Gewichtsverteilung.

Von großer Wichtigkeit beim Reiten ist die richtige Gewichtsverteilung.

Oberst Krane sagt in seiner „Anleitung zur Ausbildung der Kavallerieremonten“, nachdem er vorher bedauert hat, daß die Gewichtshilfen sehr in Misskredit gekommen wären: „Erst durch die Renn- und Jagdreiterei wurde die Aufmerksamkeit auf deren bedeutende mechanische Wirkung wieder neu belebt.“


Über die Gewichtshilfen sind die Ansichten noch heutzutage sehr verschieden, und das liegt zum großen Teil darin, daß diese Hilfen falsch gegeben werden.

Gefühllose Reiter suchen dieselben im Austreten der Bügel oder im Herumwerfen des Oberkörpers. In kurzen Gangarten, besonders in der Bahn, übertönen auch die Schenkel- und Zügelhilfen leicht die Gewichtshilfen und es wird deshalb weniger darauf geachtet.

Dennoch sind dieselben von großer Wichtigkeit. Richtig angewendet, liegen dieselben nur in dem Gefühl, die Last des Körpers nach Bedürfnis vor- und rückwärts oder auf einen der beiden Gesäßknochen zu verlegen, ohne dieselben zu verschieben.

Im Rennen spielt die richtige Gewichtsverteilung eine große Rolle und ist die alleinige Motivierung der Redensart: A. reitet x Pfund besser als B.

Wer im Rennen mit einem Zügel um eine Ecke zieht, reitet falsch; das Pferd biegt den Hals, schlägt sich leicht mit den Knochen und wendet viel schlechter als das durch Gewichtsverlegung gewendete.

Bei jedem Hindernis, bei jedem Bergauf- und Bergabreiten, bei jedem Straucheln des Pferdes erspart die geschickte Gewichtsverteilung Kräfte, verbraucht dagegen die ungeschickte.

Die meisten Stürze würden durch gewandtes Reiten vermieden, viele können durch falsche Gewichtsverteilung hervorgerufen werden.

Die richtige Gewichtsverteilung ist also beim Rennreiten von so großer Wichtigkeit, daß jeder, der nur den geringsten Anspruch auf ein leidliches macht, sich dieselbe durch Übung zur zweiten Natur gemacht haben muss.

Sitz, Führung, Einwirkung und Gewichtsverteilung, mit einem Worte die zum guten Reiten überhaupt erforderlichen Eigenschaften, muss der Rennreiter im höchsten Grade besitzen, sonst ist er eben ein schlechter.

Wer glaubte, das Rennreiten bestehe nur in schneidigem Dahinjagen, der wird sich gewaltig wundern, wenn er in Gesellschaft guter Reiter reitet: er wird vor sich selbst erröten, und es wird sich ihm eine neue Welt in der Reiterei auftun, von der er bis dahin nichts geahnt hat.

Sich nun in diese neue Welt hineinzuarbeiten und das Reiten zu erlernen, davor schrecken die meisten zurück; darum gibt es so wenig gute Rennreiter. Wer es aber versucht, der wird bald ein ganz anderes Verständnis für die Reitkunst erlangen, das auch auf seinen Wirkungskreis in der Soldatenreiterei den segensreichsten Einfluss haben wird.


Dieses Kapitel ist Teil des Buches Rennreiten
Herr von Kayser auf „Welle II“ 20

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