Aloys Wilhelm Schreiber - Baden und das Wildbad.

Einst hüteten Hirten ihr Vieh in der Nähe des Herrnwieser Sees. Da stieg ein schwarzer Stier aus demselben hervor und gesellte sich zu den andern Rindern. Aber alsbald kam ein kleines Männlein nach, in Rattenpelz gekleidet, um den Stier zurückzuholen. Dieser wollte nicht gehorchen; da bat das Männlein zwei von den Hirten, sie möchten ihm doch den Stier in den See treiben helfen. Diese waren dazu bereit; es gelang ihnen, den Stier bis an den Rand des Sees zu treiben, von wo er sich augenblicklich in das Wasser stürzte und nicht mehr gesehen wurde. Das Männlein im Rattenpelz aber sagte zu den Knaben: »Hier schenke ich jedem von euch einen Stein; wohin ihr ihn werfen mögt, da entspringt auf der Stelle ein warmer Quell, der heilsame Kräfte besitzt für manches Leiden der Menschen.« Die Knaben nahmen die Steine und bewahrten sie lange auf. Zufällig kam später einer derselben in das Tal, wo jetzt Baden liegt, und ruhte sich aus auf dem Hügel, auf welchem die meisten und wärmsten der Heilquellen Badens entspringen. Da gedachte er plötzlich des Steins, den er vom Seemännlein erhalten, nahm ihn aus der Tasche, ließ ihn den Felsen, auf welchem er saß, hinabkollern, und siehe, da wo der Stein den Felsen berührte, öffnete sich eine Spalte, aus welcher heißes Wasser quoll. So entstanden der Ursprung, die Höllenquelle und die Klosterquelle in Baden. Der andere Hirt aber warf, seinen Stein in dem Tale nieder, wo das Wildbad hervorsprudelt.

Dieses Kapitel ist Teil des Buches Sagen und Geschichten aus deutschen Gauen
Baden-Baden, Rittersaal in der Ruine des Alten Schlosses

Baden-Baden, Rittersaal in der Ruine des Alten Schlosses

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