9. Die heiligen Leichnams-Capelle zu Magdeburg.

Im Jahre 1315 brach ein Bube des Nachts zu Magdeburg in die Sanct Pauls-Kirche, und stahl daselbst die Büchse mit den geweiheten Hostien, so man zum Sacrament gebrauchet. Damit ging er des Morgens in die Sanct Peters-Kirchen, willens, dasselbige allda auf den Altar zu legen, ward aber anderen Sinnes, und warf das Sacrament hinter den Kirchhof daselbst, zwischen die Steine, in einen Pfuhl, und versetzte die Büchse den Juden. Da begab es sich, daß Einer mit einer Küfe, damit man Wasser zum Bierbrauen führet, von der Elbe gefahren kam, und da er an den Ort gelanget, da das Sacrament gelegen, sind die Pferde stehen geblieben und haben nicht fortgewollt. Darüber wird der Küfenführer des Sacramentes, daselbst liegend, gewahr, und ein Müller, der von ohngefähr dazu gekommen, hebt dasselbe mit seinem Schwerte auf. Der Dieb wurde darauf bald entdeckt, auf dem Kleiderhofe vor den Juden gegriffen und hernach geschleifet. Auf der Stellen, da das Sacrament gefunden, erbauten die Bürger, zum Andenken des allda geschehenen Wunders, eine Capelle, welche die Capelle des heiligen Leichnams geheißen wurde; in dieselbe ließen sie die Geschichte hineinmalen, und das Schwert, damit das Sacrament aufgehoben, haben sie darin aufhängen lassen. Die Capelle stand noch vor nicht gar langer Zeit, hinter dem Sanct Marien-Magdalenen-Kloster, und man konnte vom Kloster und vom Kirchhofe aus in die Capelle gehen. Es befand sich auch in dieser ein Brunnen mit einem eisernen Eimer, damit man Wasser schöpfen konnte.

Alte Magdeburger Chronik (nicht paginirt).


Gengenbach, Stadt Magdeburg. S. 30.


Dieses Kapitel ist Teil des Buches Sagenaus dem Magdeburgischen