Aus Wronke. Postkarte.*) Wronke, 24. 08. 1916.

Liebe Sonitschka, daß ich jetzt nicht bei Ihnen sein kann! Die Sache trifft mich schwer. Aber, bitte, behalten Sie den Kopf oben, manches wird schon anders, als es jetzt aussieht. Jetzt müssen Sie aber fort — irgendwo aufs Land, ins Grüne, wo es schön ist und wo Sie Pflege finden. Es hat keinen Sinn und Zweck, daß Sie jetzt weiter hier sitzen und immer mehr herunterkommen. Bis zur letzten Instanz können wieder Wochen vergehen.

Bitte, gehen Sie sobald wie irgend möglich Für Karl wird es sicher auch eine Erleichterung sein, wenn er Sie auf Erholung weiß. Tausend Dank für Ihre lieben Zeilen vom 10. und für die guten Gaben. Sicher werden wir nächstes Frühjahr zusammen im Feld und im Botanischen herumstreifen, ich freue mich jetzt schon darauf. Aber jetzt gehen Sie fort von hier, Sonitschka! Können Sie nicht zum Bodensee, damit Sie ein bisschen den Süden spüren!? Bevor Sie gehen, möchte ich Sie unbedingt sehen, machen Sie eine Eingabe in der Kommandantur. Schreiben Sie bald wieder eine Zeile. Bleiben Sie ruhig und heiter trotz alledem! Ich umarme Sie.


R.

Für Karl tausend herzliche Grüße.

Die beiden Karten von Helmi und Bobbi habe ich erhalten and mich sehr gefreut

*) Diese Karte wurde geschrieben an dem Tag, an dem Karl Liebknecht in zweiter Instanz zu 4 Jahren Zuchthaus verurteilt wurde. (D. H.)


Dieses Kapitel ist Teil des Buches Rosa Luxemburg - Briefe aus dem Gefängnis