Backsteinbauten, Abteikirche, Klosterhof, Romantik, Kreuzgang, Schweriner Dom, Hochaltar, Chorgestühl, 14. Jahrhundert, Marienaltar, Wilhelm von Lübke, Kölner Malerschule, Schlosskapelle zu Güstrow, Reichsthaler, Fürstengruft, Herzog Adolf Friedrich, Renaissance, Inschriften, Trinklust.

Wer den an der Ostseite der Stadt gelegenen Klosterhof betritt, wird staunen über die Romantik, die ihn hier umgibt. Die alte, von Moos und Epheu überwucherte Umfassungsmauer scheint noch heute der Kirche und ihrer Umgebung eine feierliche, klösterliche Abgeschiedenheit zu bewahren. Zwischen den uralten Bäumen lugen die moosübersponnenen Rundbogen eines verfallenen Kreuzganges hervor, der zu den Zellen der Mönche führte, während hoch über das Grün das Dach der Kirche mit seinem kecken Spitztürmchen emporragt. Der Bau erhebt sich leicht und schlank in edlen Verhältnissen. Die Anlage ist ähnlich wie die des Schweriner Domes und der Wismarer Kirchen; das hohe Mittelschiff wird von zwölf Pfeilerpaaren gebildet, auf denen leicht und frei die schlanken Gewölbe ruhen, während die Seitenschiffe, bedeutend niedriger, zur selbständigen Beleuchtung des Lang- und Querhauses Raum geben. Als eine Schöpfung der Cistercienser ist die Kirche schon äußerlich durch das Fehlen der Turmanlage und durch den auf die Durchkreuzung von Quer- und Längsbau gesetzten Dachreiter kenntlich. Von dem ältesten Gebäude ist nach einem Brande wenig übrig geblieben, was zudem noch durch den Hochaltar den Blicken entzogen wird. Die jetzige Kirche entstand in den Jahren 1329—1360. Beim Eintritt ins Innere berührt uns der auch hier beibehaltene kräftige Ton der roten Ziegel angenehm, der, gepaart mit dem durch die großen, bunten Fenster einfallenden Sonnenlicht, eine prächtige. Farbenharmonie abgibt. Reiche Kunstschätze laden überall zur Besichtigung ein. Das prachtvolle Chorgestühl aus dem XIV. Jahrhundert ist das Überbleibsel von 87 Stühlen, die ehedem vorhanden waren. Ein schönes Kunstwerk ist der goldglänzende Hochaltar, ein Marienalter der Cistercienser, die damals ihre Kirchen „in honorem Beatae Mariae Virginis“ zu erbauen pflegten; er bietet, wie Wilhelm von Lübke sagt, jenen schlichten und anmutigen Ausdruck, jene weiche Behandlungsweise, jenen einfachen, edlen Fluss der Gewandlinien, wie ihn die alte Kölner Malerschule zu Anfang des XV. Jahrhunderts, wie ihn überhaupt die Blüte des germanischen Stiles zeigt. Der Altar befand sich ehedem in der Schlosskapelle zu Güstrow, wurde aber 1618 von Herzog Johann Albrecht, der sich den Reformierten anschloß, an Herzog Adolf Friedrich für 200 Reichsthaler verkauft und von diesem nach Doberan gestiftet. Außer dem Hochaltar sei noch der weniger bedeutende Laienaltar und ein riesiges Triumphkreuz erwähnt. In den Seitenschiffen befinden sich noch 14 — früher waren es 25 — Nebenaltäre und zahlreiche Epitaphien, Grab- und Gedächtnisplatten längst ausgestorbener und noch blühender Adelsgeschlechter. Nachdem wir die Fürstengruft, die Grabkapelle Herzog Adolf Friedrichs — eine schöne Renaissanceschöpfung von 1634 — besichtigt haben, wenden wir uns zu einem Rundgange durch die Kirche, um alles noch einmal zu gemessen und uns gleichzeitig an der urwüchsigen Komik und Derbheit einiger Grabschriften zu ergötzen. So lesen wir an der Wand bei der von Bülow’schen Kapelle:

  „Wieck, Düfel, wieck, wieck wiet von my,
  Ick scheer mie nich een Hohr um die.
  Ick bün een Mecklenbörsch Edelmann,
  Wat geit die Düfel mien Supen an,
  Ick sup mit mienen Herrn Jesu Christ,
  Wenn der Düfel ewig dösten müfst.
  Uu drinck mit öm soet Kalleschahl
  Wenn du sitzst in der Höllenquahl.
  Drüm rahd ick, wieck, loop, rönn und gah,
  Efft by dem Düfel ick to slah.“


Auf die Trinklust Herzog Magnus’ II., der am 22. November 1503 starb, scheinen die Verse anzuspielen:
  „In dieser Welt hab’ ich mein Lüst
  Allein mit Kalter-Schahlen gebüsst.
  Hilf mir Herr in den Freudensahl,
  Und gieb mir die ewige Kalte-Schahl.“

Eine recht naive Anschauung zeigt auch der Denkstein für einen Ritter von Moltke:

  „Ist 1300 von hinnen geritten,
  Thut ja vor ihm doch fleifsig bitten“

und nicht minder ein solcher auf eine Madame Pott mit den plattdeutschen Versen:

  „Hier ruhet Ahlke, Ahlke Pott,
  Bewahr’ my, lefe Herre Gott,
  Als ick die wull bewahren,
  Wenn Du währst Ahlke, Ahlke Pott,
  Und ick währ leve Herre Gott.“

Wer ein Liebhaber ist und Interesse an wirklichen Raritäten nimmt, der versäume nicht, sich zum Schluß die alten Reliquien anzusehen, die von dem freundlichen Küster gern gezeigt werden. Da gibt es in der That erstaunliche Sachen, und wenn sie uns auch leider nicht mehr insgesamt im Gedächtnis sind, so mag es genügen, wenn wir erwähnen, dass man hier Flachs vom Spinnrocken Mariae, ein Stück von den Windeln Christi, Loths Weib als Salzsäule und einen Knochen vom Heiligen Christophorus sehen kann. Doch noch eine Seltenheit! Ganz zuletzt wird uns noch ein Schleuderstein gezeigt, mit dem der kleine David dem Riesen Goliath zu Leibe ging. Indessen verlohnt es nicht der Mühe, die äußere Gestalt dieses Wertstückes sich durch eine Skizze oder Momentphotographie zu eigen zu machen, denn wir finden ähnliche Kiesel am Heiligen Damm in Massen, und so treten wir aus der Kühle des Gotteshauses wieder hinaus auf den herrlichen, stillen Klosterhof. —

Dieses Kapitel ist Teil des Buches Rostock, Warnemünde, Doberan und der Heilige Damm