Ludwig Bechstein - Herrgottstritte.

In der schwäbischen Alb im Aalbuch über Heubach liegt die Burgruine Rosenstein auf einem steilen und schroffen Felskegel, der dennoch von wildem Rosengesträuch dicht überwachsen ist. In ihrer Nähe ist eine tiefe Höhle, die Scheuer geheißen, die sich eine halbe Stunde durch den Berg hindurch erstrecken und mit der Burg in Verbindung stehen soll. Auf dem nahen Hochberge soll eine Stadt, Hochstadt oder Hochstädt, vordessen gestanden haben, die mit der Burg durch eine lederne Brücke verbunden war, gerade wie auch die Burg Kalenberg und Burgstall bei Friedingen an der Donau.

Auf Burg Rosenstein gegenüber dem Scheuelberg hat Christus der Herr gestanden; der Teufel zeigte ihm von da alle Herrlichkeit der Welt und wollte, daß Christus niederfalle und ihn anbete – also geht die Sag'. Aber Christus warf den Versucher in die nahe Teufelsklinge und trat von dem Burgberg hinüber auf den Scheuelberg (Schauelberg) hoch über das Tal von Heubach hinweg, und prägte seiner Fußtritte Spur beiden Felsen tief ein. Zu diesen Tritten ist hernachmals häufig gewallfahrt worden, auch ward ein Marienbild nahebei aufgestellt, aber die württembergische Regierung verbot in einem strengen Edikt vom 8. Juni 1740 das Wallen und ließ den Hergottstritt auf Rosenstein mit Pulver wegsprengen, das gipserne Marienbild aber einziehen, um Aberglauben zu verhüten. In der Teufelsklinge mußte der Teufel tausend Jahre gefesselt liegen und grimmige Tränen weinen, die als trübes Wasser aus ihr zutage flossen, nunmehr aber ist er schon längst wieder los und spaziert hin, wohin es ihm beliebt.


Auf dem Scheuelberg wachsen nahe dem Hergottstritt Wetterkräutlein, vor denen scheuen sich die Gewitter und zerteilen sich an seinem Scheitel.

Dieses Kapitel ist Teil des Buches Sagen und Geschichten aus deutschen Gauen