Der Generalfeldmarschall Suwarow.

Das Stücklein von Suwarow im Kalender 1809 hat dem geneigten Leser nicht übel gefallen. Von ihm selber wäre viel Anmutiges zu erzählen. Wenn ein vornehmer Herr nicht hochmütig ist, sondern redet auch mit geringen Leuten und stellt sich manchmal, als wenn er nur ihresgleichen wäre, so sagt man zu seinem Lob: er ist ein gemeiner Herr. Suwarow konnte manchen schimmernden Ordensstern an die Brust hängen, manchen Diamantring an die Finger stecken, und aus mancher goldenen Dose Tabak schnupfen. War er nicht Sieger in Polen und in der Türkei, russischer Generalfeldmarschall und Fürst und an der Spitze von dreimal hunderttausend Mann, soviel als seinesgleichen ein anderer? Aber bei dem allen war er ein sehr gemeiner Herr. Wenn es nicht sein musste, so kleidete er sich nie wie ein General, sondern wie es ihm bequem war. Manchmal, wenn er kommandierte, so hatte er nur Einen Stiefel an. An dem andern Bein hing ihm der Strumpf herunter, und die Beinkleider waren auf der Seite aufgeknüpft. Denn er hatte einen Schaden am Knie.

Oft war er nicht einmal so gut gekleidet. Morgens, wenn’s noch so frisch war, ging er aus dem Bett oder von der Streue weg vor dem Zelt im Lager spazieren, nackt und bloss wie Adam im Paradies, und liess ein paar Eimer voll kaltes Wasser über sich herabgiessen zur Erfrischung.


Er hatte keinen Kammerdiener und keinen Heiduck, nur einen Knecht, keine Kutsche und kein Ross. In dem Treffen setzte er sich aufs nächste beste.

Sein Essen war gemeine Soldatenkost. Niemand freute sich gross, wenn man von ihm zur Mittagsmahlzeit eingeladen wurde. Manchmal ging er zu den gemeinen Soldaten ins Zelt und war wie ihresgleichen. Wenn ihn auf dem Marsch oder im Lager, oder wo es war, etwas ankam, wo ein anderer an einen Baum steht oder hinter eine Hecke geht, da machte er kurzen Prozess. Seinetwegen durfte ihm jedermann zuschauen, wer’s noch nie gesehen hat.

Bei den vornehmsten Gelegenheiten, wenn er in der kostbarsten Marschallsuniform voll Ehrenkreuzen und Ordenssternen dastand und, wo man ihn ansah, von Gold und Silber funkelte und klingelte, trieb er’s doch wie ein säuberlicher Bauer, der wegwirft, was ein Herr in die Rocktasche steckt. Er schneuzte die Nase mit den Fingern, strich die Finger am Ärmel ab und nahm alsdann wieder eine Prise aus der goldenen Dose.

Also lebte der General und Fürst Italinsky-Suwarow.

Dieses Kapitel ist Teil des Buches Schatzkästlein des rheinischen Hausfreundes. Bd 1