August Witzschel - Doktor Faust muß die Stadt Erfurt verlassen.

Weil nun aber Faust der Possen so viele machte, daß Stadt und Land von ihm schwatzte und manche vom Adel auf dem Lande ihm gen Erfurt nachzogen und die Sorge überhandnahm, es möchte der Teufel die zarte Jugend und andere Einfältige verführen, daß sie auch zur schwarzen Kunst Lust bekämen, so wurde Anleitung gegeben, daß sich doch der benachbarte Barfüßermönch Doktor Klinge an ihm versuchen möchte, ob er ihn vom Teufel reißen und bekehren könne. Dieser kommt herbei und redet erst freundlich mit ihm, sodann hart und scharf, erklärt ihm Gottes Zorn und ewige Verdammnis, so auf solchem Wesen stünde, zuletzt aber sagt er, er wäre ein fein gelehrter Mann und könne sich mit Gott und Ehren sonst wohl ernähren, darum möchte er solche Leichtfertigkeit, dazu er sich vielleicht in seiner Jugend vom Teufel habe bereden lassen, abtun, Gott seine Sünden abbitten und also Vergebung derselben erlangen, die Gott keinem noch verschlossen hätte.

Faust antwortete: »Mein lieber Herr, ich erkenne, daß Ihr es gern gut mit mir sehen möchtet, weiß auch das alles wohl, was Ihr mir jetzt vorgesagt habt; ich habe mich aber so hoch verstiegen und mit meinem eigenen Blut dem Teufel verschrieben, daß ich mit Leib und Seele ihm ewig zugehören will. Wie kann ich denn nun zurück oder wie kann mir geholfen werden?« – »Das kann wohl geschehen,« entgegnete Doktor Klinge, »wenn Ihr wahre Reue und Buße tut, der Zauberei und aller Gemeinschaft mit dem Teufel Euch enthaltet und niemand ärgert noch verführt; wir wollen auch in unserem Kloster für Euch Messe halten, daß Ihr wohl des Teufels sollt loswerden.« »Mess' hin, Mess' her,« sprach Faust, »meine Zusage bindet mich zu hart. Ich habe Gott mutwillig verachtet, bin meineidig und treulos an ihm geworden, habe dem Teufel mehr geglaubt und getrauet als ihn:, darum ich zu ihm nicht wiederkommen noch seiner Gnade, die ich verscherzet, mich trösten kann. Zudem wäre es nicht ehrlich, noch mir nachzusagen rühmlich, daß ich meinem Brief und Siegel, so doch mit meinem Blute gestellet ist, widerlaufen sollte. Hat mir der Teufel redlich gehalten, was er mir zugesagt, so will ich auch wieder redlich halten, was ich ihm zugesagt und verschrieben habe!« »Ei,« sagte der Mönch, »so fahre immer hin, du verfluchtes Teufelskind, wenn du dir nicht helfen lassen und es nicht anders haben willst.«


Von da ging der Barfüßermönch zum Rektor der Universität und zeigte es ihm an. Dieser berichtete es an den Rat und es ward Verschaffung getan, daß Faust den Stab weitersetzen mußte. So ward Erfurt den bösen Menschen los.

Dieses Kapitel ist Teil des Buches Sagen und Geschichten aus deutschen Gauen