es stehen blieb und nimmer weiter wollte, ging er in das Haus und in die Stube, und der Räuber fegte gerade den Russ aus dem Gesicht mit einem wollenen Strumpf. „Seid Ihr wohl nach Hause gekommen?“ sagte der Quäker. „Wenn’s Euch recht ist, so wollen wir jetzt unsern Tausch wieder aufheben, er ist ohnedem nicht gerichtlich bestätigt. Gebt mir mein Rösslein wieder, das Eurige steht vor der Tür.“ Als sich nun der Spitzbube entdeckt sah, wollte er wohl oder übel, gab er dem Quäker sein gutes Pferd zurück. „Seid so gut“, sagte der Quäker, „und gebt mir jetzt auch noch zwei Taler Rittlohn; ich und Euer Rösslein sind miteinander zu Fuss spaziert.“ Wollte der Spitzbube wohl oder übel, musst’ er ihm auch noch zwei Taler Rittlohn bezahlen. „Nicht wahr, das Tierlein lauft einen sanften Trab?“ sagte der Quäker.

Dieses Kapitel ist Teil des Buches Schatzkästlein des rheinischen Hausfreundes. Bd 2