Ludwig Bechstein - Ratten vertrieben.

Zu Neustadt-Eberswalde gibt es keine Ratten; früher waren sie dort zahllos und fraßen fast die ganze städtische Kornmühle auf. Da kam ein fremder Mann, der erbot sich, dieses Ungeziefer für immer zu bannen, er wollte erst nach Jahr und Tag den Lohn für seine Kunst; nur zwei Taler wollte er vorweg und acht Taler übers Jahr. Über solchen Vorschlag war der Rat von Neustadt-Eberswalde gar Wohl zufrieden, und derselbe Mann versuchte nun seine Kunst. Er setzte sich unfern der Mühle in einen Nachen und fing an, ein wundersames Lied auf seiner Pfeifersflöte zu blasen. Und siehe da, die Ratten zu Neustadt-Eberswalde verließen in Haufen die Mühle und sprangen in die Finow, in welcher sie allzumal ertranken, und nie kam eine einzige wieder. Aber der Mann kam wieder, als das Jahr herum war, und heischte seinen rückständigen Lohn. Da gedachte der Rat weislich an den Ausgang der Kinder zu Hameln und vergnügte den Rattenfänger bei Heller und Pfennig mit Freuden. Nachher sind niemals wieder weder in der Stadt noch in der Stadtmühle Ratten verspürt worden.

Dieses Kapitel ist Teil des Buches Sagen und Geschichten aus deutschen Gauen