6. Johann Christoph Dietrich Ostermann II

Johann Christoph Dietrich Ostermann war der ältere Bruder des Groß-Admirals und Staatsministers dieses Namens. Er kam eher, als dieser, wir wissen aber nicht, durch welche Veranlassung, nach Russland.

Hier wurde er Lehrer der Czarischen Prinzessinnen Catharina, Anna und Prascovia, Töchter des Czars Joan Alexjewitsch, älteren Bruders Peters I. Dieser letztere Monarch erhob ihn zugleich mit seinem Bruder in den Freiherrnstand. Der Umstand, dass Peter I. ihn in Geschäften zu brauchen nicht für gut fand, und dass sein Bruder durch sein unverändert großes Ansehen unter den verschiedenen Regierungen ihn nie auf einen wichtigen Posten bringen konnte, beweist, dass es diesem Ostermann, von dem hier die Rede ist, an den dazu erforderlichen Fähigkeiten fehlte; man müsste denn annehmen, dass er vielleicht selbst den bescheidenen Stand der freiem Mittelmäßigkeit einer glänzendem Rolle vorgezogen habe.


Durch die Vermittlung der Herzogin Catharina von Mecklenburg, der Schwester der Kaiserin Anna, und durch die Unterstützung seines Bruders, wurde endlich der ältere Ostermann zum Mecklenburgischen Gesandten am Russischen Hofe ernannt; eine Stelle, die ihm weniger Geschäfte als Ansehen gab. Dem Herzog, Carl Leopold von Mecklenburg, lag übrigens so wenig daran, in Russland einen Gesandten zu haben, dass man ihm gar nicht den Vorschlag machen durfte, diesem einen Gehalt zu geben. Die Kaiserin Anna tat es und setzte ihrem ehemaligen Lehrer monatlich dreihundert Rubel aus. Mit dieser für die damaligen Zeiten nicht unbedeutenden Summe lebte er ruhig und anständig, bis die Thronbesteigung der Kaiserin Elisabeth ihn in seiner glücklichen Lage störte.

Am 29sten Dezember 1741 wurde dem Baron von Ostermann im Namen der Kaiserin angesagt, sich von Petersburg weg zu begeben. Er machte sich sogleich, so gut er konnte, fertig, abzureisen; befand sich aber in desto größerer Verlegenheit, da er außer dem Gehalt, den er vom Russischen Hofe bekam, nicht das geringste Vermögen besaß.

Er ging im Anfange des Jahres 1742, wir wissen nicht, in welche Gegend von Deutschland, und starb bald nachher.
Dieses Kapitel ist Teil des Buches Russische Günstlinge.