5. Die gespenstischen Mäher bei Berlin.

Im Jahre 1559 nach Christi Geburt, in der Ernte, da man den Hafer pflegt abzuhauen, trug sich nicht weit von Berlin eine wunderbarliche, aber wahrhaftige Geschichte zu. Es wurden nämlich plötzlich viele sonderbare Mannspersonen auf dem Felde gesehen. Zuerst waren deren funfzehn gekommen, nach diesen kamen noch zwölf. Die ersten hatten ordentliche Häupter, wie andere Menschen; aber die zuletzt gekommenen, waren ohne Haupt und waren scheußlich und gräßlich gestaltet. Alle diese sieben und zwanzig Männer hatten große Sensen, mit denen sie mit großer Gewalt in den Hafer hineinhieben, daß man es weithin hören konnte. Das Wunderbarste dabei aber war, daß der Hafer nicht fiel, sondern unversehrt stehen blieb.

Ueber solches Wunder entstand viel Geschrei bei Hofe und in der Stadt, und es gingen, so vom Hofgesinde wie von den Bürgern, Viele hinaus auf das Feld, um die gespenstischen Mäher zu schauen. Es gingen auch Etliche an die Männer heran und fragten sie: wer sie wären? woher sie kommen? und was sie dort machten? Diese antworteten aber nichts, sondern hieben immerfort in den Hafer hinein. Darüber wurden die Hinzugekommenen muthiger, und traten ganz nahe an sie heran, wollten auch sogar einige der Männer greifen. Die aber entwischten ihnen und liefen weiter, im Laufen nichts desto weniger in den Hafer hineinhauend. Nach etlichen Tagen erst verschwand dieses Gesicht.


Es war die allgemeine Meinung, daß dieses böse Geister gewesen, die nichts Gutes bringen könnten. Derowegen ließ der Durchlauchtigste Churfürst, Herr Joachim, dieses Namens der Andere, die fürnehmsten Prediger in der Mark versammeln, von ihnen zu erfahren, was durch solches Gesicht bedeutet werde. Diese hielten zwar dafür, daß dadurch die göttliche Strafe der Pestilenz solle angedeutet werden; es ist aber in demselbigen Jahre keine Pestilenz im Lande gewesen.

Andreas Angelus Annales March. Brand. pag. 359. 360.

Dieses Kapitel ist Teil des Buches Sagen der übrigen Markten