6. Abschnitt. 1311 Krieg zwischen Heinrich von Meklenburg und seiner Stadt Wismar, Rostock leistet trotz Verbot der Schwesterstadt Beistand. - Niederlage gegen den Fürsten Heinrich von Meklenburg. - Aufstand in Rostock 1314. 1317 Rostock wird zum erblichem Lehn des Fürsten Heinrich von Meklenburg. 1350 Rostock wird Lehn der Herzoge Albrecht und Johann durch einen Vergleich mit König Waldemar. Kämpfe mit Dänemark. 1344 Bündnis gegen die Seeräuber mit König Magnus von Schweden.

Im Sommer 1311 bricht ein Kampf aus zwischen Heinrich von Meklenburg und seiner Stadt Wismar. Rostock verschließt König Erich 12. Juni seine Thore und leistet trotz seines Verbotes der seit 11. Juli belagerten Schwesterstadt Beistand; 6. September ernennt der König den Fürsten Heinrich von Meklenburg zum Hauptmann des Landes Rostock und sendet der Stadt seinen Absagebrief. Fürst Heinrich sperrt den Rostockern die See ab durch zwei Thürme, die er bei Warnemünde zu beiden Seiten des Stromes erbaut; die Rostocker aber brennen den einen Thurm nieder, zwingen die Besatzung des andern zur Uebergabe und erbauen nun ihrerseits einen Thurm im Osten der Warnow zur Bewahrung ihres Fahrwassers. Am 30. Juni 1312 urkundet König Erich zu Warnemünde; gegen die Mitte September muß sich die Besatzung des Thurms nach elfwöchentlicher Belagerung ergeben, und der Kampf gegen die Stadt selbst beginnt; am 7. December schließt Rostock Frieden mit dem Markgrafen von Brandenburg, am 15. gelobt die Stadt, dem Fürsten Heinrich von Meklenburg zu Händen König Erichs den Treueid zu leisten. Schon die Nachricht vom Fall des Warnemünder Thurmes hat einen Aufruhr in Rostock hervorgerufen; das Versprechen der Huldigung führt zu einem neuen Aufstande gegen den Rath und zum Umsturz der Stadtverfassung. Dem Markgrafen von Brandenburg wird die versprochene Zahlung geleistet, und König Erich ertheilt der Stadt eine Bestätigung ihrer Handelsprivilegien in Dänemark; aber die Huldigung gegen Heinrich von Meklenburg unterbleibt. Erst nach Jahresfrist gelingt es dem Fürsten in Folge eines Vertrages, den er mit acht vertriebenen Rathmannen geschlossen hat, in die Stadt zu kommen, wo ihm am 19. Januar 1314 der wieder eingesetzte Rath die versprochene Huldigung leistet. Der unglückliche Fürst Nicolaus von Rostock, der dies Alles noch miterlebt hat, stirbt bald darauf 25. November 1314.

Fürst Heinrich von Meklenburg hat 7. Januar 1317 von König Erich das Land Rostock zu erblichem Lehn erhalten. Diesem Lehnsverhältniß zuwider nahmen die Fürsten Albrecht und Johann 8. Juli 1348, als sie von König Karl IV zu Herzogen erhoben wurden, ihre Lande zu Reichslehn. In Folge dessen forderte 23. November König Waldemar von Dänemark die Stadt Rostock auf, dem Fürsten Albrecht, der sich mit dem, was Erbe des Königs sei, zu einem andern Herrn begeben wolle, in keiner Weise Unterstützung zu leisten; die Stadt aber entgegnete ihm, da sie früher auf Befehl seines Vaters dem Fürsten Heinrich und hernach unter Genehmigung seiner selbst dem jetzigen Herzog Albrecht Huldigung geleistet, so könne sie demselben, falls er in Rostock oder Warnemünde eingehen oder ausgehen wolle, solches in keiner Weise mit Ehren versagen; ihrerseits aber werde sie dem König und den Seinen keinen Schaden zufügen, es sei denn, daß sie ihm rechtzeitig vorher abgesagt habe, und denke auch darin mit Gottes Beistand ihre Ehre wohl zu bewahren. Zwei Jahre darauf (8. Mai 1350) vergleichen sich dann die Herzoge Albrecht und Johann mit König Waldemar dahin, daß sie sich bereit erklären, das Land Rostock von ihm zu Lehn zu nehmen.


Der Kampf Dänemarks gegen Rostock, dessen schließlicher Ausgang den Fürsten von Meklenburg zu Gute kam, bildet nur einen Theil des planmäßigen Kampfes, der in den beiden ersten Jahrzehnten des 13. Jahrhunderts unter des Dänenkönigs Führung vom deutschen Fürstenthum gegen die deutschen Ostseestädte gekämpft wurde. Lübek, von den Grafen von Holstein und deren Verbündeten Heinrich von Meklenburg und Nicolaus von Werle bedrängt, hatte in kluger Sonderpolitik einen ähnlichen Schritt gethan, wie Nicolaus das Kind, indem es 4. Juli 1307 Erich von Dänemark auf 10 Jahre zu seinem Schirmherrn angenommen hatte. Demzufolge war es dem Bündnisse fern geblieben, das 1308 die Städte Rostock, Wismar, Stralsund und Greifswald abgeschlossen hatten, und als zwei Jahre darauf eine Erneuerung desselben stattgefunden, hatte es sich freilich betheiligt, aber auch sich ausdrücklich vorbehalten, nichts gegen den König von Dänemark zu unternehmen. Der Kampf Heinrichs von Meklenburg gegen Wismar hatte mit der Unterwerfung der Stadt 15. December 1311 geendet. Nachdem dann auch Rostock gefallen, waren Stralsund und Greifswald froh, durch die Zahlung einer Geldsumme an den König vorläufig Frieden zu bekommen. Als später aufs Neue der Krieg gegen Stralsund ausbrach, suchte und fand die Stadt bei dem Markgrafen von Brandenburg Schutz gegen den Dänenkönig und gegen ihren Landesherrn; in den mit Fürst Wizlav 1317, mit König Erich 1318 geschlossenen Friedensverträgen ging sie ungebrochen aus dem Kampfe hervor.

Der Bund der fünf wendischen Städte hatte sein Ansehn verloren, schien völlig gesprengt zu sein. Aber die gemeinschaftlichen Interessen und Bedürfnisse knüpften doch die zerrissenen Beziehungen allmählich wieder zusammen. Ein unscheinbarer Act, die Ordnung der Verhältnisse zwischen Meistern und Knechten des Böttcheramtes, insbesondere mit Rücksicht auf die Zeit des Heringsfanges auf Schonen, wird 1321 zum ersten Mal wieder gemeinsam vorgenommen. Lübek und Hamburg werden sich darüber zunächst einig; ihrer Aufforderung gemäß treten Rostock, Wismar, Stralsund und Greifswald ihren Beliebungen bei. Die in solcher Weise vereinbarte Böttcherrolle ist das Vorbild jener Beschlüsse, die in späterer Zeit von den Aemtern dieser sechs Städte in regelmäßig wiederkehrenden Versammlungen über gemeinsame Angelegenheiten gefaßt werden, der sogenannten Amtsrecesse der wendischen Städte. Hamburg, das mit den wendischen Städten bisher nur durch die Vermittelung seiner engen Beziehungen zu Lübek verbunden gewesen war, erscheint bei dieser Gelegenheit zum ersten Mal - ich möchte sagen - als ordentliches Mitglied ihres Bundes. Von Interesse ist auch die Beobachtung, daß Lübeks Vorgehen, erst mit Hamburg, dann mit den benachbarten wendischen Städten gewissermaßen mit Bewußtsein den Entwickelungsgang wiederholt, dem die Travestadt ihre dominirende Stellung im 13. Jahrhundert verdankt hat. In gleicher Weise kommt man auch auf ein anderes Moment in diesem Entwickelungsgange wieder zurück, auf das Landfriedensbündniß: 1338 wird ein solches Bündniß von Lübek, Hamburg, Rostock und Wismar mit mehreren Fürsten abgeschlossen; 1339 vereinigen sich Lübek, Wismar, Rostock, Stralsund und Greifswald mit den Grafen von Holstein zur Befriedung der See; 1341, nachdem Holsteins großer Fürst Gerhard III erschlagen und Waldemar Atterdag auf den dänischen Thron gelangt ist, verbinden Sich die fünf wendischen Städte mit dem Dänenkönige zur Bekämpfung der Söhne Gerhards; 1344 wird von ihnen ein Bündniß zu gemeinsamem Kampf gegen die Seeräuber mit König Magnus von Schweden geschlossen. Im Laufe eines Menschenalters hat demgemäß der Bund der wendischen Städte seine alte Festigkeit zurückgewonnen, und es handelt sich nur noch darum, auch den früheren Vorrang unter den deutschen Seestädten wieder anerkannt zu sehen. Dieser Vorrang war dadurch gewonnen worden, daß die Leitung des deutschen Kaufmanns den Händen Kölns und Wisbys entwunden worden war; das Mittel ihn wiederzuerlangen, sah Lübek in der Unterordnung des deutschen Kaufmanns unter die Städteversammlung.

Dieses Kapitel ist Teil des Buches Rostocks Stellung in der Hanse.